„Meme-Coins“ überlasten Solana-Blockchain
Leena ElDeeb und Karim AbdelMawla sind Research Associates bei 21Shares, einem Krypto-Asset-Manager aus der Schweiz. In diesem Gastbeitrag beschäftigen sie sich mit den Auswirkungen von Meme-Coins auf die Solana-Blockchain.
Zum ersten Mal seit 2022 ist in der US-Industrie wieder Wachstum zu beobachten: Nach neuesten Daten des Institute for Supply Management (ISM) verzeichnen herstellende Betriebe wieder ein Wachstum, während auch der Verbraucherkonsum weiter hoch bleibt, was die Hoffnungen auf eine Senkung der Leitzinsen in der weltgrößten Volkswirtschaft wieder reduziert. Bestimmte Bereiche des Börsenmarktes reagierten darauf mit einer gewissen Enttäuschung, insbesondere im Tech-Bereich – wie etwa der Nasdaq und S&P500 , die in den folgenden zwei Tagen um 1 bis 2 Prozent nachgaben.
Viele dieser Unternehmen rechneten offenbar mit niedrigeren Leitzinsen und daraus folgend billigeren Kreditkosten. Der Arbeitsmarkt in den USA beendete die Woche indes ebenfalls mit guten Zahlen – was nicht gerade für Zinssenkungen spricht. Die am Freitag veröffentlichten Daten zu den Beschäftigtenzahlen außerhalb der Landwirtschaft zeigten, dass der Arbeitsmarkt stärker ist als je zuvor, da die Zahl der Beschäftigten um 303.000 gegenüber den erwarteten 200.000 stieg. Da die Ergebnisse des März bisher auf eine widerstandsfähige Wirtschaft hindeuten, wird die Fed die Zinssenkung wahrscheinlich aufschieben, um ihre Munition für den Bedarfsfall aufzubewahren.
FUD machen sich im April breit
In der Eurozone wiederum ist weiterhin eine Abschwächung der Inflation zu beobachten und die offizielle Teuerungsrate sank im März auf 2,4 Prozent. Dies bewegte EZB-Präsidentin Christine Lagarde zur Ankündigung, dass eine erste Zinssenkung während der Sitzung am 6. Juni wahrscheinlich sei. Schon heute, am 11. April steht eine EZB-Sitzung an, die aber vermutlich keine Zinssenkung bringen wird. Analysen von Morningstar zufolge ist die Konjunktur in der Eurozone „schwach genug, dass die Zentralbanken nicht befürchten müssen, sie durch Zinssenkungen zu überhitzen und stark genug, dass ein Stimulus in Form von Zinssenkungen das Wirtschaftswachstum effektiv ankurbeln könnte“ zu bewerten.
Faktoren wie Inflation und ausbleibende Zinssenkungen führten zu einer Stimmung, die oftmals mit dem Akronym FUD – fear, uncertainty, and doubt (Angst, Unsicherheit und Zweifel) beschrieben wird und sich am Markt mit dem Phänomen der Gewinnmitnahmen äußert. Dies begann schon im April, als ETFs an nur einem Tag fast eine Milliarde Dollar an Kapital verloren (siehe Abbildung 1).
Und am 2. April, einen Tag nach der Veröffentlichung des Berichts des Institute for Supply Management, hat die US-Regierung On-Chain-Daten zufolge rund 30.000 BTC an zwei identifizierte Adressen überwiesen: An „Coinbase Prime Deposit“ und an „U.S. Government: Silk Road DOJ Confiscated Funds“. Bei diesen Beständen handelt es sich um den Rest der rund 50.000 Bitcoin, die das US-Justizministerium ursprünglich im November 2021 in Zusammenhang mit dem Fall des Dark Net-Marktplatzes Silk Road beschlagnahmt hatte. Damals wurde ein Bitcoin noch mit über 60.000 Dollar gehandelt.
Letztes Jahr verkaufte die Regierung von den verbliebenen 50.000 BTC in zwei Chargen rund 20.000 BTC. Der ursprüngliche Plan sah vor, dass die Regierung die verbleibenden 30.000 BTC im Laufe des Jahres 2023 verkaufen würde, als das Asset weit unter 40.000 Dollar gehandelt wurde. Der Grund für die Verzögerung ist zwar spekulativ, aber Tatsache ist, dass die US-Regierung beim jetzigen Verkauf mindestens 6 Prozent Gewinn gemacht hat, im Gegensatz zum Verkauf im März und Juni 2023, der beide Male Verluste brachte.
Abbildung 1: Zu- und Abflüsse von Bitcoin Spot-ETFs in den USA
Quelle: Glassnode
Der Kurs des Bitcoin erlebte Anfang April einen leichten Rutsch nach unten – genau gesagt von 69.700 auf 65.000 Dollar. Schon am 8. April kletterte er wieder auf 70.000 Dollar. Diese Marktbewegung kann auch auf kurzfristige BTC-Besitzer zurückzuführen sein, die seit Anfang April mehr als 80.000 BTC angehäuft haben – sicher, um dem in etwa 10 Tagen erwarteten Halving und einem damit einhergehenden Kursanstieg zuvorzukommen.
Abbildung 2: BTC-Vorräte im Besitz von Langzeit- sowie Kurzzeithaltern (seit der Rallye im Oktober)
Solana und Drittanbieter arbeiten an Lösungen für Netzwerküberlastungen
Schon in unserem letzten Bericht gingen wir auf den aktuell zu beobachtenden „Meme Coin“-Hype auf der Solana-Blockchain ein. „TREMP“ und „BODEN“ sind nur zwei der Beispiele für mit humoristischen Motiven geschaffenen Coins, die nun durch ihre überraschende Popularität negative Konsequenzen für das Solana-Netzwerk haben. Denn die große Nachfrage um diese Coins führte zu einer Überlastung der Kapazität des Netzwerks, was zu Schwierigkeiten bei der Verarbeitung von fast 75 Prozent der nicht konsensbasierten Transaktionen (d.h. Transaktionen, Aktivitäten wie Swapping, Staking und Lending) geführt hat. Zugleich hatte Solana in den letzten Wochen mehr als 1,1 Millionen neue Nutzer zu verzeichnen – das Wachstum des Netzwerks im ersten Quartal 2024 war beispiellos, mehr als 1000 Prozent seit November letzten Jahres.
Die aktuelle Überlastung ist jedoch weniger durch diese neuen Nutzer entstanden, sondern in erster Linie durch einen Anstieg von Bot-gesteuerten Spam-Transaktionen, der durch die zunehmende Spekulation um Meme-Coins noch verstärkt wird. Bots zielen mit ihren Aktivitäten in der Regel darauf ab, Arbitrage-Möglichkeiten in einem florierenden Ökosystem auszunutzen. In der Tat haben diese automatisierten Programme eine beträchtliche Rolle bei der Katalyse der Netzwerkaktivität gespielt, die in den letzten Wochen in der Spitze etwa 55 Prozent ausmachte. Insbesondere am 18. März, als Solana an der dezentralen Börse (DEX) ein rekordverdächtiges Handelsvolumen von 26,7 Milliarden Dollar verzeichnete, entfielen davon 10,3 Milliarden Dollar auf Bot-Aktivitäten, wie in Abbildung 3 dargestellt.
Abbildung 3: Solanas Volumen unterteilt in Bot- und organische Aktivität
Quelle: Illemi auf Dune
Dementsprechend sind bereits mehrere Strategien im Gange, um die derzeitigen Einschränkungen der Netze zu beseitigen. Anza, ein auf Solana fokussierter Softwareentwickler, steht nun kurz vor der Veröffentlichung eines Updates seines Agava-Clients, das darauf abzielt, Engpässe im Netzwerk zu beseitigen und die Client-Software für eine effizientere Bearbeitung zahlreicher Anfragen zu optimieren. Darüber hinaus bereitet Solana ein Update auf Version 0.18 vor, das eine verbesserte Transaktionsverarbeitung durch eine neue Funktion namens „Transaction Scheduler“ verspricht. Dabei handelt es sich um ein Modul, das Transaktionen auf der Grundlage von Faktoren wie den Rechenanforderungen priorisiert und so eine effiziente Ausführung gewährleistet. Zuletzt soll auch die Einführung von „Priority Fees“ Abhilfe schaffen. Diese wird es Solana-Nutzern möglichen, zusätzliche Gebühren für eine höhere Transaktionspriorität zu verlangen und in den kommenden Wochen auf verschiedene Anwendungen ausgeweitet werden.
Uniswap: Dominoeffekt durch Gebühren-Switch?
Mehrere DeFi-Protokolle strukturieren aktuell ihre Businessmodelle um, um den Nutzen ihrer eigenen Token zu erhöhen. So beispielsweise das Blockchainprojekt Aave – mit einem verwalteten Vermögen (AUM) von fast 12 Milliarden Dollar das größte Geldmarktprotokoll im Kryptospace: Das Netzwerk steht kurz davor, seiner Community den Vorschlag eines „fee-switch“ zu unterbreiten. Marc Zeller, Gründer des Protokolls, gab bekannt, dass nächste Woche eine vorläufige Bewertung veröffentlicht wird, um die Reaktion der Aave-Nutzer auf den neuen Mechanismus zu analysieren (zur Erklärung: Aave ist als Dezentralisierte Autonome Organisation (DAO) organisiert, bei der Mitglieder der Organisation über wichtige Entscheidungen abstimmen).
Sollte der Vorschlag angenommen werden, könnte Aave damit beginnen, Einnahmen sowohl an Token-Inhaber als auch an Staker (Nutzer, die ihre Token zu Einnahmezwecken auf der Blockchain sperren, um Einnahmen damit zu erzielen), auszuschütten. Dieser Schritt scheint logisch, wenn man die aktuellen jährlichen Gewinne des Protokolls von circa 60 Millionen Dollar (siehe Abbildung 4) den jährlichen Ausgaben von etwa 12-15 Millionen Dollar gegenüberstellt.
Abbildung 4: Aave V2 – Monatliche Einnahmen über Ethereum, Polygon und Avalanche
Quelle: @xmc2 auf Dune
Infolgedessen könnte sich diese Strategie als überzeugende Geschäftsstrategie erweisen, die Anreize für die Unterstützung des Protokolls zu schaffen vermag und gleichzeitig die Funktion der Governance-Token neu gestaltet. Aave ist zudem nicht das einzige etablierte DeFi-Protokoll, das diesen Weg verfolgt. Denn auch Frax Finance, ein weiteres erstklassiges DeFi-Protokoll, aktivierte erst letzte Woche einen Gebühren-Switch. Der neu implementierte Mechanismus hat dazu geführt, dass etwa 400.000 US-Dollar an die Staker von Token ausgeschüttet wurden – Prognosen gehen von einer jährlichen Umsatzbeteiligung von etwa 20,8 Millionen US-Dollar aus.
Wie wir bereits im Februar betont haben, wird die Initiative von Uniswap wahrscheinlich als entscheidender Katalysator dienen und zahlreiche bestehende DeFi-Protokolle dazu inspirieren, ihre Strategie bezüglich der Rolle ihrer Token zu überdenken. Die regulatorischen Auswirkungen dieser Aktivitäten sind jedoch noch nicht vollständig geklärt, da der Token aufgrund des Switch-Mechanismus künftig möglicherweise als Wertpapier eingestuft werden könnte.
Rechtliche Hinweise:
Das in diesem Beitrag enthaltene Material dient ausschließlich Informationszwecken. 21.co und die verbundenen Unternehmen empfehlen keine Maßnahmen auf der Grundlage dieser Informationen. Das Material ist weder als Angebot oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers, noch als Anlageberatung auszulegen. Darüber hinaus stellen diese Informationen keine Zusicherung dar, dass die hier beschriebenen Anlagen für eine Person geeignet oder sinnvoll sind. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für künftige Kursentwicklungen.