„Lückenlose Internet-Zensur“: Massive Kritik an Upload-Filtern, die in der EU kommen sollen
Der geplante und mittlerweile berüchtigte Artikel 13 der umstrittenen Copyright-Richtlinie der EU sorgt weiter für Aufregung. Vergangene Woche stimmte im EU-Justizausschuss eine knappe Mehrheit von EU-Abgeordneten (13 gegen 12) für eine Reform des Urheberrechts in der Europäischen Union. Vorgesehen sind da neben einem Leistungsschutzrecht auch so genannte Upload-Filter, die prüfen sollen, ob urheberrechtlich geschützte Werke (z.B. Film, Musik, Fotos) unerlaubt auf Internet-Plattformen veröffentlicht werden. Das aber führe zu einer „lückenlosen Internet-Zensur“, heißt es jetzt seitens der ISPA (Internet Service Providers Austria), dem Dachverband der österreichischen Internetwirtschaft.
Wann und in welcher Form genau das neue Urheberrecht in der EU in Kraft tritt, bleibt derweil abzuwarten. Zuerst muss die Reform noch durch den Trilog zwischen EU-Parlament, EU-Kommission und Rat. Der Beschluss des Justizausschusses gilt allerdings als richtungsweisend.
„Überwachung von Nutzern“
Man habe sicher Verständnis für die Wahrung der Urheberrechte von Autoren, Fotografen und anderen Content-Lieferanten, aber: „Um die nun vorgesehene Überwachung der von Nutzerinnen und Nutzern im Internet zur Verfügung gestellten Inhalte umzusetzen, müssen die Provider allerdings eine Software installieren, die die Uploads der User laufend auf Urheberrechtsverletzungen untersucht“, sagt Maximilian Schubert, Generalsekretär der ISPA. Das könne dann auch „unbequeme“ Inhalte betreffen – also etwa wenn Nutzer mit Fotos oder Videos von sozialen Missständen oder Repressionsmaßnahmen eines Staates veröffentlichen wollen, diese dann aber in den Filtern hängen bleiben.
Laut Schubert würde die Reform des Urheberrechts nur einer „wirtschaftlich und politisch ungemein gut vertretenen Stakeholder-Gruppe“, während etwa Blogger und freie Journalisten einen „hohen Preis“ zahlen könnten, wenn sie sich in ihren Beiträgen auf andere Werke beziehen.
Weitere Warnungen
Auch der UN-Berichterstatter David Kaye warnt: „Filtertechnologien sind nicht geeignet, die gesetzlich verankerten Einschränkungen von Copyrights zu berücksichtigen, weil dazu Inhalte interpretiert werden müssten.“ Schließlich übt auch der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) in Deutschland heftige Kritik an den geplanten Upload-Filtern und sieht drastische Folgen für die Meinungsfreiheit im Internet.
„Die Zielsetzung, eine illegale Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Inhalte zu unterbinden, ist nachvollziehbar – aber nicht um jeden Preis. Hier schießt die EU-Kommission meilenweit über das Ziel hinaus, wenn es letztlich auf Kosten von Meinungsvielfalt im Netz geht. Die technische Realität wurde in diese Überlegungen offenbar nicht mit einbezogen. Es ist unmöglich, urheberrechtsverletzende Inhalte zuverlässig und zweifelsfrei zu identifizieren“, so BVDW-Geschäftsführer Marco Junk. „Inhalte würden von Nutzern gar nicht erst online gestellt werden, das wäre „das Ende von Kreativität und Vielfalt als Grundlage vieler innovativer Geschäftsmodelle der digitalen Wirtschaft.“ Er appelliert sowohl an die EU-Kommission als auch an die deutsche Bundesregierung, die Plne zu überdenken.
Wer freut sich?
Zustimmend äußerten sich zu den EU-Plänen und dem Etappensieg nach der Abstimmung im Justizausschuss Vertreter der Content-Industrie. Etwa Gerald Grünberger, Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ). „Wenn es auch im digitalen Zeitalter eine vielfältige Presselandschaft in Europa geben soll, dann müssen verlegerische Inhalte auch effektiv vor der kommerziellen Ausbeutung Dritter geschützt werden“, so Grünberger. „Wer gegen Upload-Filter ist, propagiert im Grunde ein Recht auf Veröffentlichung illegaler Inhalte.“ Mit Meinungsfreiheit bzw. deren Einschränkung habe das nichts zu tun.
Zustimmende Worte kommen auch von Franz Medwenitsch, Geschäftsführer des Verbands der österreichischen Musikwirtschaft IFPI. Er hält den Zensur-Vorwurf für „absurd“, es gehe darum, „europäischen Kreativen, Kunstschaffenden und der Content-Wirtschaft den Rücken gegenüber Google, YouTube, Facebook und Co.“ zu stärken. Danny Krausz, Obmann des Fachverbands der Film-und Musikwirtschaft in der Wirtschaftskammer, meint, dass die Filmwirtschaft schon immer ein „Vorkämpfer gegen Zensur“ war, insofern solle diesen durch den Schutz ihrer Inhalte geholfen werden.