Kommentar

Dieser unterschwellige Konsum-Patriotismus wird langsam mühsam

© Photo by Stephan Seeber on Unsplash
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Kauft Gutscheine, um die lokalen Händler zu unterstützen! Bestellt lieber bei österreichischen Online-Shops als bei den internationalen Riesen! Plant euren Urlaub lieber daheim als im Ausland! Verwendet besser heimische Software als jene der US-Giganten!

Die Corona-Krise und die zu erwartende massive Wirtschaftskrise hat auch in Österreich einen neuen Patriotismus ausgelöst. So, wie man in die eigenen vier Wände zurück gekehrt ist, soll man – so wird vielerorts gepredigt – sich auch beim Konsum und im Business auf nationale Angebote besinnen und nicht im Ausland kaufen. Team Österreich – wenn wir alle nur zusammen halten, dann können wir die Krise überstehen und als erstes Land nach Corona wieder auferstehen.

Schaut mal auf unsere Exportquote

Dieser bemühte Fokus aufs Nationale fühlt sich zwar manchmal recht nett an (na klar esse ich die Karotten lieber vom Biobauer in Niederösterreich, und sicher sollen meine Kinder mit der Software des coolen EduTech zu Hause lernen), ist aber zu kurz gedacht. Österreich gehört neben Belgien, der Niederlande, der Schweiz und Schweden zu den am globalisiertesten Ländern der Welt. Die Exportquote Österreichs liegt bei etwa 55 Prozent, nur wenige andere Länder exportieren so viel pro Kopf wie Österreich. Mehr als die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts (BIP) unseres Landes geht also auf den Verkauf von Waren und Dienstleistungen ins Ausland zurück, fast jeder zweite Job ist direkt oder indirekt vom Export abhängig.

Somit kann man nur hoffen, dass unsere wichtigsten Handelspartner (siehe Liste unten) nicht auch auf die Idee kommen, möglichst viel national zu konsumieren anstatt in Österreich einzukaufen. Und ihnen lieber wünschen, dass sie halbwegs gut durch die Krise kommen. Unsere wichtigsten Handelspartner gehören zu den am schwersten getroffenen Corona-Patienten überhaupt.

10 wichtigste Exportländer 2019 in Mrd. Euro Anteil am Gesamtexport in %
Deutschland

45,14

29,4

USA

10,25

6,7

Italien

9,76

6,3

Schweiz

7,26

4,7

Frankreich

6,73

4,4

Ungarn

5,61

3,7

Tschechien

5,43

3,5

Polen

5,18

3,4

Großbritannien

4,5

2,9

China

4,46

2,9

Dieser bemühte Trend hin zu lokaler Konsumation mag in manchen Bereichen (z.B. Lebensmittel) funktionieren, ist in anderen aber sowieso nur die halbe Wahrheit. Mag sein, dass ein Online-Shop von einem österreichischen Startup betrieben wird, der Wein oder die Bücher kommen trotzdem aus Deutschland oder Italien. Klar kann man bei der lokalen Mode-Boutique T-Shirts ordern, gefertigt werden sie trotzdem mit hoher Wahrscheinlichkeit in Asien. Und wer einen Flat-TV, ein Smartphone, ein Notebook, spezielle Medikamente oder ein leistbares Auto kaufen will, der braucht gar nicht mal anfangen, nach „Made in Austria“ zu suchen.

Wer an die wirtschaftliche Zukunft Österreichs denken will, der muss also auch an die vielen anderen Länder denken, die eng mit unserer Volkswirtschaft verknüpft sind. Der Sommer 2020 wird sicher auch hierzulande wettertechnisch ein schöner sein – aber wer dann nächstes Jahr einen Urlaub buchen kann, der sollte sich zum Beispiel überlegen, nach Italien zu fahren. Die Pensionen und Restaurants dort werden jeden Euro bitter nötig haben. Und wer fragt, ja was macht eigentlich die EU gerade so beruflich? Leute, die EU sind nicht die in Brüssel, die EU sind wir.

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