Subotron Studio Tour

Wiener Studio Mi’Pu’Mi: Egoshooter finanziert Games mit Tiefgang

Das Team von Mi'pu'mi © Mipumi Games
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„Drei Schritte vorwärts“ heißt auf Japanisch „Mi pu mi“. Gregor Eigner, Tobias Sicheritz, Jurie Horneman und Ronald Kalchhauser wollten mit diesem Firmennamen einen neuen Aufbruch signalisieren. Sie bezogen sich mit diesem Motto auf die „dunklen“ Kapitel der Wiener Spieleszene. Früher hatte Österreich mit Studios wie Jowood, Max Design und Neo Software / Rockstar Vienna einiges mitzureden in der Spielindustrie. Dem Höhenflug von Rockstar Vienna wurde 2006 ein abruptes Ende gesetzt. Das Unternehmen habe zu viele Studios und zu hohe Kosten gehabt, heißt es heute. Die Mi’Pu’Mi-Gründer kannten sich von dort. Sie wollten aus den negative Erfahrungen ihre Lehren ziehen: gute Planung, immer kleine Schritte vorwärts, ein Schritt nach dem anderen, lautet die Herangehensweise. Die Erfolgsgeschichte zum zehnjährigen Jubiläum gibt ihnen Recht. Mittlerweile ist Mi’Pu’Mi auf 25 Mitarbeiter angewachsen – ein guter Mix aus alteingesessenen Hasen und hochtalentierten akademischen Absolventen.

Exportquote in der Gaming Branche: 95 Prozent

Mi’Pu’Mi ist in mehreren Auftragsarbeiten involviert. Bekanntester Kunde ist wohl der dänische Computerspiel-Entwickler IO Interactive. Er steckt hinter der erfolgreichen Hitman-Serie rund um den im Genlabor erschaffenen Auftragsmörder. Die Spielschmiede entwickelt Werkzeuge, die es dem Content Team ermöglicht, einfach und schnell neue Inhalte zu generieren. Das betrifft zB. Leveldesign, Lokalisation, Animation, Audio. Sie helfen IOI aber auch, diese gesamte Technologie weiter zu entwickeln und unterstützen außerdem im Online Bereich, im Rendering und in der Gameplay Programmierung.

„Alle Projekte beruhen auf langjährigen und vertrauensvollen Geschäftsbeziehungen mit unseren Partnern“, sagt Martin Filipp. Es gehe um die tagtägliche Anstrengung zu lernen, sich zu verbessern und diese positive Einstellung in die Welt zu tragen. Dadurch erlangt man internationale Aufmerksamkeit. Denn eines steht fest: Kein Entwickler kann nur vom österreichischen Markt existieren. Die Aufträge kommen aus dem Ausland. Die Exportquote liegt in der Branche bei 95 Prozent mit Ausrichtung auf Nordamerika, England, Deutschland, Frankreich und Spanien. Die österreichischen Entwickler lukrieren einen Umsatz von 20 bis 25 Millionen Euro – bei einem globalen Gesamtumsatz von 140 Milliarden Euro ist das ein winziger Anteil.

Österreichs erste Spielschmiede im Schladming der 90er

Ein ursprünglich heimisches Produkt ist die Computerspielserie „Anno“ aus dem Genre Wirtschaftssimulation. Der Spieler leitet eine Expedition. Die Marke stammt aus den 90er Jahren und – es klingt vielleicht unerwartet – aus Schladming. Dort wurde 1991 Österreichs erstes kommerzielles Computerspielunternehmen „Max Design“ gegründet. Weltweiter Publisher von Anno ist jetzt Ubisoft. Mitarbeit aus Österreich gibt es weiterhin, denn Mi’Pu’Mi setzte das Spiel für Mobile Geräte und Tablets um und bedient es mit neuen Inhalten. Ein weiterer Partner in der Work-for-Hire-Schiene ist das finnische Entwicklerstudio Remedy Entertainment.

The Lion’s Song

Mit all diesen Auftragsarbeiten verdient Mi’Pu’Mi Geld für die Eigenproduktionen. Das größte Projekt war bisher The Lion’s Song, ein Episodentitel, der in Wien um die Jahrhundertwende spielt. Angelehnt an die Wiener Moderne, wo in Wissenschaft, Kunst, Kultur viel passiert ist, geht es um Kreative in einer Schaffenskrise. Pro Episode hilft man einem Künstler zum Durchbruch – einer Komponistin, die im Musikvereinssaal zusammen mit Mahler aufführt, einer Mathematikerin, die sich in der männerdominierten Akademikerwelt durchsetzt und einem Maler. Es geht um Muse, Kreativität, Umsetzung und Selbstreflexion. „Wir als Spielentwickler kennen diese Situation recht gut“, sagt Mipumi-Entwickler Martin Filipp.

Keine klassischen Shooter, keine muskelbepackten Männer, keine Stereotype

„Klassische Shooter, muskelbepackte Männer, die durchs Spiel laufen – das interessiert unser Designteam nicht“, erklärt er, „wir wollen neue Sachen machen mit spannenden Protagonisten und andere Zielgruppen ansprechen.“ Auch die aktuelle Arbeit dreht sich um eine starke Frauenfigur, verrät er schon. Das sei einerseits für das Medium Spiel interessant und andererseits auch ein Anliegen: weg von Stereotypen, und mit progressiven Inhalten Geschichten erzählen. „Wir treten nicht an gegen andere Spielefirmen, sondern gegen den Faktor Zeit. Es gibt so viele Medien, die man konsumieren kann – Serien, Spiele, Zeitschriften, Filme, Bücher – der Spieler muss gewillt sein, mit uns Zeit zu verbringen“, begründet Filipp den Antrieb und die Begründung für den tieferen Sinn im Spiel.

Eher Arthouse nicht Popcorn

Kann man in Österreich eigentlich mit Games gut Geld verdienen? Laut Filipp gibt es hierzulande 500 Entwicklerstellen, die professionell Spiele machen und davon leben können. Größter Anbieter ist Bongfish in Graz mit 80 Mitarbeitern.

Also, man kann in Österreich als Spielentwickler leben, aber nicht vom österreichischen Markt. The Lion’s Song hätte sich nicht selber getragen. Es ist ein Nischenprodukt, auch weil es in Pixel Art Grafik ist, die ihre Liebhaber gefunden hat. Das Spiel wurde sehr erfolgreich aufgenommen und habe gute Kritiken bekommen. Die anspruchsvolle Geschichte, gehe „eher in Richtung Arthouse und nicht Popcorn“, meint Filipp.

Der Markt war in Summe nicht groß genug, um das Spiel kommerziell erfolgreich zu machen. Zu bedenken gilt auch: Die Produktion eines kleineres Spiel braucht rund eineinhalb Jahre, bei großen Titeln doppelt so lange. Man weiß nicht, ob zur Veröffentlichung die Idee und das Konzept noch den Zeitgeist treffen. Aber das Risiko müsse man eingehen, finden die Macher von Mi’Pu’Mi. „Wir wollen nicht nur mit Spielen arbeiten, sondern auch selbst welche machen.“

Event-Tipp:

Subotron Studio Tour, 5. April

Welche Ausbildungen haben die Entwickler absolviert? Wie entsteht ein Spiel? Braucht es nur ein paar Schreibtische oder eine straff organisierte Bürostruktur? SUBOTRON besucht bei seiner Studio Tour auch Mi’Pu’Mi.

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