Landwirtschaft: EU-Länder stimmen aktueller Agrarreform offiziell zu
Seit Jahren wurde über sie diskutiert, nun ist sie da. Nachdem am Freitag (25.06.2021) bereits bekannt wurde, dass die sich die Vertreter:innen des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und der nationalen Regierungen auf die wichtigsten Regeln für die Gestaltung Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) 2023 geeinigt haben, folgte heute nun die offizielle Bestätigung seitens der Agrarminister:innen der Länder, so berichten mehrere Nachrichtenagenturen. Damit braucht es für das Inkrafttreten der Reform nun nur noch die Zustimmung des Europäischen Parlaments. Mit dieser wird im Herbst gerechnet.
Durch die GAP soll die Landwirtschaft zukünftig grüner und emissionsärmer werden. Das ist auch dringend notwendig. Wie der Europäische Rechnungshof Mitte Juni bekannt gab, sind die von der europäischen Landwirtschaft verursachten Emissionen seit 2010 nicht gesunken – trotz Agrarausgaben über 100 Milliarden Euro in Klimaschutzmaßnahmen seit 2014. Über zehn Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU werden trotzdem von der Landwirtschaft verursacht. Laut einer entsprechenden Mitteilung des Europäischen Rechnungshofes hätten „die meisten der von der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) geförderten Maßnahmen (…) nur ein geringes Klimaschutzpotenzial, und die GAP biete auch keine Anreize für wirksame klimafreundliche Verfahren.“ Das soll sich mit der aktuellen Reform ändern.
Direktsubventionen an „Ökoregelungen“ geknüpft
Rund 270 Milliarden Euro sind von 2023 bis 2027 für die Förderung der europäischen Landwirtschaft vorgesehen. Diese werden in zwei sogenannten „Säulen“ aufgeteilt. Den größten Betrag macht dabei die erste Säule aus, welche Direktzahlungen an die landwirtschaftlichen Betriebe vorsieht. Die zweite Säule beinhaltet Fördergelder für die ländliche Entwicklung. Ab 2023 sollen nun künftig zunächst 20 Prozent der Ausgaben und ab 2025 25 Prozent der Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe an Umweltauflagen geknüpft sein. Allerdings könnte der Betrag durch Ausnahmen auch geringer ausfallen. Die österreichische Landwirtschaftsministerin Elizabeth Köstinger (ÖVP) zeigt sich in einer aktuellen Mitteilung zufrieden mit den Ergebnissen: „Das ist ein großer Erfolg. In vielen Mitgliedsstaaten gibt es hier einen großen Aufholbedarf. Wir haben in Österreich gezeigt, dass Umwelt- bzw. Klimaschutz und Landwirtschaft keine Widersprüche sind. Die Einigung ist ein Öko-Meilenstein und bringt die europäische Agrarpolitik auf den Weg der nachhaltigen Landwirtschaft. Künftig werden mehr als 72 Milliarden Euro bei den Direktzahlungen für Klima- und Umweltleistungen zweckgewidmet“, so Köstinger.
Harsche Kritik an Reform
So überzeugt wie sich die Landwirtschaftsministerin gibt, sind andere Vertreter:innen und Organisationen hingegen nicht. Wie die apa berichtet, kommt Kritik von den beiden österreichischen EU-Abgeordneten Thomas Waitz (Grüne) und Günther Sidl (SPÖ). So sei die Reform laut Sidl ohne wirkliches Bekenntnis zu Klimaschutz und Biodiversität.“ Waitz beschreibt die Reform hingegen als Greenwashing.
Kritisiert wird zum einen, dass es möglich sei, Gelder von den beiden Fördersäulen zu verschieben, und zum anderen, dass weiterhin ein Großteil der Direktzahlungen als Flächenprämien ausgezahlt werden. Auch die Umweltschutzorganisation Global 2000 kritisiert die aktuelle Reform. „Von der ursprünglich angepriesenen ‚Grünen Architektur‘ ist nur noch ein grüner Anstrich übrig. Von einer ökologischen Trendwende fehlt jede Spur“, so Brigitte Reisenberger, Landwirtschaftssprecherin von Global 2000.
Enttäuscht zeigt sich auch die Arbeiterkammer Wien. Diese bezeichnet die Reform als „Armutszeugnis für Agrarminister:innen“. Der Anlass für diese Äußerung ist der Punkt in der Reform, dass die Koppelung der Fördergelder an soziale Mindeststandards für Landwirtschaftsarbeiter:innen erst ab 2025 in Kraft treten. Zuvor ist die Einhaltung der sozialen Standards freiwillig.