Gesetzesvorschlag

Lieferkettengesetz: Vorschlag der EU-Kommission betrifft etwa 13.000 Firmen

Der Vorschlag zum EU-Lieferkettengesetz der EU-Kommission ist da @Pexels
Der Vorschlag zum EU-Lieferkettengesetz der EU-Kommission ist da @Pexels
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Bereits seit Jahren waren Diskussionen um ein europäisches Lieferkettengesetz durch Berichte über menschenunwürdige Arbeitsbedingungen in verschiedenen Ländern angeheizt worden. Trotzdem ließ ein Gesetzesentwurf der EU-Kommission auf sich warten, und wurde seit Sommer letzten Jahres immer wieder verschoben. Nun aber, endlich, ist es soweit.

Bereits im Vorfeld kursierten erste Informationen zum neuen EU-Lieferkettengesetz, welches von den einen gefordert, von den anderen gefürchtet wird. Dabei wurde deutlich, die EU-Kommission fordert deutlich strengere Vorgaben als beispielsweise im deutschen Lieferkettengesetz enthalten sind.

Die Kommission will künftig alle Unternehmen verpflichten, ihre gesamte Lieferkette daraufhin zu kontrollieren, ob die Zuliefernden gegen bestimmte Mindeststandards bei Umwelt-, Klima- und Menschenrechte verstoßen. Dabei sollen die Unternehmen Verantwortung für alle Etappen eines Produktes entlang der Lieferkette übernehmen und auch für alle Vorleistungen oder Erzeugnisse, welche im Ausland beschafft wurden.

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13.000 EU-Unternehmen betroffen

Das würde, wenn der Gesetzesvorschlag so angenommen wird, EU-Konzerne betreffen, welche mehr als 500 Mitarbeitende beschäftigen und einen weltweiten Nettoumsatz von mehr als 150 Millionen Euro erreichen. Für Branchen mit einem hohen Risiko für Verstöße gegen Arbeits- und Umweltstandard, sogenannten ressourcenintensiven Branchen wie der Bekleidungsindustrie, soll die Grenze bei den Beschäftigten sogar noch niedriger angesetzt werden. Dort sollen Unternehmen ab mehr als 250 Beschäftigte und einem Nettoumsatz von mindestens 40 Millionen Euro weltweit zur Verantwortung gezogen werden können. Für diese Unternehmen gelten die Vorschriften jedoch nach dem aktuellen Entwurf erst zwei Jahre später als für die erstgenannte Gruppe.

Laut Angaben der EU betreffe die Regelung etwa 13.000 EU-Unternehmen inklusive derer Tochtergesellschaften und die Wertschöpfungsketten. Zudem werden auch in der EU tätige Unternehmen aus Drittstaaten in die Verantwortung genommen, die einen Umsatz in der Höhe von mindestens 150 Millionen Euro beziehungsweise 40 Millionen Euro haben und innerhalb der EU handeln.

Kleinstunternehmen und kleine und mittlere Unternehmen sind von den vorgeschlagenen Vorschriften nicht direkt betroffen. Der Vorschlag sieht jedoch Unterstützungsmaßnahmen für die kleinen und mittleren Unternehmen vor, die indirekt betroffen sein könnten.

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So fordert die EU-Kommission, dass die Unternehmen:

  • die Sorgfaltspflicht zum Bestandteil ihrer Unternehmenspolitik zu machen,

  • tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen auf Menschenrechte und die Umwelt zu ermitteln,

  • potenzielle Auswirkungen zu verhindern oder abzuschwächen,

  • tatsächliche Auswirkungen abzustellen oder zu minimieren,

  • ein Beschwerdeverfahren einzurichten,

  • die Wirksamkeit ihrer Nachhaltigkeitspolitik und -maßnahmen zu kontrollieren,

  • die Öffentlichkeit über die Wahrnehmung ihrer Sorgfaltspflicht zu unterrichten.

  • Pläne der Unternehmen, wie die Unternehmensstrategien im Einklang mit den Pariser Klimaziele sein können

Haften für festgestellte Verstöße

Sollten Verstöße gegen Umwelt-, Klima- und Menschenrechte in der Lieferkette aufgedeckt werden, müssen die europäischen Unternehmen Maßnahmen ergreifen, um die Situation vor Ort zu verbessern. Überwacht werden soll das durch die Mitgliedstaaten selbst. Bei Feststellung eines Verstoßes könnten diese Geldbußen verhängen oder “Anordnungen erlassen, mit denen das Unternehmen verpflichtet wird, der Sorgfaltspflicht nachzukommen.”

Zudem sei es besonders wichtig, dass Opfer die Möglichkeit erhalten sollen, Schadenersatz zu fordern. Daher sind in dem vorliegenden Vorschlag der EU-Kommission auch Möglichkeiten enthalten, dass Geschädigte selbst die Unternehmen zur Rechenschaft ziehen. Laut einer Mitteilung der EU-Kommission sollen die Geschädigten so die Möglichkeit haben, vor den zuständigen einzelstaatlichen Gerichten einen zivilrechtlichen Haftungsanspruch geltend machen zu können. Wenn der Schaden durch entsprechende Sorgfaltspflichten hätte verhindert oder zumindest gemindert werden können, haftet das Unternehmen für sich selbst, etwaige Tochtergesellschaften und Geschäftspartner:innen.

Obwohl der lang erwartete Gesetzesentwurf nun vorliegt, bleibt es bisher lediglich nur ein Entwurf. Vor einem tatsächlichen Inkrafttreten müssen das EU-Parlament ebenso wie die Mitgliedstaaten dem Gesetz zustimmen. Nach seiner Annahme haben die Mitgliedstaaten laut der Kommission zwei Jahre Zeit, um die Richtlinie in innerstaatliches Recht umzusetzen und der Kommission ihre Umsetzungsvorschriften zu übermitteln.

Auch in Österreich gefordert: Lieferkettengesetz in Deutschland ist fix

Strenger als deutsches Gesetz

In Deutschland gibt es bereits ein sogenanntes Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG), das Lieferkettengesetz tritt 2023 in Kraft. Bisher ist dies jedoch deutlich unter den heute vorgelegten Vorschlägen der EU angesetzt. So bezieht sich das deutsche Gesetz beispielsweise nur auf die direkten Zuliefernde. Zudem betrifft das deutsche Gesetz generell nur Unternehmen mit mindestens 3000 Mitarbeiter:innen. Erst 2024 soll die Mindestanzahl auf 1000 Mitarbeiter:innen sinken, wir berichteten.

Neben Deutschland haben auch Frankreich und Großbritannien mit Lieferkettengesetzen reagiert, andere Länder planen noch eigene Gesetze. In Österreich fordern Organisationen wie Südwind oder die Initiative Bürger*innen-Initiative für ein Lieferkettengesetz bereits seit Langem ein ähnliches Gesetz: „Wir fordern die österreichische Bundesregierung auf sich nun endlich öffentlich zu einem Lieferkettengesetz zu positionieren und damit für Dynamik auf EU-Ebene zu sorgen“ so Veronika Bohrn Mena, Sprecherin der Bürgerinitiative für ein Lieferkettengesetz in einer schriftlichen Reaktion bereits Ende Mai 2021. Nun bleibt es jedoch erstmal abzuwarten, ob das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten den Entwurf annehmen und wie lange die Staaten dann brauchen, den Entwurf in nationales Gesetz umzuwandeln.

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