Krypto-Winter in Wien: Unicorn Bitpanda kündigt etwa 30% der Belegschaft
Vor zehn Tagen noch hieß, es dass man alles tun werde, um ein Downsizing im Krypto-Winter zu verhindern und man niemanden kündigen müsse. Doch jetzt ist klar: Nach Coinbase, Gemini, Crypto.com und vielen anderen Krypto-Unternehmen muss auch das Wiener Unicorn Bitpanda seine Belegschaft reduzieren. Von mehr als 1.000 Mitarbeiter:innen wird auf etwa 730 reduziert. Das bedeutet Einschnitte von etwa 30 Prozent, die damit sogar noch deutlicher ausfallen als bei manchen Mitbewerber:innen.
„Dies ist eine schwierige Entscheidung, aber sie war notwendig, um sicherzustellen, dass wir solide kapitalisiert sind, um den Sturm zu überstehen und finanziell gesund aus ihm herauszukommen, egal wie lange es dauert, bis sich die Märkte erholen, ohne Kompromisse bei der Produktqualität und dem Kundenerlebnis einzugehen“, heißt es in einem öffentlichen Statement.
Wie die meisten anderen Firmen, die Massenkündigungen durchführten, geben auch die Bitpanda-Gründer die verschlechterte wirtschaftliche Lage an – also „geopolitische Spannungen, steigende Inflation und die Sorge vor einer bevorstehenden Rezession“. „Wir haben schon viele Krypto-Winter erlebt und sind immer gestärkt aus ihnen hervorgegangen, weil wir uns darauf konzentrieren, ein finanziell gesundes Unternehmen zu sein, einen konservativen Ansatz zu verfolgen und stets darauf zu achten, dass wir uns selbst finanzieren“, heißt es weiter.
„Wachstumsrate unseres Teams zu hoch“
Doch nach den großen Finanzierungsrunden der letzten Jahre, in denen Bitpanda hunderte Millionen Dollar, unter anderem von Investor Peter Thiel, aufgenommen wurde, scheint ungesundes Hyper-Wachstum eingekehrt zu sein, dass nun wieder gedrosselt wird. „Außerdem hatten wir als stark wachsendes Unternehmen mit Wachstumsschmerzen zu kämpfen. Um mit der Branche Schritt zu halten, war die Wachstumsrate unseres Teams zu hoch. Wir sahen uns mit der Herausforderung konfrontiert, die richtigen internen Prozesse und Infrastrukturen einzurichten, um neue Mitarbeiter erfolgreich an Bord zu holen, sie an die richtige Stelle zu setzen und sie in die Lage zu versetzen, etwas zu bewirken. Wir erreichten einen Punkt, an dem mehr Mitarbeiter uns nicht effektiver machten, sondern stattdessen einen Koordinationsaufwand verursachten, insbesondere in dieser neuen Marktrealität. Wenn wir heute zurückblicken, erkennen wir, dass unser Einstellungstempo nicht nachhaltig war. Das war ein Fehler“, so ein Statement zur Lage.
Wie viele Mitarbeiter:innen genau gekündigt werden, wird nicht genau kommuniziert. Bei mehr als 1.000 Mitarbeiter:innen an mehreren Standorten in Europa zuvor und eine Reduktion auf 730 kann man also von einem Stellenabbau von etwa 30% ausgehen. Das ist im Vergleich zu anderen Krypto-Unternehmen, die Massenkündigungen bekannt gegeben haben, doch ziemlich viel. Hier der Vergleich:
Company | Laid off | Percentage | HQ | Vertical |
Bitpanda | 270 | ca. 30% | Vienna | Trading |
Bybit | 600 | ca. 30% | Singapore | Trading |
Coinbase | 1.100 | ca. 18% | SF Bay Area | Trading |
Crypto.com | 250 | ca. 5% | Singapore | Trading |
Gemini | 100 | ca. 10% | New York | Trading |
BlockFi | 250 | ca. 20% | New York | Lending |
Bitso | 80 | ca. 11% | Mexico City | Trading |
Nuri | 45 | ca. 20% | Berlin | Investing |
BitMEX | 75 | ca. 25% | tba. | Trading |
Wovon man auch ausgehen kann: Der Arbeitsmarkt vor allem im Innovationsbereich ist weiter heiß. Analysen zeigen, dass in Europa Stellenausschreibungen zufolge Unicorns mehr als 10.000 offene Positionen haben. „Der Markt saugt gekündigte Tech-Fachkräfte sofort wieder auf“, sagte kürzlich Recruiting-Experte Thomas Kohler zu Trending Topics. Dementsprechend kann man davon ausgehen, dass sich viele Tech-Unternehmen auf die Bitpanda-Fachkräfte stürzen werden.
Strategisch wird sich Bitpanda nun offenbar auch neu ausrichten. So wurde angekündigt, dass man mit den bestehenden Mitarbeiter:innen zusammenkommen wolle, um die Unternehmensstrategie und neue Roadmaps zu besprechen. Das dürfte sich dann im dritten Quartal bemerkbar machen.
Recruiting-Experte: „Der Markt saugt gekündigte Tech-Fachkräfte sofort wieder auf“