Lilium: Flugtaxi-Bauer positioniert sich als Alternative zum Schnellzug
Für die einen abstruse Spinnerei, für die anderen ein Grund, hunderte Millionen Euro zu investieren: Das bayrische Startup Lilium ist mit seinen (noch nicht ganz) autonomen Elektro-Flugtaxis mit einer Finanzierungsrunde von 224 Millionen Euro eines der europäischen Aufsteiger-Startups des Jahres. Bis 2025 will man einen regulären Flugtaxi-Betrieb am Start haben, um Passagiere mit 300 km/h etwa 300 Kilometer weit zu transportieren.
Aber was soll das Ganze? Kritiker meinten bisher etwa, dass so lediglich eine luxuriöse Alternative für Reiche zur Taxifahrt zum Flughafen geschaffen werden würde. Und ja, auch dafür können die Flugtaxis, die noch einige Zeit nicht autonom, sondern mit Piloten fliegen werden, genutzt werden – zum schnellen Transport zwischen Flughafen und City. Doch das können Hubschrauber heute auch. Also wozu Lilium?
Mittlerweile positioniert sich das Münchner Startup aber nicht mehr in der Kategorie „Urban Air Mobility“, sondern als künftiger Anbieter von regionaler Mobilität. Soll heißen: Die Lilium-Jets, wenn sie einmal wie geplant funktionieren und auch zugelassen sind, könnten in fünf Jahren eine Alternative zum ICE (Intercity-Express) dienen. Und zwar für kleinere Städte, wie es sie in Deutschland, aber auch in vielen anderen Ländern zuhauf gibt, die noch keine Anbindung an ein Schnellstreckennetz der Bahn haben.
ICE-Ersatz für kleinere Städte
„On Demand“ könnte Lilium dann Passagiere zwischen kleineren Städten wie Augsburg, Ingolstadt, Regau und Passau hin und her transportieren, so die Vision. Auf einer (noch eher fiktiven) Karte auf der Webseite wird ein solches theoretisches Flugtaxi-Netz exemplarisch dargestellt.
Denn ersten Schritt in Richtung regionaler Mobilitätsanbieter macht Lilium jetzt durch eine Partnerschaft mit den Flughäfen in Düsseldorf und Köln/Bonn. Gemeinsam soll erörtert werden, wie die beiden Flughäfen zu Drehkreuzen innerhalb eines regionalen, Nordrhein-Westfalen überspannenden Luftverkehrsnetzes werden können. NRW ist das am dichtesten besiedelte Gebiet Deutschlands und hat zehn Städte mit jeweils mehr als 300.000 Einwohner.
Eine Frage des Preises
„Städte wie Aachen, Bielefeld, Münster und Siegen werden innerhalb von 30 Minuten direkt an die größten internationalen Flughäfen der Region angebunden, was eine emissionsfreie Hochgeschwindigkeitsverbindung zu einem erschwinglichen Preis ermöglicht“, so Lilium-COO Remo Gerber.
Was „erschwinglicher Preis“ bedeutet, das ist neben der Funktionalität des Elektro-Fliegers eine große, noch offene Frage. Immer wieder wurde seitens des Unternehmens gesagt, dass man Preise anstrebe, die man für die gleiche Strecke auch im Schnellzug zahlen würde. Für die Regionen wäre das Modell attraktiv, weil man so keine neuen Trassen für eine Zuganbindung bauen müsste, aber trotzdem schnelle Verbindungen anbieten könne, die auf Elektromobilität setzen.
Ein Erlebnis ist die Reise in einem Lilium-Jet sicherlich, dementsprechend kann man auch damit rechnen, dass Menschen zu Beginn sicher gewillt sind, mehr für einen Flug abzudrücken als für eine vergleichbare Strecke per Zug.
So laut wie ein Lastwagen
Ein besonderes Asset von Lilium gegenüber dem Hubschrauber soll neben dem Elektroantrieb dessen Geräuschpegel sein. Ein startender bzw. landender Jet soll nur so laut wie ein Lastwagen sein und sich deswegen als Senkrechtstarter für Landeplätze in dichter bewohnten Gegenden eignen. Stören sollen die Dinger während dem Flug nicht – da sind sie in einer regulären Flughöhe von etwa drei Kilometern nur ein größerer Fleck am Himmel und am Boden nicht zu hören.