Kommentar

Lasst den freien Markt entscheiden, ob er die Notar:innen wirklich braucht!

2 Wege. © Jon Tyson on Unsplash
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Es spaltet die Meinungen derzeit so stark wie kein anderes in der Startup-, Investor:innen- und Gründerszene: Braucht es künftig wirklich weiterhin die Notar:innen am Tisch sitzen, wenn man eine Firma gründet oder eine Investment-Runde macht? Das Wirtschaftsministerium von Margarete Schramböck (ÖVP) sagt „nein“, viele Investor:innen sagen „Nein“, viele Anwält:innen sagen „Nein“. Das Justizministerium hingegen sagt „Ja“, und die im BMJ einflussreichen Notar:innen sagen natürlich ebenfalls „Ja“.

So ungefähr verlaufen derzeit die Fronten im Streit um die Gestaltung einer neuen Gesellschaftsrechtsform namens FlexCo/FlexCap, die auch die Zielsetzung hat, das Gründen und Startuppen in Österreich einfacher, günstiger, unbürokratischer, schneller zu machen. Und da gehört für viele dazu, die notarielle Einbindung abzuschaffen. Die Notariatskammer hält dagegen, dass sie anders als Anwält:innen unparteiisch seien, für Transparenz sorgen würden, Streit zwischen Gründer:innen vorab verhindern könnten und außerdem ein hochqualitatives Beratungsangebot für Gründer:innen hätten, das gerne im Anspruch genommen werden würde (mehr dazu hier).

Startup-Aufstand gegen die geplante Gesellschaftsrechtsform FlexCo

Selbstbild-Fremdbild-Verschiebung?

Das ist allerdings noch nicht überall durchgesickert. „Ich kenne kein einziges Startup, dass ihre Verträge bei einem Notar erstellen hat lassen. Insofern liegt der Aussage ‚hochqualitatives Beratungsangebot für Gründer‘ wohl eine massive Selbstbild-Fremdbild-Verschiebung zu Grunde“, sagt etwa Matthias Ruhri, Co-Founder und Managing Partner des Startups Probando. Mittlerweile fordern wichtige Institutionen die Abschaffung des so genannten Formzwangs offen und direkt:

  • Das Wirtschaftsministerium fordert: „Entfall der verpflichtenden notariellen Einbindung, etwa bei Kapitalerhöhungen, Anteilsübertragungen, Ausübung von Bezugsrechten, Anmeldungen zum Firmenbuch, etc. Das würde eine einfache Beteiligung von Investor*innen am Unternehmen wesentlich erleichtern.“
  • Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RTFE) fordert: „Entfall der verpflichtenden notariellen Einbindung (z.B. bei Kapitalerhöhungen oder Anteilsübertragungen)“

Bereits 2020 hat ein Gutachten im Auftrag des Wirtschaftsministeriums von CMS Reich‑Rohrwig Hainz Rechtsanwälte und Herbst Kinsky Rechtsanwälte zur neuen Gesellschaftsrechtsform festgehalten, dass die notarielle Beurkundung oder die Errichtung eines Notariatsakts nicht notwendig sind.

Auf dieses Gutachten bezieht sich auch das Justizministerium, das es aber für „einseitig“ hält. „Das Gutachten des Wirtschaftsministeriums hat eine sehr einseitige Position eingenommen und Gläubigerschutzüberlegungen sowie die verfahrensrechtlichen Besonderheiten des Firmenbuchverfahrens und der Anteilsübertragung als nachrangig gegenüber einem möglichst attraktiven Konzept für Investoren angesehen“, heißt es seitens Justizministerium. „Das BMJ strebt hier einen ausgewogenen Interessensausgleich an, deshalb wurde nach Einbindung einer Vielzahl an Stakeholder und Abwägung der Pro und Contras für die Beibehaltung des Notariatsaktes optiert.“

Lasst die Betroffenen selbst entscheiden

Dem Vorwurf der Einseitigkeit von Anwält:innen kann man entgegen halten, dass es bei guten Verhandlungen (z.B. zwischen Gründer:innen und Investor:innen) ja auf beiden Seiten Anwält:innen gibt, dementsprechend ja beide Seiten vertreten sind. Wozu man da noch einen Schiedsrichter in Gestalt eines zu honorierenden Notars geben soll, ist fraglich.

Aber machen wir es doch so: Wenn die Notar:innen wirklich ein so hochqualitatives Beratungsangebot haben, wenn sie wirklich für so viel Transparenz sorgen und späteren Problemen vorbeugen können, dann muss es doch keinen Zwang zum Notariat geben. Denn wenn die Services wirklich so gut und wichtig und unverzichtbar sind, dann müsste sich doch jeder vernünftige Founder und Investor ohnehin von sich aus für das Beisein eines Notars beim Gründen entscheiden.

Oder?

FlexCap: Warum sich die Notar:innen weiter am Tisch sitzen sehen

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