Mehrweg statt Plastik: Pfand für Joghurtgläser und Milchflaschen kommt
Bereits seit Mitte 2018 setzt Ja! Natürlich bei Milch wieder auf Einweg-Glasflaschen. Nun wird die Milchflasche im nächsten Schritt auf Mehrweg umgestellt. Die Einführung ist durchaus kontroversiell und technisch auch nicht leicht umzusetzen, wie Geschäftsführerin Martina Hörmer in einem Interview mit dem Magazin Biorama erzählt. Außerdem werde das System ausgeweitet – und zwar auf Joghurt. Ab Herbst sollen die Joghurt-Gläser ebenfalls auf ein Pfand-System umgestellt werden.
Man habe bereits bei der Einführung der Milchglasflasche eine Mehrweg-Variante angestrebt, erklärt die Geschäftsführerin im Interview. Allerdings habe im Frühjahr 2018 (dem Zeitpunkt der Einführung, Anm.) niemand sagen können, wie die Glasflasche von den Leuten angenommen wird – insofern sei es der Molkerei damals zu riskant gewesen, in eine entsprechende Anlage zu investieren. Der Erfolg der Einweg-Flasche mach nun den nächsten Schritt möglich. „Im Herbst 2020 sollen die Joghurts im Mehrweg-Glas folgen“, bestätigt Martina Hörmer im Biorama-Interview.
Mehrweg-Flasche Ende 2020
Im Vergleich zum klassischen Tetrapack seien die Unterschiede in den Umweltauswirkungen zwar nicht signifikant. Glas-Mehrwegflaschen würden aber „deutliche Vorteile auf in Bezug auf die sehr hohe Recyclingfähigkeit und die deutliche Reduzierung eines möglichen Litterings (das achtlose Wegwerfen von Abfällen an öffentlichen Plätzen und in der Natur, Anm.) aufweisen einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion des Kunststoffeinsatzes im Verpackungsbereich“ leisten. Das werde auch mit Nachdruck von der österreichischen Bundesregierung gefordert. Martina Hörner meint abschließend dazu: „Unwidersprochen ist die Glas-Mehrwegflasche die nachhaltigere und ökologischere Verpackungsvariante gegenüber der Glas-Einwegflasche und dieser vorzuziehen. Wir sind daher froh, dass wir unsere Milchflasche in Kürze auf Mehrweg umstellen werden.“
Mehrweg bringt auch Nachteile
Das dürfte auch die Experten freuen. Im Gespräch mit FM4 meinte Lukas Hammer von Greenpeace Österreich schon 2018, dass Mehrwegflaschen aus Glas vier Mal klimafreundlicher als Einwegflaschen aus Glas sind. Die Einwegflasche aus Glas werde nach einmaligem Gebrauch weggeschmissen. Sie werde zwar recycelt, was gut sei, doch die Flaschen müssten auch gereinigt und unter sehr hohem Energieaufwand eingeschmolzen werden.
Trotzdem hat die Mehrweg-Flasche auch Nachteile, wie Schärdinger 2018 einer Kundin auf Nachfrage erklärte: „Warum Einweg-Glas? Zunächst ist Glas – egal ob Ein- oder Mehrweg – ein sehr nachhaltiges Verpackungsmaterial. Es ist im Gegensatz zu Kunststoff bzw. Verbundkarton zu 100% recyclebar und das beliebig oft! Wir haben uns für Einweg entschieden, da der Transport- und Reinigungsaufwand eines Pfandsystems schon jetzt so hoch wie die Kosten der Produktion neuer Flaschen ist.“
Bereits (fast) geschlossener Kreislauf
Die rasanten Fortschritte in der Glasherstellung hinsichtlich Ressourcenschonung deuten laut Schärdinger darauf hin, „dass Einweg-Glas zukünftig ganz klare Nachhaltigkeits-Vorteile gegenüber Mehrweg haben wird.“ Zudem liege die Recycling-Quote bei Glas in Österreich bei über 90 %, was zur Folge habe, „dass ein ganz großer Teil des Altglases wieder der Produktion von neuem Glas zugeführt wird und so ergibt sich auch ohne Mehrweg ein annähernd geschlossener Recycling-Kreislauf.“
Nächste Herausforderung: EU-Plastikrichtlinie
Ist in absehbarer Zukunft dieser Punkt ausdiskutiert, steht bereits die nächste Herausforderung vor der Tür: Die EU will, dass bis 2030 alle Verpackungsmaterialien recyclingfähig sein. Für Martina Hörmer ein schwieriger Schritt, wie sie gegenüber Biorama erklärt. Der Kunststoffbereich vor allem von Verbundmaterialen gestalte sich aktuell am schwierigsten. Zum einen seien „Mehrschichtverbunde aus Kunststoff in vielen Fällen nicht rezyklierbar“. Zum anderen gebe es aufgrund der hohen Produktanforderungen (z.B. Sauerstoff- und Wasserdampfbarrieren) „noch keine kreislauffähigen Lösungen für alle Produktanwendungen.“ Das Recycling von Plastikfolien sei zwar möglich, aber diese Folien dürfen für Lebensmittel aktuell nicht eingesetzt werden (Ausnahme PET). Wann es eine Zulassung für Lebensmittel gibt, sei offen.
Hörmer moniert außerdem, dass das Sammelsystem in Österreich nicht einheitlich aufgebaut ist und die Kundinnen aus ihrer Sicht zu wenig darüber informiert sind, welches Material in welchen Sammelbehälter muss.