Livin Farms

Wie Katharina Unger auf die Idee kam, Insekten zu züchten

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Wenn Katharina Unger an einen Ort kommt oder ihn verlässt, dann schwebt sie. Ok, sie schwebt nicht wirklich, aber wenn sie auf ihrem aus Hongkong importierten Hoverboard (Stil „Segway minus Lenkerstange“) in die Nacht davonrauscht, dann hat das schon etwas ziemlich Futuristisches, selbst im Jahr 2020. Aus Hongkong hat sie dann aber noch etwas anderes Neuartiges mitgebracht: Die Idee, Insekten zu züchten und zu essen.

In Hongkong liegt die Bevölkerungsdichte bei etwa 7.000 Menschen pro Quadratkilometer (Österreich: 100, Wien: 4.600) – einer der am dichtesten besiedelten Orte der Welt. Wie soll man all diese Menschen bloß in Zukunft ernähren?, fragte sich Unger vor vielen Jahren – und verspeiste damals auch ihr erstes Insekt. Die studierte Designerin, die am Bauernhof aufwuchs und in Wien an der Universität für angewandte Kunst studierte, war zwischen den USA, Europa und Asien Kosmopolitin geworden – und schließlich auch Gründerin mit einer ganz großen Idee.

Millionenförderung für Livin Farms

Denn mit ihrem Startup Livin Farms arbeitet sie zwischen Hongkong und Wien daran, Insekten als Nahrungsmittel der Zukunft, als Fleischersatz und Proteinquelle zu züchten. Es ist ein jahrelanges Bohren harter Bretter, aber schön langsam wird es. Waren und sind die Mehlwürmer, die Firmen wie Livin Farms züchten, heute immer noch Party-Gag und knuspriges Salat-Dekor für Mutige, wurden kürzlich die Weichen für die Zukunft gestellt.

Livin Farms: 2,5 Millionen Euro für Insektenzucht im „großen Maßstab“

Denn der Europäischen Innovationsrat (EIC) hat Ungers Startup im Rahmen des europäischen „Green Deal“ satte 2,5 Millionen Euro an Fördergeldern zugesprochen. Fortan geht es nicht mehr nur um die kleinen Insekten-Farmen, die sich Interessierte und Schulen bestellen können, sondern um Mehlwurm-Farming im ganz großen Stil. Im Süden Wiens wird nun damit begonnen, Mehlwürmer in großen Mengen zu produzieren, und werden ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft mit den Brot- und Backabfällen einer großen Lebensmittelkette gefüttert.

© Livin Farms
© Livin Farms

Anpackerin mit Durchhaltevermögen

Dass Unger und ihr Team so weit gekommen sind, ist vor allem dem Charakter der Gründerin zu verdanken. Schlagfertig gegenüber Investoren, gewitzt, mit viel Selbstvertrauen und Know-how – eine Anpackerin mit Leidenschaft und eine, die ihr Wissen gerne mit anderen teilt, so beschreiben sie Leute aus ihrem Umfeld. „Nicht viele andere würden sich trauen, so eine Firma zu bauen“, sagt etwa Maggie Childs, mit der Unger gemeinsam im Vorstand des Thinktanks AustrianStartups sitzt. „Sie denkt sehr groß, gleich am Anfang.“

Auch Unger ist natürlich klar: Die vielen zu erwartenden Tonnen Mehlwurm-Ernte werden die Österreicher anfangs nicht selbst verzehren. In einem ersten Schritt geht es darum, die Futtermittelindustrie zu beliefern. Aber über Zeit und mit sich ändernden Ernährungsgewohnheiten und Gesetzen werden die Würmchen auch immer öfter auf unseren Tellern landen, vor allem dann, wenn sie auch in Österreich endlich zu Nahrungsmitteln verarbeitet werden dürfen und nicht als Ganzes verkauft werden müssen.

Aus Gründen des Klimawandels

Aber was heute noch vielen als undenkbar erscheint, wird sich der Meinung vieler Experten nach ändern, ja ändern müssen. Vor allem aus Gründen des Klimawandels. Während bei der Rinderzucht fast 68 Kilo CO2-Äquivalente für ein Kilo Proteine erzeugt werden, sind es in der Mehlwurmzucht gerade einmal 2,2 Kilo CO2-Äquivalente für ein Kilo. Wer CO2-Emissionen sparen will, der isst Insekten statt Steak.

Future Food: Insekten-Fleisch könnte sogar Veganern schmecken

Oder wie es Unger bei ihrem legendären TED-Talk beschreibt: Bis ins späte 19. Jahrhundert galten Hummer als die Kakerlaken des Meeres. Dann bemerkten Köche, dass man daraus ganz vorzügliche Speisen bereiten kann, und heute gilt Hummer als Luxus. „Es ist offensichtlich, dass die nächste große Chance wirklich direkt vor uns liegt.“

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