Litecoin: Das Bitcoin-„Silber“ setzt zum Sprung an
Meistens lässt sich die große Vision aus mehreren unscheinbaren Meldungen zusammen puzzeln. Wie in der vergangenen Woche bei der Kryptowährung Litecoin. Deren Gründer Charlie Lee twitterte, dass er bei Coinbase kündigt und sich wieder voll und ganz der Litecoin-Blockchain widmen möchte. Die Aktivierung von SegWit im Bitcoin-Netzwerk sorgte zudem für gehörige Euphorie unter den Anlegern. Und während die Anleger in Asien eine Überhitzung bei Bitcoin und vor allem Bitcoin Cash fürchten und nach Alternativen suchen, forschen die Bitcoin-Core–Entwickler nach Auswegen aus dem immer noch präsenten Skalierungsproblem bei der prominentesten Kryptowährung. Aber wie hängt das alles zusammen? Fangen wir von vorne an.
Feine Unterschiede
Charlie Lee lernte früh die Welt der Kryptowährungen kennen. Um das Jahr 2010 herum arbeitete er als Software-Entwickler bei Google und zockte nebenher auf dem Goldmarkt. Er las über die Silk Road und Bitcoins und kontaktierte Bitcoin Core-Entwickler Mike Hearn. Lee begann selbst Bitcoin zu schürfen und kündigte bald bei Google. 2011 veröffentlichte Charlie Lee auf GitHub den Litecoin, eine Peer-to-Peer-Kryptowährung, die klar von Bitcoin inspiriert war, allerdings ein paar dem Platzhirsch Bitcoin technisch sehr ähnlich ist.
Der kleine Bruder
Der kleine Bruder ist dezentral organisiert und kann von Minern geschürft werden. Wie ein Bitcoin kann jedes Litecoin in 100.000.000 kleinere Einheiten unterteilt werden. Die Unterschiede liegen in den Details: Das Litecoin-Netzwerk kann Blöcke alle 2,5 Minuten erzeugen und Transaktionen damit viermal schneller als im Bitcoin-Netzwerk (10 Minuten) umgesetzt werden. Daher entstehen auch mehr Einheiten (84 Millionen) als bei Bitcoin (21 Millionen). Durch einen simpleren Algorithmus benötigen Miner weniger Mittel um die Coins zu schürfen.
Meilensteine: Segwit und Lightning Network
Lange war Litecoin eine Art Testfeld für das Bitcoin-Netzwerk. Während politische oder taktische Gründe bei Bitcoin die SegWit-Aktivierung lange verschleppten, setzten Lee und sein Team das Update schon zu Beginn des Jahres um. Aber nicht um die Blockgröße zu erweitern wie bei Bitcoin, sondern um das Netzwerk anpassungsfähiger zu machen. Nach der SegWit-Aktivierung kann das Lightning Network auf der Chain implementiert werden. Durch Lightning Network werden Zahlungen zwischen den einzelnen Chains möglich. Bitcoin und Litecoin könnten zu einer Einheit werden.
Gemeinsame Zukunft?
Der Plan von Charlie Lee: Bitcoin kann niemals alle Menschen der Welt erreichen. Selbst mit SegWit, den Lightning Networks und bei einer Blockgröße von 1 MB kann Bitcoin maximal 500 Millionen Menschen erreichen. Durch die Kooperation mit Litecoin könnte die Reichweite potenziert werden. Man kann sich die Situation wie die zweier Autobahnen vorstellen. Auf der Bitcoin-Route erstreckt sich aktuell ein Stau über mehrere Kilometer, nebenan ist die Litecoin-Trasse fast verwaist. Die Autos können aber nicht die freie Autobahn nutzen. Durch eine gemeinsame Lightning Network-Aktivierung wären die beiden Autobahnen verbunden und die Zahlungsvorgänge könnten in Sekundenschnelle abgewickelt werden. Weitere Vorteile des gemeinsamen Wegs: Wenn ein Händler nur Bitcoins akzeptiert und ein Kunde nur Litecoin auf dem Wallet hätte, könnte er damit bezahlen.
Zurück in den Top 5
Aktuell scheint sich Lees Strategie in die richtig Richtung zu entwickeln: Die Marktkapitalisierung zog nach einer langen Durststrecke gehörig an. Ende August 2017 kletterte nach langer Abstinenz wieder in die Top 5 der Kryptowährungen mit den höchsten Marktkapitalisierungen. Das Handelsvolumen überstieg kürzlich zwei Milliarden-Dollar-Grenze und ist auf dem Weg zur dritten. Der Kurs hat den kritischen Punkt von 50 Dollar erreicht und scheint ihn zu halten. Charlie Lee findet passende Schlussworte: „Wir navigierten lange im Windschatten von Bitcoin. Zeit, den Sprung nach vorne zu wagen.“
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