Moderne Praxis-Outfits für den Mediziner von Welt anstatt ausgewaschener und verschnittener Arztkittel: Das neue Wiener Startup mjuks hat zwar nicht die ganz große Medizinrevolution in petto, aber einen Markt für sich entdeckt, der vielversprechend genug ist, um eine eigene Firma zu gründen. Jakob Hohenberger und Gregor Kury (beide 26) starten heute mit ins Rennen um den riesigen Markt für Bekleidung im Gesundheitswesen – und wollen mit einem Stoff punkten, der Stoff antibakterielle und geruchsneutrale Eigenschaften hat und dann auch noch von portugiesischen Produzenten kommt, die sonst auch für Gucci und Prada schneidern.
Im Interview erläutert Gregor Kury, welchen Markt mjuks adressiert, was die Vorteile des Hightech-Stoffs sind, warum man in Portugal produziert und wie der Vertrieb via Online-Shop klappen soll.
Trending Topics: Welches konkrete Problem löst das Produkt?
In der Vergangenheit war das wichtigste Attribut von Praxiskleidung sie auskochen zu können, das heißt bei 90 Grad zu waschen. Die Herangehensweise hat die letzten 100 Jahre einfach niemand mehr hinterfragt. Selbst für viele unserer Test-Kunden war es völlig klar, dass sich ihre Kleidung wie Kratz Papier anfühlt – die waren dann komplett überrascht als sie zum ersten Mal unseren Prototypen probiert haben. Gesundheitsberufe sind zusätzlich noch Hochleistungs-Berufe, den ganzen
Tag gehts von links nach rechts, rauf und runter und da muss die Kleidung auch mit.
Es gab bis heute einfach keine Kleidung, die jede Herausforderung des Alltags in der Praxis abgedeckt hat. Es war immer entweder oder. Entweder steril oder bequem, entweder robust oder elastisch. Über die Zeitgerechtigkeit von Katalogversand brauch ich glaub ich gar nicht reden.
Wie seid ihr darauf gekommen, neue Arbeitskleidung zu entwerfen?
Die Idee entstand bei einem in der ersten Corona-Welle üblichen virtuellen Feierabendbier, mit einem befreundeten Arzt der uns nicht nur von den extremen Schichten und Arbeitsbedingungen erzählt hat, sondern für ihn damals genauso schlimm seine Arbeitskleidung. Er hat das damals so schön bildlich beschrieben, wenn er am Ende seines Tages seine Arbeitskleidung auszieht ist das wie am Ende eines Skitages die Skischuhe auszuziehen. Jeder kennt das Gefühl – extrem befreiend! Und zu Beginn wollten wir ihm eigentlich nur was Gutes tun und haben nach Alternativen für ihn gesucht, gab’s aber keine.
Dann haben wir entschieden, wir probieren es einfach mal selbst.
Was ist nun die genaue Innovation an der Kleidung?
Mit unserem selbst entwickelten Stoff „SEALx“ können wir als erster Anbieter Komfort mit Funktion verbinden. Bis jetzt war es immer nur ein Entweder oder. Das darf es aber nicht sein, weil Praxiskleidung so unbequem wird, dass man in der Praxis nämlich sehr gerne darauf verzichtet. Statt auskochen gibt, wird bei uns jede Faser im Produktionsprozess mit Silber ummantelt und erhält dadurch eine antibakterielle Wirkung. Wo man früher den ganzen Tag mit Bakterien herumgelaufen ist, um sie abends einmal auszukochen, gibts jetzt auch tagsüber schon Schutz für Patienten wie Ärtz:innen.
Ein Disclaimer: Antibakterielle Eigenschaften sind auch kein Allheilmittel, das sich gegen alle Virenstränge einsetzten lässt, das wollen wir auf keinen Fall vermitteln.
Weiters gibts bei uns Kundenservice statt Papiermüll. Unsere Kunden sind meistens von Morgens bis Abends mit Patiententerminen durchgetaktet. Das Letzte, was man nach einem anstrengenden Arbeitstag möchte, ist auch noch
einen 200-seitigen Katalog durchzublättern, um das passende Arbeits-Outfit zu finden. Deswegen gibts mit unserer Sample-Box für Ordination-Teams die Chance, die Kleidung stressfrei in ihrer Ordination zu probieren, um ihnen
ihnen die Zettelwirtschaft mit Erlagscheinen und Fax, wie es teilweise von Marktbegleitern umgesetzt wird, zu ersparen und es ihnen so leicht wie möglich zu machen.
Wie viel kostet ein Stück?
Ein Outfit, bestehend aus Top und Hose, kostet 106 Euro. Ist fair in Portugal produziert und besteht im Gegensatz zu derzeitigen Standards aus hochwertigsten Materialien. Unser Stoffproduzent produziert auch für Luxusmarken wie Gucci und Prada. Natürlich könnten wir es für 30 Prozent billiger anbieten, wenn wir es aus Asien kommen lassen. Da haben wir uns aber klar dagegen entschieden. Nach dem ersten Anprobieren ist der Preis aber eigentlich kein Thema mehr, weil spätestens dann auch jeder verstanden hat, wie bequem Praxiskleidung sein kann und was für ein Riesen Unterschied es macht wenn, man sich darin wohl fühlt.
Punkto Vertrieb: Arztkittel werden meiner Vermutung nach wohl von Krankenhäusern in rauen Mengen bestellt. Ist der Online-Shop-Vertrieb da der richtige Weg? Wie kommt ihr an die zahlenden Kunden?
Unsere Kunden sind niedergelassene Ärzte, keine öffentlichen Einrichtungen wie Krankenhäuser. Wir statten deine Zahnärztin, deinen Hautarzt und ihre Praxis-Teams aus. Wie du richtig eingewandt hast, ist das Krankenhaus ein ganz anderes Pflaster. Hier wird Kleidung als Service (Waschen, Austeilen, Ersetzten etc.) zugekauft. Statt Qualität zählt dort nur der Preis. Nachdem im Gesundheitsbereich Jahr für Jahr eingespart wird, ist das einer der ersten Punkte, an dem gespart wird. Bevor ein Arzt entlassen wird, trägt man dort Leintücher.
Die Produktion in Portugal – arbeitet ihr womöglich mit Vresh von Klaus Buchroithner?
Haha, good point! Klaus hat uns auf der Produzentensuche unterstützt. Er hat mir eine Lehrstunde erteilt, wie die Textilindustrie funktioniert. Ohne ihn hätten wir sicher den ein oder anderen Fehler mehr gemacht. Geschäftlich arbeiten wir aber nicht zusammen.