Mini-CO2-Recycler: Bakterien verwandeln Kohlenstoff in wichtige Rohstoffe
Damit die Wirtschaft in Zukunft kohlenstoffneutral arbeitet, sucht die Wissenschaft vermehrt nach Wegen, Kohlenstoff recycelt als Rohstoff nutzbar zu machen. Da sind oft kreative Ideen gefragt. So zieht das britische Startup Heimdal etwa CO2 aus dem Meer, um daraus Zement herzustellen, wir berichteten. Auch die Wissenschaft forscht eifrig nach Wegen, Kohlenstoff aus der Umwelt zu holen, auf die vorher wohl kaum jemand gekommen wäre. Forschende der Technischen Universität Wien haben laut einer aktuellen Studie in der Fachzeitschrift „Metabolic Engineering“ einen Weg gefunden, CO2 aus der Luft mithilfe von Bakterien in Essigsäure, Milchsäure und Ethanol umzuwandeln. Diese sind somit dann wiederum der Grundstein für die Produktion von bisher ölbasierten Materialien und Kraftstoffen.
CO2 aus der Luft verwenden
Bis aus CO2 ein wiederverwendbarer Stoff werden kann, ist ein mehrstufiger Prozess nötig. Zunächst wird CO2 aus der Luft abgeschieden, gespeichert und mithilfe erneuerbarer Energie in Formiate umgewandelt. Laut dem Wissenschaftsmagazin Spektrum sind das Salze, die etwa bei der Reaktion von Ammoniak und Ameisensäure entstehen. Dieses Formiat, das dann den Kohlenstoff aus der Luft beinhaltet, dient als ideale Nahrung für sogenannte Acetogene, eine bestimmte Gruppe von Bakterien.
Acetogene haben die Eigenschaft, dass sie Formiate sehr gut in Essigsäure umwandeln können. Diese kann in vielen Bereichen eingesetzt werden, unter anderem als Säuerungsmittel für Obst und Gemüse, bei Fisch, Konserven, Marinaden, Mayonnaisen und für das Einlegen und Abwaschen von frischem Fleisch verwendet. Die Industrie nutzt Essigsäure etwa bei der Produktion von Kosmetikartikel, oder in der Textil-, Leder- und Papierverarbeitung.
Bakterien als Teil des Kohlenstoff-Kreislaufes
Laut den Forschenden ist es zudem möglich, das Bakterium gentechnisch so zu verändern, um statt Essigsäure Ethanol oder Milchsäure zu produzieren. Ethan bildet etwa die Basis für Kraftstoffe, aus Milchsäure lässt sich etwa biologisch abbaubarer Kunststoff herstellen. So könnten Stoffe, die auf Öl basieren, künftig durch Varianten, ausgetauscht werden, die durch Bakterien entstanden sind. „Dies wäre nicht nur im Sinne der Bioökonomie, auch könnten CO2 und Kohlenmonoxid, die bei der Verbrennung von Kraft- oder Kunststoff entsteht, wieder zum Ursprungsprodukt werden“, schreibt TU-Wissenschaftler Stefan Pflügl, Mitautor der Studie, in einer Aussendung.
„Das langfristige Ziel wäre es im Endeffekt alle Basischemikalien und Bausteine auf diese Weise herzustellen“, schreibt Pflügl auf Anfrage von Tech & Nature. Noch befindet sich die Bakterien-Technologie allerdings im Entwicklungsstadium. Laut Pflügl ist das Verfahren aber prinzipiell skalierbar. „Es braucht natürlich ausreichend erneuerbare Energie, um aus CO2 das Formiat herzustellen“, so Pflügl. „Und einen entsprechenden CO2-Preis, damit die Wirtschaftlichkeit gegeben ist.“ Das könnte die Industrie entsprechend auch davon überzeugen, den bereits vorhandenen Kohlenstoff zu nutzen, statt neuen zu produzieren.