Katharina Rogenhofer: „Das Schlimmste was uns wirklich passieren kann, ist nichts zu ändern“
„Mein größer Wunsch ist es, dass mich jemand in den Arm nimmt und mir sagt: Alles wird gut.“ Dieser Wunsch wird vermutlich auf viele Menschen zutreffen, doch in diesem Fall ist es der von Katharina Rogenhofer. Diesen teilt sie ganz öffentlich. Bereits auf der Einleitungsseite ihres ersten Buches „Ändert sich nichts, ändert sich alles“ gibt sie diesen bekannt. Dabei ist sie wahrscheinlich eben genau diejenige, die für einige genau das Gegenteil verkörpert. Sie sagt eben nicht, dass alles gut wird – im Gegenteil.
Sie hat die Klimabewegung mit Fridays For Future nach Österreich gebracht und ist die Sprecherin des Klimavolksbegehrens. Seit Jahren machen die Klimaaktivist:innen auf Missstände, Problematiken und Risiken der aktuellen Klimapolitik und der Klimakrise aufmerksam. Nach Demonstrationen, Podiumsdiskussionen und vielen weiteren Auftritten nun in Form eines Buches.
Klimaaktivistin Katharina Rogenhofer: „Ändert sich nichts, ändert sich alles“
Von Klima-ABC und persönlichen Erfahrungen
„Viele befürchten, dass Klimaschutz Verzicht bedeutet, aber wir wollten mit dem Titel ausdrücken, dass das Schlimmste, was uns wirklich passieren kann, ist nichts zu ändern. Dann ändert sich alles und wir werden unserer Leben komplett umstellen müssen“, so Rogenhofer. Gemeinsam mit Florian Schlederer hat die studierte Zoologin das Buch während des ersten Lockdowns im März 2020 angefangen zu schreiben.
Dabei beginnen sie bei den Grundbegriffen des Klima-ABCs, erklären Begriffe wie „Treibhausgaseffekt“, „CO2-Budget“ oder „Kipppunkte der Erde“ und scheuen sich nicht vor dem Einbringen von persönlichen Erfahrungen und emotionalisierenden Stileffekten. Mia und Finn – das sind nicht nur zwei der beliebtesten Vornamen der letzten Jahre, sondern auch die imaginären zukünftigen Kinder von Rogenhofer selbst, an welche dargestellte Zukunftsszenerien verbildlicht werden. Dabei werden unweigerlich Parallelen zur Rhetorik der Fridays For Future-Bewegung deutlich. Ein solches spielen mit Emotionen in Zusammenhang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen findet nicht nur Zustimmung.
Dem ist sich auch die Autorin des Buches bewusst: „Jede/r hat eine Verknüpfung zur Zukunft, sei es ob ich selber Kinder/ Enkel habe oder selber noch jung bin und mich frage: In welcher Welt will ich leben? Diese Fragen und diese Emotionen sind viel dringlicher und wichtiger als nur Zahlen und Fakten aufzulisten. Im Grundsatz geht es ja um die Frage: Wie wollen wir weiter auf diesem Planeten leben?“, so Rogenhofer. Daher seien Emotionen wichtig um die Dringlichkeit der Klimabewegung zu verdeutlichen und auch um den Weg aus der Krise zu zeigen, ist sie überzeugt.
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Gefangen im „Verantwortungskarussell“
Damit möchten die Autor:innen alle Beteiligten ansprechen – von Konsument:in zu Politik. Als „Verantwortungkarussell“ bezeichnet Rogenhofer die bisherige Beziehung der genannten Parteien zu der Klimakrise: „Viele verschiedene Menschen reden sich darauf aus, dass andere Menschen oder Ebenen die Verantwortung zur Veränderung hätten.“ Das betreffe sowohl die Politik, welche die Verantwortung an die Konsument:innen beim Einkauf weitergibt, als auch die lokale Politik, welche die Verantwortung bei der EU sieht. Das Problem laut Rogenhofer: „Es wird immer Verantwortung hin- und her geschoben, aber niemand übernimmt sie wirklich.“
Dabei sieht sie alle in der verantwortlichen Position. Besonders will sie mit ihrem Buch aber die Politik erreichen, da diese die legislativen Rahmenbedingungen für ein nachhaltiges Leben und Wirtschaften schaffen müssen, so die Autorin. Eine mögliche Herausforderung stellt in dem Zusammenhang für die Klimaaktivistin die fossile Lobby dar. Als „riesige Verschwörung“ bezeichnet sie diese in ihrem Buch. Welche Wirkung solche Begriffe haben, ist ihr dabei bewusst: „Ich trau mich das nie auszusprechen, insbesondere ‚fossile Lobby‘ klingt dann gleich als wäre ich eine Verschwörungstheoretikerin. Aber es gibt ganz viele Studien, Hinweise und Protokolle, welche genau zeigen, dass viele fossile Großkonzerne und Think Tanks, gerade in den USA, sehr offensiv Politik beeinflussen.“ Das könnte notwendige politische Veränderungen beeinflussen und verzögern, fürchtet die Klimaaktivistin.
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Keine Ambitionen als Politikerin
Auch wenn somit in der aktuellen Veröffentlichung einiges an Kritik geäußert wird, soll es doch kein reines Anklagebuch sein, so Rogenhofer. Im Gegenteil, sagt sie. „Wir wollen die Vision vermitteln, dass wir auf etwas Besseres hinsteuern können, dafür deutlich machen, was es für dieses Ziel braucht und das schon jetzt viele Lösungen auf dem Tisch liegen.“ Somit teilen die Autor:innen doch mit ihren Leser:innen die Erkenntnis, dass alles gut werden kann – wenn denn Veränderungen geschehen, welche die beschriebenen Katastrophenszenerien verhindern. Als Politikerin selbst das Handeln dafür in die Hand nehmen, will Rogenhofer allerdings nicht. Durch ihre enge Zusammenarbeit mit der Politik als Sprecherin des Klimavolksbegehrens sei ihr bewusst geworden, dass die derzeitige praktische Politik nicht mit ihren Vorstellungen von politischer Arbeit überein stimme, so Rogenhofer. Daher will sie auf der anderen Seite bleiben, bei denjenigen, welche von außen auf Veränderungen aufmerksam machen. „Ich habe überhaupt keine Ahnung wo es hingeht. Vermutlich wird es aber immer sein, dass ich mich für mehr Klimaschutz mit einer entsprechenden Verbindlichkeit einsetze“, so Rogenhofer.