Klimaneutral? EU will Greenwashing mit saftigen Strafen eindämmen
Grüne Services, grüner Strom, grüne Handys, grüne Fonds und grüne Autos: Die Werbebotschaften von Unternehmen sind mittlerweile voll mit Behauptungen, wie nachhaltig, klimafreundlich, klimaneutral oder gar CO2-negativ ihre Produkte und Dienstleistungen nicht wären. In den letzten Monaten gibt es aber immer mehr Fälle, wo nach Abmahnungen und Klagen diese Behauptungen zurück genommen werden mussten. So vermarktet sich Refurbed etwa nicht mehr als „100% klimaneutral“, und 1Komma5° darf sich nicht mehr „Marktführer für Klimaschutz-Technologie“ nennen.
Die EU-Kommission will angesichts des Werbe-Wildwuchses nun einheitliche Regeln gegen das so genannte Greenwashing einführen. Ein Entwurf zu einer EU-Richtlinie zu solchen „Green Claims“ ist im Vorfeld der offiziellen Präsentation am 22. März bereits durchgesickert. Und der zeigt nicht nur, was Unternehmen einhalten werden müssen, was sie als „grün“ bezeichnen, sondern sie werden auch saftige Strafen ausfassen, wenn sie die Regeln nicht einhalten.
Nach Greenwashing-Abmahnung: Refurbed vermarktet sich nicht mehr als „100% klimaneutral“
Ökologischer Fußabdruck wird transparent
Mit unwahren Behauptungen darf man schon heute nicht werben, das ist nichts Neues. Künftig werden aber Unternehmen ihre „Green Claims“ auch nachvollziehbar beweisen können müssen. Anhand eines Bewertungssystem soll der Product Environmental Footprint“ (PEF) bzw. der Organisation Environmental Footprint (OEF) -also der ökologische Fußabdruck von Produkten oder Firmen – möglichst objektiv vermessen werden können.
Wenn man also „klimaneutral“ sein will, muss man das über den gesamten Produkt-Lebenszyklus beweisen können. Firmen werden also Methodik und Berechnung veröffentlichen müssen, die eine Überprüfung der Angaben ermöglichen. Das würde etwa für Solaranlagen bedeuten, dass man deren Produktion sowie nachherige Verschrottung bzw. Recycling einrechnen muss. Will man etwa „100% recyclebar“ sein, muss das für das gesamte Produkt stimmen und nicht nur für die Einzelteile, aus denen es zusammen gesetzt ist. Konsument:innen sollen sich außerdem auch über die umweltbezogenen Folgen der Nutzung eines Produkts schnell und einfach informieren können, etwa per QR-Code mit hinterlegtem Link auf einer Verpackung.
1Komma5° darf sich nicht „Marktführer für Klimaschutz-Technologie“ nennen
Auch die vielen Umwelt-Labels, die heute auf Produkten kleben und die einen richtiggehenden Boom erfahren haben, wird es an den Kragen gehen. Unternehmen werden sie nicht mehr einfach selber kreieren und vergeben dürfen. Die EU-Kommission will, dass es dafür künftig unabhängige dritte Stellen geben muss, die diese Labels vergeben dürfen.
CO2-Kompensationen offenlegen
Ein wichtiger Punkt wird auch die CO2-Kompensation sein. Heute gibt es zahlreiche Unternehmen, die sich dank Zukauf von CO2-Zertifikaten etwa „klimaneutral“ nennen – auch wenn Umweltschutzorganisationen ihnen das vehement abstreiten. Dem gelakten Entwurf zufolge wird die Kompensation von Treibhausgasen zwar zulässig sein, „der Anteil solcher Kompensationsmaßnahmen bei der Berechnung muss jedoch zusätzlich angegeben werden“, heißt es seitens dem Deutschen Fruchthandelsverband e.V. (DFHV).
Dass die EU-Kommission in der Angelegenheit aktiv wird, ist an der Zeit. Derzeit gibt es trotz Dringlichkeit des Themas keine einheitlichen Regeln. „Der derzeit einzige Standard, an dem sich Unternehmen orientieren können, ist der britische Standard BSI PAS 2060. International befindet sich die Norm ISO 14068 zur Regelung der Anforderungen an Klimaneutralität von Unternehmen weiterhin in Entwicklung. Ein Abschluss des Normungsvorhabens ist für Ende 2023 angesetzt“, heißt es seitens der GUTcert GmbH, die sich unter anderem auf Zertifizierung der Nachhaltigkeitsanforderungen spezialisiert hat.
Future Economy: Wie wir Greenwashing bei CO2-Zertifikaten stoppen