NGOs kritisieren große Schlupflöcher im Lieferkettengesetz
Am 1. Jänner 2023 tritt in Deutschland das „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ in Kraft; in Österreich ist man bezüglich dem Lieferkettengesetz noch abwartend. Grundlage ist ein Vorschlag der EU-Kommission, der darauf abzielt, dass europäische Unternehmen hinsichtlich Umweltschutz, Menschenrechte und Klimazielen entlang ihrer gesamten Lieferkette in die Pflicht genommen werden. So sollen auch Menschenrechts- und Umweltverstöße in Übersee geahndet werden können.
Doch eine breite Koalition an NGOs rund um Global2000, der European Trade Union Confederation, European Center for Constitutional and Human Rights, Amnesty International und anderen geht der Vorschlag, den die EU-Kommission Anfang 2022 vorgelegt hat (Trending Topics berichtete), nicht weit genug. Sie sehen Schlupflöcher für Konzerne und fordern die österreichische Regierung auf, sich für eine Nachschärfung einzusetzen. „Die österreichische Bundesregierung muss sich jetzt in den Verhandlungen auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass Schlupflöcher beseitigt und Konzerne zur Verantwortung gezogen werden”, so Anna Leitner, Lieferkettenexpertin bei GLOBAL 2000, in einer Aussendung.
Prinzipiell waren und sind NGO-Vertreter:innen eigentlich dem Gesetz gegenüber sehr positiv gestimmt. „Das Lieferkettengesetz kann ein Gamechanger sein, nicht nur für Menschen und Umwelt in der gesamten Wertschöpfungskette, sondern auch für die Versorgungssicherheit in diesen turbulenten Zeiten“, so Leitner weiter.
Insgesamt haben sich mehr als 100 Organisationen der Kampagne “Justice is Everybody’s Business” angeschlossen, die mit öffentlichen Aktionen in Brüssel und wien auf sich aufmerksam machen will.
EU-Lieferkettengesetz: Das sagen heimische Expert:innen zum Entwurf
Die 3 Schlupflöcher in der Kritik
Konkret bemängelt werden 3 Schlupflöcher im Lieferkettengesetz:
- Unterauftragnehmer: „Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen durch Unterauftragnehmer europäischer Unternehmen können nicht verhindert werden“, heißt es.
- Hürden für Nicht-EU-Bürger:innen: „Personen, die unter schlechten Geschäftspraktiken der Zulieferer in Ländern außerhalb der EU leiden, haben fast keine Möglichkeit, ihr Recht vor Gerichten innerhalb der EU geltend zu machen“, heißt es
- Keine Haftung bei Verstößen gegen Emissionen: „Unternehmen und ihre Zulieferer sind große Treiber der Klimakrise und müssten als solche verpflichtet werden, ihre Emissionen zu reduzieren. Bisher können sie bei einem Verstoß nicht haftbar gemacht werden. Das muss korrigiert werden“, heißt es
Schlupflöcher im Lieferkettengesetz haben bereits für Kritik gesorgt. Denn es soll EU-weit nur etwa 13.000 Unternehmen betreffen, und zwar solche mit mehr als 500 Mitarbeiter:innen und einem weltweiten Nettoumsatz von mehr als 150 Millionen Euro. Für Branchen mit einem hohen Risiko für Verstöße gegen Arbeits- und Umweltstandards gelten 250 Beschäftigte und einem Nettoumsatz von mindestens 40 Millionen Euro weltweit. Damit Unternehmen aus Drittstaaten in die Verantwortung genommen werden können, müssen diese einen Umsatz in der Höhe von mindestens 150 Millionen Euro beziehungsweise 40 Millionen Euro haben und innerhalb der EU handeln.
In Österreich, ein durch KMU geprägtes Land, wären nur 0,06 Prozent der Unternehmen betroffen, EU-weit sind es etwa 0,2 Prozent.
Auch in Österreich gefordert: Lieferkettengesetz in Deutschland ist fix