Mini-PV-Anlagen für den Balkon: Verteufelt nicht die ersten Schritte
Strom direkt am Balkon erzeugen: Was in der Theorie wunderbar klingt, hat in der Praxis nicht nur Vorteile. Dazu kommen Anschaffungskosten, die amortisiert werden wollen und einige Unklarheiten, etwa was die Möglichkeiten für Mieter:innen betrifft. Der Hype erscheint darum erst einmal übertrieben – was aber nicht heißt, dass Balkonkraftwerke verteufelt werden müssen. Sie könnten ein Türöffner sein.
PV-Anlagen am Balkon werden offiziell als “Kleinsterzeugungsanlagen” geführt und sind damit auf 800 Watt Einspielleistung limitiert. Dafür sind sie einfach zu installieren, etwa mit Klettbändern oder Kabelbindern direkt am Balkongeländer, schnell angeschlossen und mit rund 450 bis 3000 Euro in der Anschaffung zu stemmen. Mieter:innen sollten sich allerdings vorab mit den Eigentümern austauschen, bei Häusern mit mehreren Eigentümer:innen auch mit den Nachbarn. Theoretisch braucht es von allen Eigentümer:innen eine Zustimmung.
PV am Balkon: Die Nachfrage ist da
Trotz der Hürden boomt der Sektor: In Deutschland gibt es Schätzungen zufolge bereits bis zu eine halbe Million installierte Minisolaranlagen. Für Österreich gibt es keine aktuellen Angaben, man kann aber davon ausgehen, dass die Zahl hierzulande fünfstellig ist. Viele Hersteller sind ausverkauft, die Lieferzeiten werden länger. Das auch, weil vielfach gefördert wird: Die Stadt Graz etwa zahlt für die Anschaffung einer „Kleinst-Photovoltaikanlage“ für den Balkon 60 Prozent der Anschaffungskosten, bis zur Höhe von 600 Euro.
Die Situation zeigt also: Das Interesse in der Bevölkerung ist da, die Menschen wollen autark Energie erzeugen und sich zumindest ein kleines Stück weit unabhängig von den Netzbetreibern machen. Ja, es gibt viele Fälle, wo es an den Hauseigentümergemeinschaften scheitert und ja, das Dach wäre als Installationsfläche meist (noch) sinnvoller. Unklar ist zudem seit jeher, ob Plug-in-PV-Anlagen überhaupt rechtlich zulässig sind. “Es existiert jedenfalls eine elektrotechnische Norm (OVE E 8101), die den direkten Anschluss via Schuko-Stecker nicht billigt”, heißt es beim OVE.
Es braucht klare Richtlinien
Was all diese Beispiele gemeinsam haben? Sie zeigen, dass nicht die Solarpanele an sich das Problem sind, sondern die Rahmenbedingungen drumherum. Es kann nicht sein, dass ein Eigentümer eine PV-Anlage verhindert, weil das den Balkon verschandelt. Das würde ja voraussetzen, dass die Außenflächen der Wohnungen allesamt höchsten optischen Ansprüchen genügen, die dann nicht mehr gegeben sind. Wer einmal mit offenen Augen durch Wien marschiert ist, weiß: Das ist nicht der Fall. Der Sperrmüll am Balkon ist okay, die PV-Anlage gefällt aber nicht?
Darüber hinaus muss es klare gesetzliche Richtlinien zur Einspeisung in das Stromnetz geben und auch der Förderdschungel lässt sich sicher entwirren. Mag sein, dass eine PV-Anlage am Balkon maximal die Außenbeleuchtung kostenlos mit Strom versorgen kann. Was aber, wenn jeder Balkon, jede Terrasse Strom einspeist? Dann macht Kleinvieh auch Mist, wie es so schön heißt. Dafür muss der Gesetzgeber aber erst einmal die Voraussetzungen machen. Was uns unabhängig von fossilen Brennstoffen macht, muss eine Rolle spielen können – unabhängig von Größe und Leistung.
Das ist der eine Teil unserer Kommentarserie Double Trouble. Die Meinung von Jakob Steinschaden zu Balkonkraftwerken liest Du hier:
Balkon-„Kraftwerke“ verdienen ihren Namen noch nicht – leider