„Künstliche Blätter“ sollen CO2 in günstigen Öko-Treibstoff verwandeln
Ein Verfahren nach dem Vorbild der Photosynthese könnte dabei helfen, CO2-neutralen Treibstoff zu produzieren. An der Methode, die meist als „künstliches Blatt“ bezeichnet wird, arbeiten Forscher seit Jahren – heuer ist es erstmals gelungen, sie effizient zu gestalten.
„Künstliche Blätter“ sind in der Regel wenige Millimeter dick und einige Quadratzentimeter groß und nehmen sich natürliche Blätter zum Vorbild. Sie werden unter Wasser getaucht und verwandeln mithilfe eines Katalysators CO2 in Methanol oder Syngas, sobald Sonnenlicht auf sie trifft. Statt mit fossilen Energieträgern könnten Flugzeuge quasi mit CO2 und Sonnenlicht betrieben werden, so die Vision.
Erstmals mit gutem Effizienz-Wert
Bisher war diese Methode allerdings nicht effizient. Genau genommen nicht einmal so effizient wie das natürliche Vorbild. Die Effizienz bemisst sich in diesem Fall daran, wieviel der über das Sonnenlicht zugeführten Energie danach in dem Synthesegas oder Methanol gespeichert ist. Erst kürzlich hat Erwin Reisner, ein Chemiker, der aus Oberösterreich stammt und in Cambridge forscht, ein solches „künstliches Blatt“ präsentiert, dessen Effizienz bei weniger als einem Prozent lag. Bei einem natürlichen Blatt liegt dieser Wert ungefähr bei einem Prozent und ab einer Effizienz von fünf bis zehn Prozent würde sich das künstliche Verfahren laut Reisner auszahlen.
Und genau das dürften nun Forscher der University of Waterloo geschafft haben. “This technology has achieved the solar to fuel efficiency about 10 percent. This is already larger than the natural photosynthesis (about one percent). The next step is to partner with industry companies to scale it up with a system engineering of flow cell for the production of liquid fuels. More efficient artificial leaves can be developed along the lines with industry partners”, erklärte Professor Yimin Wu der britischen Zeitung „Independent“. Laut Wu würde es allerdings noch „Jahre“ dauern, um das Verfahren zu kommerzialisieren.
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Das Team um Professor Wu setzt auf Kupferoxid als Katalysator. Das rote Pulver wird in dem Verfahren, das die Forscher in Nature Energy publiziert haben, vereinfacht ausgedrückt mit Wasser gemischt und verwandelt CO2 unter Lichteinwirkung in einer chemischen Reaktion zu Methanol.
MIT-Spin-off scheiterte an Kommerzialisierung
Es wäre eine günstige und grüne Art Methanol (oder je nach „künstlichem Blatt“ auch Wasserstoff) zu produzieren, das wiederum beispielsweise eine Brennstoffzelle antreiben könnte. Dadurch wäre es denkbar, ein Haus tagsüber mit Photovoltaik zu versorgen und überschüssige Energie über „künstliche Blätter“ und eine Brennstoffzelle in der Nacht oder im Winter zu nutzen. Das wäre die ursprüngliche Idee des MIT-Spin-offs Sun Catalytix gewesen – es scheiterte jedoch an der Kommerzialisierung, da das Verfahren zu teuer war, und wurde nach einem Pivot an Lockheed Martin verkauft.
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Herausforderung CO2-Gewinnung
Eine weitere Herausforderung der „künstlichen Blätter“: Sie benötigen eine Menge CO2 und das ist aus der Atmosphäre nicht so leicht zu gewinnen. Gängige Verfahren erfordern viel Energie, die teilweise wieder aus fossilen Brennstoffen gewonnen werden muss. Je nach Methode liegen die Kosten für eine Tonne CO2 aus der Atmosphäre bei bis zu 1.000 Dollar pro Tonne, rechnen Forscher der kanadischen Firma Carbon Engineering um Harvard-University-Professor David Keith in einem Paper vor. Sie haben eine günstigere Methode entwickelt, aber Professor Wu hat eine andere Idee. Er will für sein Photosynthese-Verfahren CO2 dort gewinnen, wo es entsteht, nämlich in der Industrie. “The CO2 itself is coming from waste gases from the steel industry, automotive industry, or even the oil drilling industry”, sagt Wu, der damit auch das Problem der hohen Kosten bei der Gewinnung von CO2 lösen könnte.