Lending-Kollaps: Krypto-Firmen wollten wie Banken sein – und scheiterten kläglich daran
Sie florierten eine Zeit lang mit einem Versprechen: Gib‘ mir deine Kryptos, ich geb dir dicke Zinsen. Krypto-Verleiher durch die Bank sind eine Zeit lang ganz gut damit gefahren, das Zinsgeschäft der Banken, seit Jahrhunderten ein spannendes Business, zu imitieren. Im Windschatten der langsame Regulierung sammelten die Lending-Plattformen Abermilliarden an Krypto-Assets ihrer Kund:innen ein, um sie hinten raus an andere zu verleihen.
2022 ist dieses Geschäftsmodell implodiert. Zuerst die US-Zinswende, dann der Terra-LUNA-Kollaps mit anschließender Pleitewelle, schließlich der zweite Schlaf mit dem FTX-Crash, der dann noch einmal die Wunde der Branche weiter aufriss. Das Ergebnis: Dutzende Millionen Kund:innen der Krypto-Lender rund um den Globus können längst nicht mehr auf ihre BTC, ETH und Co. zugreifen. Sie mussten zusehen, wie deren Kurse 2022 abstürzten, und konnten dabei nicht handeln. Nun bangen sie weiter darum, ob sie ihre Token und Coins (oder auch nur Bruchteile davon) jemals wiedersehen werden.
Pleiten und Pannen quer durch die Branche
Hier ein Überblick über die Pleiten und Pannen der Krypto-Lender:
- Nexo: Razzia der Büros in Sofia; 45 Mio. Dollar SEC-Strafe
- BlockFi: Milliardenpleite 2022
- Celsius Network: Milliardenpleite 2022
- Genesis: Milliardenpleite 2023
- Vauld: In finanziellen Schwierigkeiten
- Voyager Digital: Milliardenpleite 2022; Binance.US kaufte die Reste
- Anchor Protocol: Mitauslöser des Terra/LUNA-Kollapses
Die Krypto-Lender haben leider gezeigt: Sie können Bankgeschäft nicht, im Gegenteil. Sie haben es zum massiven Schaden ihrer Kund:innen verbockt. Annahme von Kundeneinlagen, die Vergabe von Krediten, die Auszahlung der Zinsen – das ist nicht ohne Grund ein hochreguliertes Umfeld. Doch anstatt sich richtig um die Gelder bzw. Krypto-Assets der Kund:innen zu kümmern, wurden lieber unrealistisch hohe Zinsen (Celsius lockt mit 12%, BlockFi mit bis zu 10%, Anchor Protocol gar mit satten 20%) versprochen, das Geld an fragwürdige Player wie Three Arrows Capital (3AC) und FTX verliehen, und die Kund:innen bekamen dann teilweise ihre Zinserträge in erfundenen Krypto-Token ausbezahlt. Da freuen sich die Halter:innen des berüchtigten CEL-Token von Celsius sicher sehr – der hat seit Juni 2021 90 Prozent seines Werts verloren.
Nicht zu vergessen: Der Terra/LUNA-Kollaps nahm seinen Anfang auch beim Anchor Protocol, wo unglaublich hohe Annual Percentage Yields (APY) jenen versprochen wurde, die ihre UST-Stablecoins einzahlten. Der angeschlossene ANC-Token ist – große Überraschung – genauso in sich zusammen gestürzt wie der CEL-Token:
Insolvente BlockFi hat mehr als 1,3 Milliarden Dollar Schulden angehäuft
Zinserträge – oder doch eher Wertpapiere?
Wobei, Zinsen. Das ist überhaupt die große Frage, was die Lending-Plattformen da eigentlich in die Welt gesetzt haben. Denn die US-Börsenaufsicht SEC ist der Meinung, dass das Earn Interest Product (EIP) von Nexo nicht einfach nur Zinsen bietet, das Nutzer:innen für die verborgten Krypto-Assets bekommen. Vielmehr ist EIP als Wertpapier einzustufen; und weil Nexo das nicht getan und der SEC gemeldet hat, muss es jetzt 45 Mio. Dollar Strafe zahlen.
Die zentralisierten Player im Crypto-Lending-Business haben leider gezeigt: Sie sind großspurig angetreten, um die alte Bankenwelt zu disruptieren, doch sind an sich selbst gescheitert. Denn eines ist auch klar: Überall dort, wo keine zentralisierten Player (inklusive Menschen, die Fehlentscheidungen treffen, gierig und korrumpierbar sind) am Wer sind, laufen die Lending-Protokolle einfach weiter. Aave, Maker oder Compound mögen Massentauglichkeit nie erreichen – aber die schwindligen Krypto-Lender haben sie bereits überlebt.
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