Kommentar

Magic.dev ist eine klassische österreichische Fail-Story 🤦

In Stein verewigter Facepalm. © Canva Pro
In Stein verewigter Facepalm. © Canva Pro
Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview

Achtung, die Headline dieses Artikels wird dich sicher schocken. Aber keine Sorge, bei Stripe hat das auch schon mal funktioniert. 😉

Vergangene Woche sind nicht nur die Kommunikationskanäle der HTL Spengergasse in Wien heißgelaufen. Auch sonst in Startup-Österreich, ja sogar im Silicon-Valley-Leitmedium Techcrunch, gab es ein Top-Thema: Magic.dev. Quasi aus dem Nichts heraus poppte plötzlich das Startup der österreichischen Gründer Eric Steinberger und Sebastian De Ro auf. 23 Millionen Dollar zusätzlich zu den fünf Millionen aus dem vergangenen Jahr haben sie für ihr AI-Startup an Land gezogen. Das erste Ziel, nebst der generellen Mission, AI zum Guten einzusetzen: besser als der Copilot von Github zu werden.

So weit, so glorreich. Österreich hat neue Startup-Helden, die einen guten Teil ihres Erfolgs der HTL Spengergasse zuschreiben. Oder vielmehr eigentlich einem einzelnen Mann: Lehrer Harald Zumpf (hier im Interview zu hören). Er betreut die Hochbegabtenförderung der Wiener Schule und hat Steinberger und De Ro dabei geholfen, ihre großen Visionen in Sachen AI in die Tat umzusetzen. In den Sommerferien durften die beiden alle Rechner der Schule zusammenschließen, um ein AI-Projekt berechnen zu können. Die liefen damals so heiß, dass die Klinken der Schultüren zu glühen begannen. Man kann getrost sagen: Zumpf ist auch der Held seiner beiden ehemaligen Schüler.

Magic.dev: Österreichisches AI-Startup holt 23 Mio. Dollar – u.a. von Alphabet

0 Euro Budget für die Förderung der Hochbegabten

Aber Vorsicht dabei, Magic.dev als österreichischen Erfolg zu verkaufen. Bei den Finanzierungsrunden, die in Summe 28 Mio. Dollar brachten, sind zwar eine Handvoll Österreicher als Angels dabei (u.a. Klaudius Kalcher und Roland Boubela vom österreichischen AI-Startup MostlyAI), doch das Gros der Summe wird von internationalen VCs und Angels gestemmt. Allen voran investiert haben CapitalG, der Risikokapital-Arm von Alphabet, der ehemalige GitHub-CEO Nat Friedman oder 10x Founders aus Deutschland. Österreichische VCs: Fehlanzeige. In der heimischen Branche heißt es, es sei ein sehr teurer Deal gewesen. Umgekehrt gesagt: In Österreich gibt es niemanden, der mit Alphabet mithalten will oder kann.

Erstaunlich sind übrigens auch die Details zur Hochbegabtenförderung der HTL Spengergasse (nachzuhören in diesem Podcast): Da ist genau ein Lehrer, nämlich Harald Zumpf, dafür im Einsatz. Die Förderung ist ein Freifach mit einer (!) Stunde pro Woche für gerade mal 18 Schüler:innen, und, Achtung, jetzt festhalten: Das Budget ist 0 Euro groß. Zumpf ist auf Spenden von Unternehmen angewiesen, die somit über gemeinsame Projekte finanzieren, wenn die Schüler:innen mal ein bisschen mehr Ressourcen brauchen, um etwas umzusetzen. Zumindest bekomme er den Freiraum vom Direktor, das Programm machen zu können.

Zusammengefasst kann man also festhalten:

  • kein Geld von österreichischen VCs
  • die großen Summen stemmt die Google-Mutter Alphabet via CapitalG
  • die Hochbegabtenförderung umfasst 1 Stunde pro Woche
  • die Hochbegabtenförderung hat 0 Euro Budget und ist auf Spenden von Privatunternehmen angewiesen
  • 1 Lehrer ist für die Hochbegabtenförderung zuständig, der viel Freizeit für die Betreuung opfert
  • Magic.dev ist keine österreichische Firma, sondern hat sich mittlerweile in den USA angesiedelt

Offenbar hat Österreich also weder das Geld noch das Schulsystem noch umfassende Förderprogramme für Talente.

Magic made in the USA, not in Austria

Magic.dev ist sicher in einer sehr frühen Phase und wird noch einen weiten Weg gehen müssen, um Software zu schreiben, die Software schreibt. Es könnte dennoch gelingen, eine bessere Alternative zu Github Copilot zu bauen – ansonsten wäre wohl kaum der ehemalige Github-CEO Friedman an Bord gekommen. Gelingt es, dann wäre es eher schwierig, diesen Erfolg „Made in Austria“ zu nennen.

Sieht man sich die oben genannten Punkte an, dann versteht man schnell, warum Magic.dev hierzulande eine absolute Ausnahmeerscheinung ist. Das Schulsystem hat die Begabtenförderung in den Nachmittag geschoben, Steinberger und De Ro haben ihre schulischen AI-Projekte am Nachmittag und in den Sommerferien umgesetzt. Geld gibt es in der Schule genau keines, und wenn dann sich trotz allem doch ein Startup formiert, dass etwas Ganz Großes bauen will, dann gibt der heimische Kapitalmarkt auch nicht genug Geld her – und das Startup wandert in die USA ab. Magic made in the USA, not in Austria.

Stripe ist eine klassische europäische Fail Story

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