Land der Ströme

Chargeprice: Warum Ladestationen für E-Autos keine Preise anzeigen

© David Visnjic
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Die Elektromobilität entwickelt sich rasant, und damit wächst auch die Nachfrage nach einer verlässlichen Ladeinfrastruktur und transparenten Preisvergleichen. Einer der Vorreiter in diesem Bereich ist Niklas Hösl, CTO und Co-Founder von Chargeprice, einer der größten unabhängigen Preisvergleichsplattformen für Elektrofahrzeuge in Europa.

In einem Interview gibt er Einblicke in die Herausforderungen und Entwicklungen der österreichischen E-Ladelandschaft und erklärt, wie Chargeprice es Fahrern ermöglicht, die besten Tarife für ihre Ladungen zu finden. Hösl teilt außerdem seine Perspektiven zur Ladeinfrastruktur und der Preisbildung an Ladestationen.

Können Sie einen Überblick über die verschiedenen Lademöglichkeiten in Österreich geben?

Niklas Hösl: Die meisten Ladestationen in Österreich funktionieren relativ zuverlässig, was vor allem an der Säule selbst liegt. Die Alpitronic-Säulen sind die bekanntesten und wurden in Österreich am meisten verbaut. Die Südtiroler Firma Alpitronic liefert gerade in ganz Europa Stationen aus, was nicht überrascht: Mir kommt vor, sie haben schon fast ein Monopol. Das heißt, ganz viele Ladesäulenbetreiber kaufen diese Säulen zu und nutzen sie.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Normal und Schnellladen. Bei den Normal-Ladestationen, die in der Regel bis zu 22 kW haben, lädt das E-Auto einige Stunden während es geparkt ist. Je nach Fahrzeug sind das meistens drei bis fünf Stunden – manchmal etwas länger. Sie sind ideal, wenn man länger Zeit hat und eignen sich für Shoppingcenter-Parkplätze oder für die Ladung über Nacht. In Wien sind die Wien Energie-Ladestation das beste Beispiel. Die andere Kategorie sind die Schnelllader – speziell die Superschnelllader mit mehr als 150 kW. Sie sind in meinen Augen der Standard der Zukunft, weil sich das E-Auto je nach Modell in 10 bis 60 Minuten aufladen lässt.

Solche Lademöglichkeiten findet man vor allem in der Nähe der Autobahnen aber auch in ländlichen Gebieten. Mittlerweile gibt es außerdem einheitliche Steckertypen, um jedes E-Auto an jeder Ladesäule laden zu können. So funktioniert das Laden aber nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa. Die beste und günstigste Lademöglichkeit ist aber immer noch die Wallbox zu Hause mit Strom von der eigenen Photovoltaikanlage.

Wo sehen Sie Probleme bei der Ladeinfrastruktur?

Die Abdeckung durch Ladestationen ist schon relativ gut in Österreich. Das Argument, es gäbe zu wenig Ladesäulen, bringen meiner Meinung nach Personen, die noch niemals mit dem Elektroauto gefahren sind. Fährt man von Graz nach Linz oder nach Wien, findet man Säulen an fast jeder Raststation. In den Ballungszentren gibt es Schnellader zuhauf. Ladestationen sind vielleicht nicht so einfach zu finden wie Tankstellen, weil Tankstellen viel größer und besser beschildert sind und du sie schon von Weitem siehst.

Lediglich Dächer würde ich mir für Ladestationen wünschen – vor allem wenn es regnet. Auch in den österreichischen Nachbarländern gibt es genügend Stationen, sodass ein Urlaub mit dem E-Auto überhaupt kein Problem ist. Aber klar, die Ladeinfrastruktur noch weiter ausbauen, ist immer gut.

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Sprechen wir über die Preiszusammensetzung. Wie kommen denn die unterschiedlichen Preise bei den Ladesäulen zustande?

Grundsätzlich bringt die Installation einer Ladesäule ein gewisses Investment mit sich. Dabei muss der Netzanschluss von 600 kW berücksichtigt werden, was ziemlich viel ist. Es braucht also ein gut ausgebautes Stromnetz sowie Trafos in der Nähe, damit man von einem bestimmten Standort ins Stromnetz rein kommt. Der Aufbau einer Station mit der notwendigen Hardware ist also relativ teuer. Die Anbieter müssen die Einnahmen über mehrere Jahre kalkulieren und legen die Preise so fest, dass sich die Investition rentiert.

Es gibt zwar Förderungen, dennoch ist die Auslastung von Ladestationen aktuell noch nicht so hoch. Ein Großhandelsstrompreis von 10 Cent pro Kilowattstunde sollte daher nicht erwartet werden. Das wäre nicht fair, weil der Betrieb und die Installation eben tatsächlich viel kosten. Wünschenswert wäre, wenn sich der Preis bei 30 bis 50 Cent pro Kilowattstunde einpendelt.

© David Visnjic

Brauchen E-Autofahrer:innen Ladeverträge, um laden zu können? Ist das nicht umständlich?

Das Laden funktioniert aktuell in den meisten Fällen nicht mit der Bankomat- oder Kreditkarte, sondern über Ladeverträge. Abgeschlossen werden sie nicht mit dem Betreiber der Säule, sondern mit einem E-Mobilitätsanbieter – die wiederum auch selbst die Betreiber der Ladesäulen sein können. Wer in der Steiermark wohnt, hat vielleicht einen E-Mobilitätsvertrag mit Energie Steiermark. Mit der steirischen Ladekarte kann aber auch in Wien bei den Wien Energie-Ladestationen über Roaming geladen werden.

Viele Ladeverträge lassen sich bereits in ganz Europa anwenden, sodass man nicht 20 verschiedene braucht, sondern nur ein oder zwei. Oft gibt es Ladeverträge ohne monatliche Grundgebühr – das ist anders als bei Handyverträgen. 99 Prozent der Ladesäulen
sind allerdings auch ohne Vertrag nutzbar. Anstatt eines Kreditkartenterminals an der Ladesäule wird meistens ein QR-Code gescannt, der zu einer Webseite führt, wo die Bezahlung durchgeführt werden kann. Das ist nicht besonders nutzerfreundlich, aber grundsätzlich funktioniert es. Nur ist diese Möglichkeit von den Anbietern nie wirklich beworben worden.

Sobald man ein E-Auto hat, besitzt man einen Ladevertrag – das ist viel einfacher und das E-Auto lässt sich beinahe überall laden. Etwas Wichtiges zum Laden ohen Vertrag: Laut der neuen EU-Verordnung über den Aufbau der „Infrastruktur für alternative Kraftstoffe“, die seit Mitte April 2024 in Kraft ist, müssen alle neuen Ladestationen mit mindestens 50 kW Leistung über ein Kreditkarten-Terminal verfügen. Da alle neuen Säulen meist sowieso mindestens 150 kW haben, wird künftig beim Schnelllader eine Bezahlung per Kreditkarte möglich sein.

Ich schätze, in den nächsten fünf Jahren wird sich das flächendeckend durchgesetzt haben. Fakt ist, das öffentliche Laden ist beim Umstieg vom Verbrenner auf die E-Mobilität eine Umstellung. Man kann nicht mit der gleichen Erwartungshaltung ein E Auto laden wie einen Verbrenner tanken.

Warum haben E-Auto-Fahrer:innen aktuell keine Übersicht über den Preis an Ladesäulen?

Man bezahlt mit der RFID-Karte, indem man sie an die Station hält. Beim Laden mit Vertrag direkt an der Ladesäule gibt es keine Möglichkeit, den Preis einzusehen. Erstens, weil es nicht verpflichtend ist. Zweitens kann der Säulenbetreiber nicht genau wissen, wie viel der Endkundin oder dem Endkunden verrechnet wird, da der Vertrag mit dem Energieanbieter abgeschlossen wurde – zum Beispiel mit Energie Steiermark oder Wien Energie. Den Preis an der Säule anzuzeigen ist aktuell technisch nicht möglich.

Wenn man allerdings einen Ladevertrag abschließt, bekommt man ein Tarifblatt mit einer Preisübersicht. Die Preise sind außerdem stets über die Website oder Ladeapps der Anbieter einsehbar. Die Apps zeigen auch, welche Ladestation gerade frei ist und über sie lässt sich der Ladevorgang aktivieren.

Sie sind CTO von Chargeprice, eine App, die Auskunft über die besten Ladetarife für E-Fahrzeuge bieten will. Wie funktioniert das konkret?

Chargeprice ist eine Preisvergleichsplattform. Es gibt ungefähr 400 verschiedene Ladeanbieter in Europa und sie können ihre Preise komplett frei festlegen. Im Hintergrund laufen zwar Verträge mit den Ladesäulenbetreibern, aber die Tarife für Endkund:innen können individuell aufgesetzt werden. Es gibt zum Beispiel Flatrates, wo für 100 Euro im Monat beliebig oft geladen werden kann. Es kann Treuerabatte für Kund:innen geben, die denselben Energieanbieter für ihr E-Auto wie für ihren Hausstrom wählen, oder aber der Anbieter legt eine Gebühr von zehn Euro pro Monat fest und verrechnet bei Ladegang insgesamt weniger pro Kilowattstunde.

Man kann sich alle möglichen Tarifvarianten ausdenken – so ähnlich wie Mobilfunkbetreiber das machen. Die Endkundin oder der Endkunde wählt den Tarif aus, den sie oder er am geeignetsten findet. Chargepreis hilft dabei, den Anbieter mit dem besten E-Tarif zu finden, weil so viele verschiedene Tarifstrukturen vorhanden sind. Durch die freie Preisfestlegung ergeben sich teilweise extreme Preisunterschiede für einen bestimmten Ladevorgang.

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Wie wird Chargeprice in der Praxis angewendet?

Nach dem Runterladen der App wird ersichtlich, welche Ladestationen sich in der Nähe befinden. Man wählt eine Ladestation aus und bekommt jene Tarife aufgelistet, die bei der spezifischen Säule funktionieren. Wir fragen die Nutzer:innen nach dem E-Autotyp, wie viel sie laden wollen – ob es eine Vollladung oder nur 80 Prozent sein soll – und rechnen aus, welche Tarife am günstigsten ist.

Dann werden einfach die Gesamtkosten von dieser Ladung dargestellt und dann sieht man einfach, dass Anbieter A beispielsweise um zehn Prozent günstiger ist als Anbieter B. Je nach Modell laden E-Autos unterschiedlich schnell. An der Tankstelle wird ein Betrag pro Liter bezahlt, beim Laden ist neben der geladenen Energie auch die Ladedauer auschlaggebend für die Kosten. Dazu kommt, dass sämtliche Tarife unterschiedliche Laufzeiten haben. Manche ändern sich mehrmals täglich, andere über Jahre gar nicht.

Während zum Beispiel der Preis von Wien Energie relativ stabil bleibt, ändert Tesla seine Rate ungefähr einmal im Monat oder sogar noch öfter. Wie bei Tankstellen, fallen bei manchen Anbietern, z.B. Tesla je nach Standort unterschiedliche Kosten an. Unser großer Vorteil ist: Die Tarife sind schon im Vorhinein ersichtlich. Man muss sich nicht 30 Apps runterladen und auch nicht jede Station durchklicken, um Tarife zu vergleichen.

Wie viele Nutzer:innen hat Chargeprice aktuell und wie funktioniert Ihr Businessmodell?

Wir haben vor fünf Jahren gestartet und haben mittlerweile 70.000 monatliche Nutzer:innen in Europa. Die unübersichtliche Tarifübersicht ist ein Problem, das grundsätzlich in ganz Europa besteht. Wir recherchieren ständig, wo und wann ein neuer Tarif hinzukommt. Zusätzlich bekommen wir auch regelmäßig Feedback von den Anbietern und speisen dieses in unser System ein, das halbautomatisiert aktualisiert wird. Dabei besteht eine Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Partnern wie zum Beispiel mit dem ÖAMTC. Wir beide teilen die Vision von transparenten Preisen in der E-Ladelandschaft. Seit einigen Monaten werden OMV-E-Ladestationen aufgestellt, die jetzt auch in Chargeprice beworben werden.

Zum Businessmodell kann ich also Folgendes sagen: Wir arbeiten mit verschiedenen namhaften europäischen Ladeanbietern direkt zusammen. 90 Prozent des Umsatzes, den wir generieren, ist über B2B. Sie erhalten die Daten der Konkurrenz und können so ihre Marktanalyse betreiben und auf Preisänderungen reagieren. Die sich ständig ändernden Preise in der Praxis herauszufinden ist extrem aufwendig. Dafür braucht es nicht nur technisches Wissen, wie man an die Preise herankommt, sondern auch E-Mobilitätswissen und ein Verständnis für den Markt. Was wir anbieten, kann glaube ich aktuell keiner so gut wie wir.

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