Mehr Frauen in Österreichs Vorständen, aber der Weg zur Parität ist noch weit
Die Anzahl weiblicher Vorstandsmitglieder in österreichischen Unternehmen haben laut dem Mixed Leadership Barometer der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY einen neuen Höchststand erreicht. Mit 10,1 Prozent ist der Frauenanteil in den Vorständen der im Wiener Börse Index (WBI) gelisteten Unternehmen gestiegen. Aber nicht zu früh freuen: Das entspricht 20 weiblichen Vorstandsmitgliedern von insgesamt 198. Im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich somit zwar ein Anstieg, doch die Geschlechterparität in Führungspositionen ist noch immer in weiter Ferne.
Anstieg erkennbar, aber er ist „schmerzhaft langsam”
„Österreichische Unternehmen, die ihre Vorstände kaum mit Frauen besetzen, verschenken nicht nur Potenzial, sondern auch Vielfalt, erhöhte soziale Performance, Mitarbeiterzufriedenheit sowie Innovation. Es wird Zeit, dass die Wirtschaft Diversität als Chance und als Wettbewerbsvorteil begreift. Aktuell ist in österreichischen börsennotierten Unternehmen nur jedes zehnte Vorstandsmitglied weiblich“, kommentiert Helen Pelzmann, Partnerin (EY Law) und Verantwortliche für die Initiative „Women. Fast Forward“ bei EY Österreich, die Ergebnisse.
Zu den Details: Von den 20 weiblichen Vorstandsmitgliedern sind nur zwei CEOs, während die meisten Frauen als Chief Financial Officers (CFOs) tätig sind (7). Sechs Frauen arbeiten in operativen Funktionen, darunter drei Chief Operating Officers (COOs). Obwohl in den letzten sieben Jahren die Anzahl der weiblichen Vorstandsmitglieder um 13 Personen gestiegen ist, haben immer noch 64 Prozent der Unternehmen keine einzige Frau in ihren Vorständen. Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten erreichte ebenfalls einen neuen Höchststand und liegt nun bei 30 Prozent.
Genderquote hat erheblichen Beitrag geleistet
Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Anteil der Frauen minimal von 29,7 Prozent auf 30 Prozent an. Von den 533 Aufsichtsratsmitgliedern in den WBI-notierten österreichischen Unternehmen sind 160 Frauen. In 50 der 56 untersuchten Unternehmen gibt es mindestens eine Frau im Aufsichtsrat, während 38 Unternehmen sogar zwei weibliche Aufsichtsratsmitglieder beschäftigen. Die gesetzliche Genderquote von 30 Prozent, die im Januar 2018 in Kraft trat, hat dazu beigetragen, den Frauenanteil in den Kontrollgremien zu erhöhen. Die Quote verlangt, dass mindestens 30 Prozent der Aufsichtsratsposten oder 33 Prozent der Vorstands- und Aufsichtsratsposten an das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht gehen. Diese Vorgabe hat die Themen Diversität und Gleichstellung verstärkt auf die Unternehmens-Agenda gerückt und zeigt deutliche Wirkung.
Insgesamt signalisieren die Zahlen, dass Fortschritte gemacht wurden, aber es noch einen langen Weg bis zur Geschlechterparität in den Führungsgremien österreichischer Unternehmen gibt. Die Förderung von Frauen in Führungspositionen sowie die Implementierung gesetzlicher Quoten werden als Schlüsselkomponenten auf diesem Weg angesehen.
Ab 2026 sollen mindestens 40 Prozent Aufsichtsratsposten bekommen
Auch Helen Pelzmann, betonte, dass trotz dieser Fortschritte weiterhin an der Schaffung von Parität in Führungspositionen gearbeitet werden muss. Sie forderte gezielte Programme zur Förderung von Frauen in Führungspositionen sowie transparente Gehaltsstrukturen, um langfristige Veränderungen zu bewirken.
Die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Wirtschaft erfordert umfassende Maßnahmen, darunter gezielte Programme zur Förderung von Frauen in Führungspositionen und transparente Gehaltsstrukturen. Zusätzlich sind rechtsverbindliche Vorgaben notwendig, wie sie von den EU-Mitgliedsstaaten und dem europäischen Parlament vorgeschlagen wurden. Ab 2026 sollen mindestens 40 Prozent der Aufsichtsratsposten oder 33 Prozent der Vorstands- und Aufsichtsratsposten dem unterrepräsentierten Geschlecht zugewiesen werden. Die Erfahrungen in Österreich zeigen, dass Veränderungen in der Geschlechterparität in Führungsgremien ohne solche gesetzlichen Vorgaben nur langsam voranschreiten.
In Bezug auf die Branchenverteilung zeigte die Immobilienbranche den höchsten Frauenanteil in Vorständen mit 23 Prozent, gefolgt von der Konsumgüterbranche (17 Prozent) und der Informationstechnologie (11 Prozent). Dagegen haben die Branchen Automobil, Telekommunikation und Transport derzeit keine einzige Vorständin.
Vereinbarkeit von Beruf und Familie für beide Geschlechter
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern ist dabei ebenso zentral: „Bis auf Ausnahmen wird das Zusammenspiel von Beruf und Familie fast ausschließlich als eine Frauen, aber nicht Männer betreffende Frage diskutiert. Lenkungs- und Vereinbarkeitsmaßnahmen für Männer wie Teilzeit oder Jobsharing werden in vielen Unternehmen wenig forciert. Um Frauen in Führungspositionen zu unterstützen, muss der Blick auf beide Geschlechter gerichtet werden und individuelle Lebensmodelle für Frauen sowie Männer müssen gefördert werden“, so Pelzmann.