Gastkommentar

12-Stunden-Tag: „Liebe Leute, die Arbeit wird weniger und nicht mehr“

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Als Unternehmerin bin ich natürlich dafür, dass wir auf unsere Talente aufpassen. Ja, es wird viel Einsatz erwartet. Und doch ist es gerade für mich aus dem Speedinvest-Heroes-Team wichtig, für die Mitarbeiter junger Firmen nicht nur Volleyballturniere, gemeinsame Breakfasts und Obstkörbe als Added Value zu organisieren. Ich will bei den Firmen von morgen auch gesunde, langfristige, diverse und exzellente Rahmenbedingungen aufbauen.

In diesen werdet ihr in den nächsten 40 – 50 Jahren arbeiten. Nicht nur Freundschaften, lebenslange Beziehungen, sondern klare Strukturen des Wachsens auf möglichst vielen Ebenen sollen hier entstehen: kommerziell, strukturell, beziehungstechnisch, monetär, kreativ und persönlichkeitsbezogen.

Wir sollten Internationale Trends nicht verachten

Und zur Produktivität noch Eins: ja, es gibt Spitzen, in denen es notwendig ist, ein Projekt fertig zu bringen, einen Sprint abzuarbeiten. Aber wir alle wissen, dass wir nicht 12 Stunden produktiv sein können. Soll es Flexibilität geben? Ja klar, aber bitte immer auch mit einer klaren Sicht auf die Rahmenbedingungen. Hier gilt für uns nicht dasselbe wie für körperlich arbeitende Menschen, für den berühmten Billakassier nicht dasselbe wie für Altenpfleger. Hier gilt es, die Arbeitswelt mit einer sehr differenzierten Brille zu betrachten und nicht internationale Trends zu verachten und auf 12-Stunden-Tage zu setzen.

Liebe Leute – to whom it may concern – die Arbeit wird weniger und nicht mehr! Deshalb braucht es sinnvolle Konzepte mit denen diesen begegnet wird und nicht solche, die das schon sehr harte Niedriglohnsegment noch mehr unter Druck setzen. Damit werden nicht nur weitere Gräben aufgerissen, sondern das bringt uns langfristig mehr Probleme, als es für uns und unsere Zukunft gut ist.

Eine neue Form der Betriebsräte für Startups

Und ja, wir sollten über Betriebsräte, über neue Formen der Interessenvertretungen in den Startups nachdenken. Denn es wird niemand für uns tun und es ist nicht nur unsere Arbeitszeit, sondern auch unser Leben, dass wir hier verbringen.

Ich bin politisch aufgewachsen mit vielen, mehr oder weniger politischen Tagungen, in denen uns Frauen genau diese Flexibilisierung der Arbeitszeit und des Arbeitsmarktes als Chance verkauft wurde. Auch ich habe das teilweise geglaubt.

Als Mutter kann ich nachts „flexibel“ sein

Als ich dann als Gründerin mit drei kleinen Kindern in der Nacht „flexibel“  gearbeitet habe, um auch am Nachmittag „Qualitytime“ mit ihnen verbringen zu können, war ich nicht mehr so überzeugt von all dieser Chancenvielfalt und – gleichheit.

Ich habe zweifelsohne viel dabei gelernt. Zum Beispiel, sehr effizient und klar im Kopf zu bleiben und immer zu wissen, welche Themen und Tasks im Moment zu priorisieren sind. War das gut? Keine Ahnung. Aber ich hatte diese Wahl für mich getroffen, hatte für mich entschieden, viele Jahre meines Lebens sehr unternehmerisch, sehr arbeitsintensiv zu verbringen. Aber was ist mit denen, die diese Entscheidung nicht für sich treffen können?

Die Interessen von Firmen sind für den Einzelnen zu groß

Sicher gilt es, flexibel auf Anforderungen zu reagieren. Es gibt sie, die Sondersituationen mit Großkunden, Sonderaufgaben und innovativen Ideen, die schnell umgesetzt werden müssen. Aber ist es dann wirklich die Aufgaben jedes Einzelnen und jeder Einzelnen immer flexibel darauf reagieren zu müssen? Braucht das nicht einen Puffer? Sind diese Interessen von Unternehmen und Organisationen für einen Einzelnen nicht zu groß? Braucht es nicht deshalb auch Stiftungen, Betriebsvereinbarungen und Hirnschmalz, um damit umzugehen?

Maria Baumgartner war Gründungsmitglied des ersten Speedinvest-Fonds und ist nun Chefin des Recruiting-Arms von Speedinvest, Speedinvest Heroes, den sie ebenfalls mitbegründet hat. Die leidenschaftliche Entrepreneurin hat sieben Firmen gegründet und zwei davon erfolgreich verkauft. 

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