Lilium: Überlebenskampf um staatliches Darlehen
Es ist ein Überlebenskampf, der nun zunehmend öffentlich geführt wird: Das deutsche Flugtaxi-Unternehmen Lilium kämpft um ein staatliches Darlehen, das es dringend zur Finanzierung des Fortbestehen braucht. Lilium, gegründet 2015 mit Hauptquartier in München, kämpft aktuell darum, ein festverzinsliches Darlehen in Höhe von 100 Mio. Euro von Bayern und dem deutschen Staat zu erhalten.
Lilium plant, 2025 den ersten bemannten Flug durchzuführen, Kaufinteressenten für die eVTOLs soll es in Europa, USA, China, Brasilien, UK, Vereinigte Arabische Emirate und Saudi Arabien geben. Es soll 100 Festbestellungen und über 600 Vorbestellungen für die Fluggeräte geben. Doch weil das Unternehmen seit längerem nicht weiterkommt, ist auch der Aktienkurs eingebrochen, er liegt etwa 94 Prozent unter Allzeithoch.
Während Bayern seine Hälfte, also 50 Mio. Euro, bereits zugesagt hat, soll man sich währenddessen in Berlin dagegen entschieden haben. Laut Spiegel-Bericht aber soll die Bürgschaft in Höhe von weiteren 50 Mio. Euro durch den deutschen Staat vom Tisch sein, zu groß sind die Unsicherheiten im Haushaltsausschuss. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte auf Zustimmung gedrängt, aber der deutsche Bundestag war letztendlich offenbar nicht davon zu überzeugen.
Delikates Detail am Rande: Frank Thelen, Lilium-Investor und lautstarker Unterstützer des Unternehmens im Kampf um den staatlichen Kredit, hat 50.000 Euro an die FDP gespendet.
„Geht nicht darum, ein krisengeschütteltes Unternehmen mit Zuschüssen zu retten“
Wie berichtet, braucht Lilium dringend Geld, um eine drohende Insolvenz mit Ende des Jahres abzuwenden. Wenn nun die 50 Mio. Euro vom Bund nicht kommen, wackeln auch die 50 Mio. Euro Kredit seitens Bayern. Noch versucht Lilium-CEO Klaus Roewe (früher Airbus) Stimmung für das Darlehen zu machen. „Wollen wir jetzt auch noch die Elektrifizierung der Luftfahrt ins Ausland abwandern lassen, wenn die weltweit beste Technologie dafür von deutschen Ingenieuren entwickelt wurde? Will Deutschland zukünftig elektrische Flugzeuge in den USA und China kaufen, so wie damals Passagierflugzeuge (Boeing, McDonnell Douglas, Lockheed), weil wir keine eigene Industrie hatten“, so Roewe.
„Lilium soll ein festverzinsliches Darlehen in Höhe von €100 Mio. als Signal an unsere Investoren erhalten, dass Deutschland den Einstieg in die elektrische Luftfahrt unterstützt. Es geht nicht darum, ein krisengeschütteltes Unternehmen mit Zuschüssen zu retten. Das Darlehen ist voll rückzahlbar, die Konditionen sind für die KfW, und damit für Deutschland, sehr vorteilhaft“, schreibt Roewe auf Linkedin.
Bisher hätten Privatinvestoren rund 1,5 Milliarden Euro in Lilium investiert, um die elektrisch betriebenen Senkrechtstarter voranzutreiben. „Sie wollen auch ein Signal, dass es kein Nachteil ist, in ein deutsches Unternehmen zu investieren. Es hat auf der Welt noch nie ein erfolgreiches Flugzeugprogramm gegeben, das nicht staatlich unterstützt wurde. Die Anfangsinvestitionen sind einfach zu hoch, um rein privatwirtschaftlich gestemmt zu werden“, so Roewe. Airbus sei auch massiv durch staatliche Hilfen aufgebaut worden und heute wichtiger Arbeitgeber und Steuerzahler.
Lilium würde in Deutschland pro Jahr bereits 50 Mio. Euro an Steuern und Sozialabgaben bezahlen, eine Garantieerklärung des Bundes in Höhe von 50 Mio. Euro sei deshalb „ein sehr moderates Investment“, argumentiert der ehemalige Airbus-Manager. Allerdings hätten Investoren viele Alternativen, die USA, China, Großbritannien und Frankreich hätten Liliums Wettbewerber „längst signifikant gefördert“. „Wenn die Förderlage in Deutschland zu stark davon abweicht, ist Deutschland als Investitionsstandort nicht wettbewerbsfähig“, so Roewe. „Allein der Wettbewerber Joby wird bislang mit mehr als 600 Mio. Dollar von den USA unterstützt.“
Joby: US-Konkurrent fliegt Lilium davon
Allerdings stellen Kritiker die Frage, ob die elektrisch betriebenen Senkrechtstarter wirklich der „Einstieg in die elektrische Luftfahrt als Beitrag zur Dekarbonisierung“, sind oder eher eine „ökologische Absurdität für Ultrareiche“. Denn preislich werden eVTOLs auf absehbare Zeit laut Studie nur für Premium-Passagiere leistbar sein, außerdem müssen Batterien oft ausgetauscht werden.
Während Lilium ums wirtschaftliche Überleben kämpft, kann der Mitbewerb bereits deutlich mehr vorweisen. Joby Aviation aus den USA etwa hat bereits 2023 in New York einen bemannten Flug durchgeführt, kürzlich 500 Mio. Dollar frisches Investment durch Toyota erhalten und plant, 2026 in Dubai einen Flugtaxi-Dienst zu starten. Außerdem setzt Joby immer stärker auf Wasserstoffantrieb und führte im Sommer 2024 vor, wie man mit einem von der Tochtergesellschaft „H2FLY” entwickelten wasserstoffelektrischen Antrieb eVTOL-Flug über eine Strecke mit mehr als 800 km durchführte.
Währenddessen meint Roewe, dass Lilium das „mit Abstand das effizienteste, leistungsfähigste und sicherste elektrische Flugzeug“ biete. 2025 soll man erst mit einem bemannten Flug starten können, weil ein Software-Lieferant die nötige EASA-Zertifizierung nicht vor Ende des Jahres schafft.
Joby Aviation: 5-Stunden-Flug in einem eVTOL mit Wasserstoff-Elektro-Antrieb gelungen