MiCA ist fertig: EU will „Wilden Westen der Kryptowährungen“ beenden
Es ist eine Gratwanderung zwischen Regulierung und Innovation, aber in Brüssel will man es geschafft haben: Für die kommende Regulierung von Kryptowährungen in der EU namens MiCA (Markets in Crypto Assets) gibt es im sehr wichtigen Europäischen Rat eine Einigung. Die EU-Mitgliedstaaten bzw. ihre Vertreter:innen haben sich darüber verständigt, wer künftig wie Krypto-Assets verwenden, handeln und auf den Markt bringen darf. Konkret geht es um den Energieverbrauch von Krypto-Assets wie Bitcoin, um Stablecoins, um Lizenzen und um Anti-Geldwäsche-Maßnahmen.
„MiCA wird die Europäer:innen, die in diese Vermögenswerte investiert haben, besser schützen und den Missbrauch von Krypto-Vermögenswerten verhindern und gleichzeitig innovationsfreundlich sein, um die Attraktivität der EU zu erhalten. Diese wegweisende Verordnung wird dem wilden Westen der Kryptowährungen ein Ende setzen und die Rolle der EU als Standardsetzer für digitale Themen bestätigen“, so der französische Finanzminister Bruno Le Maire in einem offiziellen Statement.
MiCA ist vor dem Hintergrund der mittlerweile längst wieder abgesagten Bestrebungen von Meta/Facebook zu verstehen, einen eigenen Stablecoin auf den Markt zu bringen. Das Projekt ist längst wieder abgesagt, doch als Mark Zuckerberg im Sommer 2019 Pläne für eine eigene Kryptowährung namens Libra (später Diem) präsentierte, schrillten auch in Brüssel die Alarmglocken – was dann schließlich Anstoß für eine breite Regulierung von Kryptowährungen war.
Was also bringt MiCA nun konkret? Folgende Punkte:
1. Klima-Labels für Krypto-Assets
Ein De-Facto-Verbot von Bitcoin wegen dem Energie-hungrigen Konsensverfahren „Proof of Work“ (aka. Mining) ist längst vom Tisch, aber: Künftig werden die Anbieter:innen von Krypto-Assets BTC und Co. irgendeine Art von Label umhängen müssen, das darüber Auskunft gibt, wie „grün“ bzw. umweltschädlich sie sind. Wie das im Detail aussehen wird, ist noch sehr offen.
„Die Akteure auf dem Markt für Krypto-Assets werden verpflichtet sein, Informationen über ihren Umwelt- und Klima-Fußabdruck offenzulegen. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) wird Entwürfe technischer Regulierungsstandards für den Inhalt, die Methoden und die Darstellung von Informationen über die wichtigsten negativen Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima ausarbeiten“, heißt es seitens EU-Rat. „Innerhalb von zwei Jahren wird die Europäische Kommission einen Bericht über die Umweltauswirkungen von Krypto-Assets und die Einführung verbindlicher Mindestnachhaltigkeitsstandards für Konsensmechanismen, einschließlich Proof-of-Work, vorlegen müssen.“
Das bedeutet, dass auch Bitcoin, Ethereum und die anderen Krypto-Assets unter das Regelwerk der EU-Taxonomie fallen werden. Diese regelt, was als nachhaltiges Investment gilt – unter anderem definiert es auch, ob etwa Atomkraft oder Gas als „grünes“ Investment zu sehen sind. In der Praxis müsste das in etwa so aussehen: Wenn man Bitcoin in einer App kauft, müsste es ein Symbol geben, dass Aussage darüber trifft, wie es um den Energieverbrauch steht.
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2. Blacklist für Krypto-Firmen
MiCA ist keine direkte Regulierung, wie Krypto-Assets und Firmen, die damit zu tun haben, was in Sachen Anti-Geldwäsche zu tun haben – das fällt wie berichtet unter den AML-Richtlinien der EU, die den gesamten Finanzmarkt und eben nun auch Krypto-Assets betreffen. Aber immerhin soll es eine Art Pranger für jene CASPs (Crypto Asset Service Providers) geben, die die EU-Regeln nicht erfüllen. Darauf basierend können dann weitere Maßnahmen bis hin zu verboten getroffen werden.
„Die Europäische Bankaufsichtsbehörde (EBA) wird damit beauftragt, ein öffentliches Register der Anbieter von Krypto-Vermögenswerten zu führen, die die Vorschriften nicht erfüllen. Krypto-Asset-Dienstleister, deren Muttergesellschaft in Ländern ansässig ist, die auf der EU-Liste der Drittländer mit hohem Geldwäscherisiko sowie auf der EU-Liste der nicht kooperativen Steuergebiete aufgeführt sind, müssen verstärkte Kontrollen im Einklang mit dem EU-Rahmen für die Bekämpfung der Geldwäsche durchführen. Auch für die Anteilseigner und das Management der CASPs können strengere Anforderungen gelten, insbesondere im Hinblick auf ihre Lokalisierung“, heißt es.
So ist nun auch verständlich, warum vor allem Binance in vielen europäischen Ländern Tochtergesellschaften eröffnet hat. So will das Unternehmen, das bisher eigentlich standorttechnisch und rechtlich kaum greifbar war, den wichtigen EU-Markt regulatorisch für sich erobern.
3. Stablecoins müssen registriert werden
Der Kollaps von Terra/LUNA hat es aufgezeigt: Stablecoins und ihre Deckung müssen streng kontrolliert werden. MiCA sieht auch deswegen vor, dass die Emittenten von Stablecoins „ausreichend liquide Reserve im Verhältnis 1:1 und teilweise in Form von Einlagen“ bilden müssen. Jeder so Stablecoin-Inhaber muss vom Emittenten jederzeit und kostenlos wechseln können, und die Regeln für die Verwaltung der Reserve werden auch eine angemessene Mindestliquidität vorsehen.
„Darüber hinaus werden alle so genannten „Stablecoins“ von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) beaufsichtigt, wobei eine Präsenz des Emittenten in der EU eine Voraussetzung für jede Ausgabe ist“, heißt es. De facto müssten also etwa Tether oder Circle Firmen in der EU aufmachen, die von der EBA kontrolliert werden, damit sie künftig weiter USDT oder USDC europäischen Nutzer:innen anbieten dürfen.
Da nun aber das Gros der Stablecoins den US-Dollar abbildet und nicht den Euro, will die EU trotzdem dazwischen funken. Dazu werden so genannte Asset-Referenced Tokens (ARTs) definiert. „Die Entwicklung vermögensbezogener Token (ARTs), die auf einer außereuropäischen Währung basieren und ein weit verbreitetes Zahlungsmittel sind, wird eingeschränkt, um unsere Währungssouveränität zu wahren. Emittenten von ARTs müssen einen eingetragenen Sitz in der EU haben, um die ordnungsgemäße Beaufsichtigung und Überwachung des öffentlichen Angebots von wertpapierbezogenen Token zu gewährleisten.“
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4. CASPs brauchen EU-Genehmigung
Heute ist es noch so, dass EU-Bürger:innen zu jeder Exchange der Welt surfen können, um dort Krypto-Assets zu handeln. Das wird sich mit MiCA voraussichtlich ändern. Denn um Dienste in Bezug mit Kryptowährungen in der EU anbieten zu dürfen, bedarf es unter MiCA einer Lizenz.
„Krypto-Asset-Dienstleister (CASP) benötigen eine Genehmigung, um in der EU tätig zu werden. Die nationalen Behörden müssen die Zulassungen innerhalb von drei Monaten erteilen. Die nationalen Behörden werden der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) regelmäßig einschlägige Informationen über die größten CASPs übermitteln“, heißt es aus Brüssel.
Celsius Network, Huobi, Gemini und so weiter – all diese Firmen werden sich bei der ESMA eine Lizenz holen müssen, um weiter Geschäfte in der EU machen zu können.
5. NFTs fallen nicht unter MiCA
Der relativ neue Hype rund um NFTs hat es nicht mehr in MiCA hinein geschafft und werden von der Verordnung nicht direkt tangiert. „Nicht-fungible Token (NFTs), d. h. digitale Vermögenswerte, die reale Objekte wie Kunst, Musik und Videos darstellen, werden vom Anwendungsbereich ausgenommen, es sei denn, sie fallen unter bestehende Krypto-Vermögenskategorien. Die Europäische Kommission wird beauftragt, innerhalb von 18 Monaten eine umfassende Bewertung vorzunehmen und gegebenenfalls einen spezifischen, verhältnismäßigen und horizontalen Legislativvorschlag auszuarbeiten, um eine Regelung für NFT zu schaffen und die sich abzeichnenden Risiken eines solchen neuen Marktes anzugehen“, heißt es. Die EU-Kommission wird damit also beauftragt, eine Extra-Regelung für NFTs zu entwerfen.
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Inkrafttreten ab 2023
Mit dem Beschluss des Europäischen Rats von MiCA ist der Trilog zwischen den Rat, der EU-Kommission und dem EU-Parlament beendet. Rat und Parlament müssen MiCA noch formal absegnen. Dann kann die Verordnung Ende 2023 in Kraft treten und wie ein nationales Gesetz in den EU-Mitgliedsstaaten gelten.