Licht und Schatten

Konsumdialoge: Tiertransporter, Greenwashing-Ausstellung und neue Verdächtige

Die Klimaschutzministerin Leonore Gewessler gemeinsam mit dem Veranstalter Sebastian Borhn Mena in der Greenwashing-Ausstellung, im Hof lädt der Tiertransporter zum Besuch ©Trending Topics
Die Klimaschutzministerin Leonore Gewessler gemeinsam mit dem Veranstalter Sebastian Borhn Mena in der Greenwashing-Ausstellung, im Hof lädt der Tiertransporter zum Besuch ©Trending Topics
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Ein riesiger Tiertransporter des Verbandes Rinderzucht Austria, welcher silber glänzend in der Sonne steht und daneben – das vegane Startup Pflanzerei, welches den pflanzlichen Leberkäse Gustl zur Verkostung anbietet, Rebel Meat und Hamburger aus der Küche von XXX-Lutz. Es sind sehr gegensätzliche Welten die aufeinander treffen, aktuell bei den ersten Konsumdialogen in Hallein bei Salzburg. 

Vertreter:innen der Fleischindustrie, neue Food-Startups, Lebensmittelrettung und große Handelskonzerne, Landwirtschaftskammer und Landwirt:innen, bio und eben auch nicht bio. Ein klares Ziel haben sich die Veranstalter:innen, die Gemeinwohlstiftung COMÚN, gesetzt: vom 11. – 13. Mai wollen sie in Dialogrunden „Entwicklungen im Bereich der Erzeugung und Verteilung von Lebensmitteln offen und kritisch reflektieren und diskutieren“. Dafür sind verschiedenste Branchenvertreter:innen anwesend. Deswegen gibt es aber nun auch Konflikt. Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) bezeichnet die Konsumdialoge als „extreme Greenwashing-Veranstaltung der Tierindustrie“ und wertet den Tiertransporter als Werbung für „Zuchtrinderexporte über 5.000 km nach Zentralasien“. Währenddessen beleuchten die Umweltaktivistin Nunu Kaller und die Veranstalterin und Vorsitzende der Gemeinwohlstiftung COMÚN, Veronika Bohrn Mena, in einer vor Ort präsentierten Ausstellung selber bekannte Greenwashingfälle von Konzernen und großen Marken. 

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“Wollen nicht nur mit üblichen Verdächtigen reden”

Die Veranstalterin Veronika Bohrn Mena kann die Kritik derweil nicht nachvollziehen. „Wir wollten keine Veranstaltung organisieren, auf welcher nur die üblichen Verdächtigen reden. Wir wollten auch Personen erreichen, die sonst nicht miteinander sprechen“, so Bohrn Mena. 700 Anmeldungen für die Veranstaltungen haben sie bereits, wie sie angibt, das Ziel sei es am Ende auf 1.500 Besuchende zu kommen. Bei dem letzten Dialog des Eröffnungstages, wie es die Veranstaltenden nennen, geben diese stolz bekannt, die angepeilte 500 Gäste-Tagesmarke bereits im Laufe des Tages erreicht zu haben.

Seit Oktober hätten sie sehr sehr viele Einladungen zu der Veranstaltung verschickt. Gekommen sind unter anderem Vertreter:innen von AMA Marketing, dem Rinderzuchtverband und Schweinebauern, genauso wie Foodwatch, Goliathwatch, Biolandwirt:innen, aber auch Startups wie die Wurmkiste, Inoqo, Too Good To Go, Supaso und wissenschaftliche Vertreter:innen und Autor:innen. 

“Mit der Realität auseinandersetzen”

“Wir müssen mit allen reden”, ist Initiatorin Veronika Bohrn Mena überzeugt,” Auch mit denjenigen, welche den Großteil der Nahrung produzieren. Wir müssen die Fronten, die da sind, aufweichen.” Dass auch der Tiertransporter zu sehen ist, ist in ihren Augen nichts verwerfliches, sondern die Realität, mit der es sich zu auseinander setzen gehöre. 

Inwiefern das gelingt, wird sich zeigen. Während der Rinderzuchtverband Führungen durch den Tiertransporter gibt und erklärt, wie die Rinder  in diesem für Transporte über acht Stunden auf  zwei Etagen nebeneinander auf Stahl und Stroh stehen, fehlen bekannte Umweltschutzorganisationen, wie Global 2000, Greenpeace oder der WWF. Auch Fridays for Future und der Jugendrat sind offiziell nicht vor Ort. In Hallein sind Lena Schilling, Sprecherin des Jugendrates und Paula Dorten, von Fridays for Future. Beide, wie sie auf Nachfrage von Tech & Nature angeben, nicht als Vertreterinnen ihrer Organisationen, sondern als Privatpersonen. “Ich bin hier, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Hätte ich einen Maulkorb bekommen, wäre ich nicht da. Es bringt ja aber nichts, immer nur den gleichen Vertreter:innen der NGOs zu reden”, so Schilling. 

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“Brauchen krisensicheres Wirtschaftssystem”

Finanziert werden die ersten Österreichischen Konsumdialoge“,  unter anderem aus Mitteln des Bundesministerium für Klima & Umwelt, des Bundesministerium für Gesundheit & Konsumentenschutz, dem Land Salzburg und der Stadt Hallein. Auch von einigen anwesenden  Unternehmen und Startups wurden Kostenbeiträge geleistet. In sogenannten Dialogzirkerln konnten sich die Unternehmen und Vertreter:innen aus Wissenschaft und Organisationen mit den Bundesminister:innen für Klimaschutz, Gesundheit und Konsumentenschutz, und Justiz unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu Thematiken wie “Nachhaltiges Wirtschaften” oder dem “Lieferkettengesetz” austauschen. 

Von drei angekündigten Bundesminister:innen war zur offiziellen Eröffnung und einem angekündigten Pressegespräch am Ende des ersten Tages nur die Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) in Hallein vor Ort. Diese verweist darauf, dass die Ukrainekrise wieder die Abhängigkeit des Energiesystems, aber auch die des Lebensmittelsystems gezeigt hätte. Die Wirtschaft müsse krisensicherer und nachhaltiger werden. Dafür brauche es klare Rahmenbedingungen, um Unternehmen zu unterstützen nachhaltiger zu wirtschaften, wie sie zugibt. 

“Freiwilligkeit bringt nichts”

Im Kollektiv, statt als Individuum – das war ein gemeinsamer Konsens, auf welchen alle Beteiligten bei dem letzten öffentlichen Gespräch  des ersten Tages gekommen sind. Auch einige Besucher:innen waren mit dabei. “Unternehmen sind Getriebene und Treiber”, so auch die Wirtschaftswissenschaftlerin Elke Schüßler von der Johannes Kepler Universität Linz in dem Gespräch zum Thema „Ernährung der Zukunft: Erzeugung, Verteilung, Konsum“ und bezieht sich dabei auch auf die Textilbranche und die  Preisbildung und Abwanderung der Produktion. Freiwilligkeit für ein nachhaltigeres Wirtschaften bringe nichts. “Wir können nicht darauf vertrauen, dass die Unternehmen alles allein machen.“ Es brauche auch den zivilen Druck. Und die entsprechenden Rahmenbedingungen. In einem kollektiven Handeln sieht sie einen vielversprechenden Weg. Ob sich das auch außerhalb des Veranstaltungsortes in Hallein durchsetzen lässt, wird sich erst zeigen.

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