Klimaschutzprojekte gegen Abholzung überbewerten ihre Wirkung
Die Auswirkungen von Klimaschutzprojekten, die angeblich die Abholzung von Wäldern eindämmen sollen, ist deutlich überschätzt. Das besagt eine neue Studie der Vrije Universiteit in Amsterdam und der University of Cambridge laut Ars Technica. CO2-Offsets werden als eine Möglichkeit verkauft, die Auswirkungen von Treibhausgasemissionen zu verringern. Verursacher oder Verbraucher von CO2 kaufen dabei Kompensationen oder Gutschriften, die es ihnen ermöglichen, im Gegenzug Projekte zu finanzieren, die die Emissionen an anderer Stelle verringern.
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Kritik an Zertifizierungsmethoden
Eine systematische Auswertung von 26 Kompensationsprojekten, die angeblich die Entwaldung in sechs Ländern auf drei Kontinenten verlangsamen, ergab jedoch, dass die überwiegende Mehrheit der Projekte die Entwaldung nicht wirklich verlangsamt hat. Die Projekte, die tatsächlich eine Verlangsamung auslösten, waren außerdem deutlich weniger wirksam als behauptet. „Die Hauptaussage ist, dass es nicht ausreicht, sich auf die Zertifizierung zu verlassen“, so der Hauptautor der Studie, Thales West.
Die Studie konzentriert sich auf freiwillige REDD+-Projekte (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation). Dabei handelt es sich um eigenständige Projekte, die außerhalb des REDD+-Rahmens des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen für nationale und subnationale Projekte unabhängig auf dem freiwilligen Markt für Kohlenstoffausgleiche operieren. Die Forschenden fordern eine „dringende Überarbeitung“ der Zertifizierungsmethoden, mit denen die vermiedene Entwaldung für diese Projekte angerechnet wird.
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Abholzung wird oft nicht verringert
Seitdem Kohlenstoffkompensationen auf den Markt gekommen sind, wird heftig darüber diskutiert, ob sie ein wirksames Modell für den Klimaschutz sind oder nicht. Die Studie veranschaulicht ein grundlegendes Problem: Viele Kompensationsgeschäfte, die auf die Reduzierung der Abholzung abzielen, sind nicht annähernd so effektiv, wie sie behaupten. Und in vielen Fällen bewirken sie vielleicht gar nichts.
Die Studie untersuchte 26 Projekte in sechs Ländern: Kambodscha, Kolumbien, die Demokratische Republik Kongo, Peru, Tansania und Sambia. Die Forscher:innen fanden heraus, dass nur acht der Projekte nachweislich die Entwaldung verringerten, und selbst bei den Projekten, bei denen dies der Fall war, wurde nicht das Ausmaß der Verringerung erreicht, das die Projekte behaupteten.
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Zu wenig Transparenz bei Projekten
Nur 18 der 26 Projekte verfügten über ausreichend öffentlich zugängliche Informationen, um die Anzahl der von ihnen voraussichtlich erzeugten Emissionszertifikate zu bestimmen. Eigentlich sollten diese 18 Projekte von der Projektdurchführung bis 2020 bis zu 89 Millionen Tonnen an Emissionsausgleichen erzeugen würden. Die Forschenden schätzen jedoch, dass nur 5,4 Millionen der 89 Millionen, also 6,1 Prozent, mit einer tatsächlichen Verringerung der Kohlenstoffemissionen verbunden sein würden.
West zufolge wissen Unternehmen, die von Dritten zertifizierte Emissionszertifikate kaufen und verkaufen, möglicherweise nicht, dass sie ihre Kund:innen in die Irre führen. Sie könnten einfach darauf vertrauen, dass die Zertifizierung rechtmäßig ist. Die Verfahren, mit denen die Effektivität der Projekte für die Zertifizierung bewertet wird, seien jedoch äußerst mangelhaft. Die meisten Projekte betrachten die historische Abholzung in einer Region, um eine Basisabholzungsrate zu prognostizieren, oder die Menge an Abholzung, die ohne die Intervention des Projekts stattgefunden hätte, so West. Das Problem sei, dass dies alles auf Hypothesen beruht.
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Stärkere Überwachung gefordert
Das Forschungsteam wählte einen anderen Ansatz. Man erstellte einen gewichteten Durchschnitt von Regionen, die dem Projektgebiet ähnlich sind, aber keine Projekte beherbergen. Dann verglichen sie die Abholzung in diesen Kontrollgebieten mit den Projektgebieten während des Zeitraums, in dem das Projekt aktiv war. Wenn die Projekte die Abholzung erfolgreich reduzieren, dann sollte in diesen Projektgebieten weniger Abholzung stattfinden als in den synthetischen Kontrollgebieten. West und seine Kollegen stellten jedoch fest, dass dies in der Regel nicht der Fall war. Zwar sei die Kohlenstoffkompensationen immer noch ein valides Mittel für den Kampf gegen den Klimawandel. Doch es müsse eine stärkere Überwachung für sie geben.