Kernfusion: Japan plant Bau von Reaktorprototyp bis 2050
Was wir heute Kernkraft nennen, basiert darauf, große Atome in kleinere zu teilen. Kernfusion ist das Gegenteil – kleine Atome werden zu größeren fusioniert, wobei Energie freigesetzt wird. Die Idee hinter der Energiegewinnung mittels Fusionstechnologie ist natürlich nicht neu. Kernfusionsreaktionen sind der Grund dafür, dass die Sonne und andere Sterne des Weltalls überhaupt Energie abstrahlen. Die Vorteile von Kernfusion als Energiequelle auf der Erde wären enorm:
- Keine direkten CO2-Emissionen
- Kein Langzeit-radioaktiver Müll
- Kein Explosionsrisiko
Kernfusion für saubere Energie
Das alles klingt somit nach dem Heiligen Gral der klimaneutralen und beständigen Energiegewinnung. Genau wie bei dem Heiligen Gral, ist die Suche nach diesem Wundermittel allerdings bisher nicht erfolgreich, noch nicht am Ende und in den Augen von so manch einem utopisch. Das wollen einige Länder ändern. Eines davon: Japan.
Wie die japanische Finanznachrichtenagentur Nikkei berichtet, plant das asiatische Land bis 2050 einen Reaktor-Prototypen zu erbauen. Bis heuer zum Sommer soll eine Forschungs- und Entwicklungsstrategie für ein Kernfusionskraftwerk ausgearbeitet werden. Dafür soll noch im Jänner ein Expertengremium eingerichtet werden. Geplant sei eine Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft, so das Medium, einschließlich finanzieller Unterstützung für kleine Unternehmen und Startups. Bereits in der letzten Woche hatte der japanische Ministerpräsident Fumio Kishida im Zuge einer Pressekonferenz die Kernfusion im Zusammenhang mit der Strategie für saubere Energie erwähnt, so Nikkei.
Kernfusion: Vielversprechende Energiequelle ohne CO2 und Atommüll
Viel Energie benötigt
Unabhängig von den aktuell vorgestellten Plänen, forscht das Land außerdem gemeinsam mit der EU, China, den USA, Russland, Südkorea und Indien am Kernfusionsprojekt International Thermonuclear Experimental Reactor (ITER) in Südfrankreich.
Ziel des Projektes ist es, die wissenschaftliche und technologische Realisierbarkeit von Energiegewinnung aus Kernfusion zu demonstrieren. Als erste Kernfusionsanlage soll die Anlage einen Überschuss an Energie erzeugen.
Das ist eine der großen Herausforderungen. Denn damit die Kernfusion funktioniert, braucht es zunächst sehr viel Energie. Für Kernfusionsreaktionen wird prognostiziert, dass dauerhaft eine Temperatur von 150 Millionen Grad Celsius erreicht werden müsste. Bisher konnte in keinem Versuch mehr Energie gewonnen werden, als zunächst investiert wurde.
China meldet Meilensteinerreichung
Geforscht wird allerdings in einigen Projekten an dem Erfolg der Kernfusion. So vermeldete China kürzlich die Erreichung eines Meilensteines bei ihrem Experimental Advanced Superconducting Tokamak (EAST)-Projekt. So hätten sie es geschafft, eine Temperatur von 70 Millionen Grad Celsius zu erreichen und diese auch für 1056 Sekunden, also etwa 17 Minuten, aufrecht zu erhalten. Ein Teilerfolg, wenn auch das doppelte an Hitze für eine tatsächliche Kernfusionreaktion prognostiziert wird.
Um die Fusion in einem Labor zu erreichen, müssten drei Bedingungen erfüllt sein, so das ITER-Projektkonsortium: eine sehr hohe Temperatur , eine ausreichende Dichte der Plasmateilchen und eine ausreichende Einschlusszeit. Sowohl bei dem ITER-Projekt, als auch bei dem EAST-Projekt soll die Fusion in einer Tokamak-Anlage erreicht werden, die Magnetfelder nutzt, um das heiße Plasma einzuschließen und zu kontrollieren. Im Fokus steht eine Fusionsreaktion zwischen Deuterium und Tritium.
Marvel Fusion: Kernfusion durch Laserkraft – Gamechanger der Energiewende?
Kernfusion durch Hochleistungslaser
Aber auch anderen Formen der Kernfusionstechnologie wird geforscht. So hat beispielsweise das deutsche Startup Marvel Fusion dabei starke Laser und die Fusion von Wasserstoff-Protonen mit Bor-Isotopen im Blick. Das Unternehmen arbeitet an der Kommerzialisierung der laser-induzierten Trägheitsfusion zur Energiegewinnung. Dafür nutzen sie einen der aktuell stärksten Hochleistungslaser der Welt, wir berichteten.
Bis 2025 will das Startup eine Demonstrationsanlage in Betrieb nehmen. Bis 2030 sollen die Inbetriebnahme eines Prototyp-Kraftwerks und in den folgenden Jahren der kommerzielle Kraftwerkbetrieb mit Kraftwerken in der Größe zwischen einem und fünf Gigawatt folgen.
Ob dieser Zeitplan einzuhalten ist, wird sich zeigen. Sollten die Ziele erreicht werden, lägen sie zumindest vor den aktuell geplanten Bauende des japanischen Reaktor-Prototyps. Auch das ITER-Projekt-Konsortium plant nach der Errichtung des International Thermonuclear Experimental Reactors und den entsprechenden Forschungen zunächst eine weitere Forschungsphase. So soll ITER „zum Entwurf der nächsten Generation von Anlagen – DEMO – beitragen“, welche die Fusionsforschung an „die Schwelle zum Prototyp eines Fusionsreaktors“ bringen soll.
Die Planung für diese DEMO-Phase sei bereits im Gange, so die Angaben dazu, der Baubeginn sei dann für die 2030er Jahre vorgesehen, der Betrieb für die 2040er Jahre. Der Bau eines Reaktorprototyps wird ebenfalls für „die Mitte des Jahrhunderts“ prognostiziert.
Wann die Technologie dann somit wirklich bereit für den breiten kommerziellen Einsatz ist, bleibt abzuwarten. Und auch dann wird immer die Frage sein, zu welchem Preis. Denn die Skalierung von Erneuerbaren Energien, wie Wind- und Solarkraft schreitet jetzt schon immer mehr voran.