Kuhtracking: Gesundheitszustand der Tiere mittels AI checken
In Zukunft sollen Landwirt:innen mithilfe von künstlicher Intelligenz den Gesundheitszustand ihrer Kühe überprüfen können. Das sogenannte Kuhtracking wird über eine App am Smartphone laufen. Für das Projekt gab es eine Förderung von einer Million von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) – weitere Investor:innen werden gesucht. Einstweilen sollen zehn landwirtschaftliche Betriebe im Raum Saalfelden im Pinzgau die KI-Lösung für ihre Kühe testen.
Made in Salzburg: KI hat Kühe im Blick
Das „Kuhtracking“ soll automatisiert ablaufen, indem im Stall installierte Videokameras die Daten in Echtzeit an eine Software weiterleiten, berichtete APA Science. Die Landwirt:innen sehen anschließend Livebilder ihrer Tiere direkt auf ihrem Smartphone. So können sie deren Verhalten nicht nur live mitverfolgen, sondern sollen in Zukunft eine direkte Benachrichtigung auf ihr Smartphone erhalten, wenn die KI etwas Auffälliges ortet. Ziel des Systems ist es, jede einzelne Kuh zu erkennen und Alarm zu schlagen, wenn diese krank, verletzt oder paarungsbereit ist. Sogar Anzeichen, die darauf hindeuten, dass eine Kuh ein Kalb zur Welt bringt, sollen gemeldet werden. Der große Vorteil des Kuhtrackings: So können auch Nebenerwerbsbauern und jene, deren Kühe sich nicht nebenan im Stall befinden, ein Auge auf ihre Tiere haben. Die Fertigstellung des Projekts ist für 2025 geplant.
Umsetzung: Mechatronik Austria und Cognify
Die Idee wird von “Mechatronik Austria” und “Cognify” im Rahmen eines Forschungsprojekts in Salzburg umgesetzt. Die beiden Unternehmen bringen ihre jeweilige Expertise in der Ingenieur- und Softwareentwicklung beziehungsweise in Data Science ein. Mechatronik Austria ist im Projekt für die technische Infrastruktur, das Backend und die Programmierung der Web-Oberfläche am Handy verantwortlich. Die Datenauswertung- und Analyse sowie die Programmierung der Algorithmen fällt in den Bereich von Cognify. 13 Mitarbeiter:innen sind Teil des Forschungsprojekts. Auch A1 Telekom-Austria will das Kuhtracking-Projekt unterstützen und hat abgegeben, 5G-Equipment kostenlos zur Verfügung zu stellen. Damit sollen die Live-Videodaten aus den Ställen auf dem schnellsten Übertragungsweg in die Cloud eingespeist werden.
KI unterstützt digitales Herdenmanagement
Das entwickelte System ist auf eine 24/7 Überwachung der Kühe ausgelegt. Damit dies funktioniert und jede einzelne Kuh identifiziert werden kann, müssen viele Daten eingespeist und mittels künstlicher Intelligenz ausgewertet werden. Markus Zehentner, CEO der Mechatronik Austria, erklärt die Vorgehensweise folgendermaßen: „Die Daten werden in Echtzeit in eine Cloud gestreamt. 20.000 Fotos werden immer wieder verglichen und zugeordnet. Wir sind jetzt in der Datensammlungs- und Findungsphase und bereits in der Lage, die einzelnen Kühe zu erkennen.“ Als nächstes soll der Analyseteil folgen, bei dem die Bewegung im Stall und die Aktivität der Kühe im Fokus stehen. Norbert Walchhofer, Co-Founder von Cognify, erklärt: „Die Objekterkennung und das Tracking funktionieren. Jetzt befinden wir uns in der Re-Identifikationsphase.“ Cognify wird sich als nächstes darauf konzentrieren, die Aktivitäten der Kühe zu klassifizieren und deren Bedeutung für den Gesundheitszustand zu analysieren.
Tierwohl quantifizierbar machen
Mit den gesammelten Daten werden die KI-Modelle trainiert und künftig Gesundheitsdaten messbar gemacht. Dafür brauche es viele verschiedene Testställe. Die Projektinitiatoren geben an, dass beim Kuhtracking neben Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit vor allem auch das Tierwohl im Fokus steht. Es soll keine Hardware oder sonstige Sensorik an den Tieren angebracht werden. Sobald die App fertig entwickelt ist, soll sie auch einen Alarm auslösen, wenn eine Kuh “zu lange” auf dem Boden liegt. Denn, wenn sie nach dem Abkalben nicht mehr aufsteht, könnte sie ohne Behandlung noch am selben Tag sterben. Auch wenn ein Feuer oder Unruhe im Stall ausbricht, soll die oder der Landwirt:in umgehend per App informiert werden.
Bessere Planbarkeit und Wirtschaftlichkeit für Landwirt:innen
Zur APA, die vor Ort auf dem Vorderkühbühelhof von Michael Fürstauer war, sagte der Landwirt: „Ich habe 20 Milchkühe und die Nachzucht, zehn Kälber. Das Kuhtracking würde mir bei der Arbeit helfen. Zum Beispiel beim Brunstverhalten. Der Zeitraum für eine Besamung ist beschränkt. Wenn du ihn verpasst, dauert es 21 Tage, bis die Kuh wieder trächtig wird.” Wird der Besamungszeitpunkt versäumt, koste das laut Fürstauer rund 1.500 Euro pro Kuh und Jahr. Die Information, die die KI per App mit den Landwirt:innen teilen könnte, würde eine wesentlich bessere Planbarkeit und Wirtschaftlichkeit ermöglichen. Sobald die App fertig entwickelt ist, soll sie die Zielgruppe für eine “relativ günstige” jährliche Gebühr erwerben können.