Mehr als 450 Organisationen aus 49 Ländern fordern Boykott von russischem Öl und Gas
Raus aus Öl und Gas im Namen des Friedens – das fordern Klimaschutzaktivist:innen aus 49 Ländern weltweit. Unter der Prämisse „Solidarität mit der Ukraine. Ende der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, die Putins Kriegsmaschinerie am Laufen hält“, zeigen mittlerweile über 450 Organisationen aus 49 Ländern in einem Offenen Brief ihre Teilnahme. Sie rufen zu einem Boykott auf.
Die Forderungen wurden von einem dutzend Ukrainischer Klimagruppierungen aufgesetzt, darunter etwa das Ukrainian Climate Network, Das Institute for Urabn Development Ukraine oder die Ukrainian Nature Conservation Group. „Die Invasion der Ukraine durch die Russische Föderation unter der Führung Wladimir Putins ist ganz klar ein kriegerischer Angriff auf die Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine und zugleich eine schwere Verletzung von Menschenrechten, Völkerrecht und Weltfrieden“, so die Einleitung des Schreibens. Putin setze Erdgas ganz bewusst als Waffe ein, um seine Vormachtstellung im Energiebereich gegenüber der Europäischen Union noch weiter zu stärken.
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Ukrainekrieg durch Gas-, Kohle- und Ölimporte finanziert
Genauso sei klar, dass diese Kriegsmaschinerie von der Kohle-, Öl- und Gasindustrie finanziert und befeuert wird. Daher rufen die unterzeichnenden Institutionen eindringlich auf, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen schnellstmöglich und ein für alle Mal zu beenden. So sollen Putins Einkommensströme zum Erliegen gebracht werden. Direkt genannt wird der Boykott der Unternehmen Gazprom, Rosneft, Transneft, Surgutneftegas, LukOil und Russian Coal.
Knapp 50 Organisationen aus Deutschland haben die Forderungen bereits unterzeichnet (Stand: 4. März 2022), darunter etwa die Heinrich-Böll-Stiftung, das Bündnis für den sozial-ökologischen Wandel oder mehrere lokale Extinction Rebellion Gruppen. Aus Österreich hat sich bisher erst das Klimavolksbegehren dem Offenen Brief angeschlossen.
Bereits Boykott-Aktionen in der Energiebranche gegen Russland
Der Krieg in der Ukraine hat bereits ein Erdbeben in der Energiebranche ausgelöst und einige internationale Konzerne zum Rückzug aus dem russischen Geschäft bewegt. So kündigten die europäischen Energiekonzerne BP aus Großbritannien, Equinor aus Norwegen (Tech & Nature berichtete) und der italienische Ölkonzern ENI bereits an, sich aus dem Russlandgeschäft zu verabschieden. Auch der Ölriese Shell aus Großbritannien/Niederlande habe sich „aus Überzeugung zum Rückzug entschlossen“, wie der Shell-Vorsitzende Ben van Beurden bekannt gab. Aus den USA kündigte ExxonMobil ebenfalls die Abkehr aus dem russischen Geschäft an.
In Österreich reagierte auch die OMV. Sie brach die Verhandlungen mit Gazprom über den möglichen Erwerb einer 24,98%-Beteiligung am Urengoi-Erdgas- und Kondensatfeld ab. Außerdem wird die Beteiligung an der Nord Stream 2 Pipeline überprüft.
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Bayern prüft Ausbau von Atom- und Kohleenergie
Die jetzige Situation ist allerdings nicht nur ein Push hin zu den Erneuerbaren Energien wie sich zeigt. Insbesondere aus Sorge um die Versorgungssicherheit, könnten nun doch einige schon fast ad acta gelegte Energiequellen ein Revival erleben, zumindest in Deutschland. Das Bundesland Bayern prüft laut Informationen der „Augsburger Zeitung“ das Atomkraftwerk Gundremmingen wieder zu aktivieren. Die tatsächliche Entscheidung liege aber beim Bund und beim Betreiber. Das AKW wurde Ende des letzten Jahres abgeschaltet, als Teil des Atomausstieges Deutschlands. Ende diesen Jahres sollen nach den bisherigen Plänen auch die letzten Atommeiler vom Netz gehen.
Zudem wird auch der Fokus auf Kohle wieder verstärkt. Bisher wollte die neue deutsche Bundesregierung den Kohlenausstieg bestenfalls von 2038 auf 2030 vor verschieben. Nun aber könnte sich das vielleicht doch wieder ändern. So gab der deutsche Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gegenüber dem „Deutschlandfunk“ in dieser Woche an: „Kurzfristig kann es sein, dass wir vorsichtshalber, um vorbereitet zu sein für das Schlimmste, Kohlekraftwerke in der Reserve halten müssen, vielleicht sogar laufen lassen müssen.“ Zudem sind ebenfalls Vorgaben zum Anlegen von nationalen Kohlereserven für 30 Tage für die deutschen Kraftwerke, neben höheren Gasreserven, im Gespräch.