Lukas Püspök

„Lösungen zur Klimakrise liegen eigentlich alle am Tisch. Sie müssen nur umgesetzt werden.“

Lukas Püspök von Push Ventures. © Matt Observe
Lukas Püspök von Push Ventures. © Matt Observe
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Lukas Püspök ist selbst Unternehmer und unterstützt gleichzeitig als Investor („Push Ventures“) junge Startups beim Wachstum. Der 40-Jährige leitet mit der Püspök Group eines der größten Windenergieunternehmen Österreichs und wurde vergangenes Jahr als „Business Angel des Jahres“ ausgezeichnet. Wir haben und mit ihm über den schwierigen Ausbau erneuerbarer Energie in Österreich unterhalten und darüber, ob Startups und neue Technologien die Klimakrise stoppen und die Welt retten können.

Sind Nachhaltigkeit und Themen wie die Klimakrise oder das Artensterben bereits in der Investorenszene angekommen? Hast du den Eindruck, dass Investoren stärker darauf achten?

Lukas Püspök: Absolut. Bei uns hat es aufgrund unseres Backgrounds aus der erneuerbaren Energie schon immer viele Themen gegeben, die wir nicht machen würden. Wir würden zum Beispiel nicht in Charter-Business für Luxus-Flugzeuge investieren, aber auch nicht in Routenoptimierung für Flugzeuge oder ganz generell Transport-Startups, die auf fossile Energien setzen. Wir sehen aber, dass sich immer mehr Startups dem Thema Nachhaltigkeit annehmen und wir aus dieser Richtung mehr Deal-Flow bekommen.

Auf der anderen Seite werden diese Themen auch von Investoren stärker nachgefragt. Für solche Startups ist es jetzt einfacher, eine Finanzierung zu bekommen, als noch vor ein paar Jahren, weil das allgemeine Problembewusstsein zur Klimakrise noch nicht so ausgeprägt war. Jetzt ist das Thema breit angekommen.

Können neue Technologien die Welt retten?

Dieses Thema sehe ich zwiespältig. Die Startup-Branche sieht Technologie oft grundsätzlich als Heilsbringer. Ich glaube, dass die Lösungen zur Klimakrise in den meisten Bereichen eigentlich alle am Tisch liegen. Sie müssen nur umgesetzt werden. Das kostet Geld, aber langfristig kostet es sicher mehr Geld, sie nicht umzusetzen. Die Silicon-Valley-Denkweise, wir fliegen mit unserem Privat-Jet um die Welt und diskutieren auf exklusiven Events, wie unsere Technologie die Welt retten kann – dem stehe ich sehr kritisch gegenüber.

Auf der anderen Seite ist auch das Warten auf technologische Heilsbringer nicht zielführend. Wird uns wirklich irgendwann der Wasserstoffantrieb in der Mobilität retten? Wir brauchen uns nicht darum kümmern, weil Technologie hat noch immer die Welt gerettet? Das ist glaube ich eine Verblendung. Technologischer Fortschritt ist aber natürlich bei konkreten Dingen wie Photovoltaik, Windenergie oder Energiespeicherung wichtig, um die Effizienz zu steigern und die Kosten zu senken. Aber darauf zu warten, dass eine Technologie erfunden wird, die uns ohne Komforteinschränkung so weiterleben lässt wie bisher, ist glaube ich etwas blauäugig.

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Du hast mir letztes Jahr erzählt, dass Push Ventures bisher nicht in Energie-Startups investiert, obwohl das naheliegend ist. Warum ist das so und hat sich das geändert?

Wir sehen in letzter Zeit mehr Projekte in diesem Bereich, die uns interessieren. Ein wesentlicher Grund ist, dass Energie im Hype-Cycle der Technologien noch relativ weit hinten ist im Vergleich zu zum Beispiel Finance. Das hat viele Gründe, aber einer ist sicher die starke Regulierung, die Stärke von Utilities und die Notwendigkeit von Assets in diesem Bereich, der von einigen Firmen kontrolliert wird. Dieses Umfeld macht es schwieriger, den Markt zu erobern.

Das ändert sich langsam und ich schließe nicht aus, dass wir neue Utilities sehen werden. Der Konsument wird wichtiger, das Selbst-Produzieren von Energie wird zum Thema. Alle diese Entwicklungen führen auch zu mehr Startups im Energie-Bereich und da wird es in den nächsten Jahren sicher einige Erfolgsgeschichten geben.

Wie könnte man das Umfeld für Innovation in der Energiebranche verbessern?

Mit Deregulierung. Das hat viel damit zu tun, dass das jetzige System aus einer ganz anderen Welt kommt. Ein Beispiel ist der Verkauf von Strom mit Bilanzgruppen und der Hinterlegung von Sicherheiten an der Börse – ich kann heute nicht, wie oft als Beispiel gebracht wird, ganz einfach über die Blockchain von Haus 1 zu Haus 2 gegenüber Solarstrom verkaufen. Das gibt es in Pilotprojekten, aber in der Breite ist das noch nicht möglich. Es gibt viele Bereiche, wo Deregulierung dringend notwendig ist, um Startups den Weg zu ebnen.

Ist die Energiewende der größte Hebel, wenn wir die Klimakrise bremsen wollen?

Ja. Es ist nicht der einzige, auch die Landwirtschaft ist sehr wichtig. Aber Strom wird in allen wesentlichen Bereichen immer wichtiger und da macht natürlich nur erneuerbarer Strom Sinn. Wir müssen aus den fossilen Energieträgern raus. Selbst wenn man nicht an E-Mobility glaubt: Auch Wasserstoff braucht Strom. Dreimal so viel. Sauberer Strom wird für alle Bereiche wahnsinnig wichtig. Deshalb müssen wir ganz konsequent Kohlekraftwerke abdrehen und Photovoltaik und andere Erneuerbare ausbauen. Das ist einer der größten und wichtigsten Hebel.

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Da stehen wir in Österreich mit Unternehmen wie der Voestalpine vor einer großen Herausforderung.

Das ist richtig. Das ist sicher die allergrößte Herausforderung und das sind auch die Bereiche, wo klassische Tech-Innovation viel bringen kann. Wir werden uns in den nächsten Jahren sicher schwer tun, von unserem hohen Niveau erneuerbaren Stroms auf 100 Prozent sauberen Stroms zu kommen. Von dem Ziel mit erneuerbarem Strom auch alle Industriebetriebe zu versorgen, sind wir sehr weit entfernt. In der Industrie kann ich mir gut vorstellen, dass der Wasserstoff eine Rolle spielen wird. Die Frage ist nur, ob der Wasserstoff in Europa aus erneuerbaren Assets hergestellt wird. Das sind schwierige Fragen, auf die wir noch keine endgültige Antwort haben. Aber wenn wir erst einmal alles lösen, was einfach zu lösen ist, haben wir schon den größten Teil des Weges geschafft.

Die Voestalpine gilt als der größte CO2-Emittent in Österreich und muss bis zu 100 Millionen Euro pro Jahr für CO2-Zertifikate zahlen. Das Problem ist, dass es bisher nicht gelingt, mit erneuerbaren Energien auf jene hohen Temperaturen zu kommen, die die Stahlproduktion erfordert. Das Unternehmen investiert nun massiv in Wasserstoff, das eine Lösung für dieses Problem sein könnte.

Du kommst aus der Erneuerbaren Energie, aus der Windenergie-Branche. Österreich scheint es zu gelingen, das generelle Erneuerbaren-Ziel der EU nächstes Jahr, 34 Prozent, zu erreichen. Können wir uns aus deiner Sicht auf die Schulter klopfen?

Österreich kann sich leider überhaupt nicht auf die Schulter klopfen. Bei dem Niveau, von dem wir kommen, könnten wir eigentlich schon viel weiter sein – gerade im Strombereich. Wenn man sich vom Gesamtenergiebereich nur den Strom anschaut, war Österreich vor 20 Jahren schon in der Lage, seinen gesamten Strom selbst abzudecken. Mittlerweile importieren wir 15 bis 20 Prozent des Stromes und das ist größtenteils Graustrom, Kohle- und Atomstrom. Wir haben uns beim Anteil der Erneuerbaren im Strombereich eigentlich gar nicht weiterbewegt obwohl die Erneuerbaren schon ausgebaut worden sind.

Aber der Verbrauch ist überproportional gewachsen und wir haben abgeschaltete Kohlekraftwerke nicht kompensiert. Es passiert zu wenig, um das Ziel der 100-Prozent-Erneuerbaren bis 2030 zu schaffen. Im Verkehrsbereich ist der Anstieg der Emissionen massiv in den letzten 20 Jahren. Auch da gab es einige Versäumnisse, man denke nur an Dieselförderung und Tanktourismus. Wir haben aber eine Hoffnung, dass sich das in der neuen Regierung ändern könnte.

Was wären die wichtigsten Maßnahmen?

Wir müssen weg davon, nur Ankündigungen zu machen. Man sieht das immer wieder, wenn es zur Umsetzung kommt und es um Entscheidungen geht, die weh tun, passiert nichts. 2015 hat Österreich schon angekündigt, dass der Strom 2030 zu 100 Prozent aus Erneuerbaren kommen soll. Es ist aber immer nur ein bisserl was gemacht worden.

Im Photovoltaik-Bereich müssten wir ab jetzt jedes Jahr so viel ausbauen, wie bisher seit Beginn des Photovoltaik-Ausbaus vor 20 Jahren. Da brauchen wir nicht nur Leuchtturmprojekte, sondern auch Programme und Anreize. Vielleicht bräuchten wir sogar eine Verpflichtung, im Neubau massiv Photovoltaik auszubauen. Ich hoffe, dass die nächste Regierung den Mut aufbringt, große Würfe zu machen. Die Zeit der Baby-Steps ist vorbei.

Beim Photovoltaik-Ausbau sind Freiflächen-Anlagen ein polarisierendes Thema. Wird es sie brauchen, um dem Ziel näher zu kommen?

Das ist absolut notwendig. Es gibt eine große Angst davor vonseiten der Politik und mancher NGOs. Es ist aber völlig illusorisch zu glauben, dass sich die Photovoltaik-Ziele anders realisieren lassen. Selbst wenn wir im Neubau Photovoltaik am Dach vorschreiben, ist es unrealistisch. Man ist aus meiner Sicht blauäugig, wenn man glaubt, mit Auf-Dach-Anlagen die PV-Ziele erreichen zu können.

Wir liegen jetzt bei 1 oder 2 Terawattstunden PV-Produktion pro Jahr und wollen in 10 Jahren 15 Terawattstunden haben. Wenn man sich mal ausrechnet, wieviele Dächer wir dafür bräuchten, ist das einfach unrealistisch. Bei Freiflächenanlagen muss man aufpassen, nicht die Landwirtschaft gegen die Photovoltaik auszuspielen. Es gibt aber genug Flächen, zum Beispiel alte Deponieflächen oder ungenutzte Gemeindeflächen, die man verwenden könnte. Ich glaube zwar nicht, dass Österreich ein großes Flächen-PV-Land wird, aber um das Ziel zu erreichen, müssen wir jede Möglichkeit ausnutzen.

Dieser Artikel ist zuerst bei Tech & Nature erschienen.

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