Mobilio: Eine App will Autofahrer mit Token belohnen. Und bekommt dafür ziemlich viele Daten.
Bereits vor drei Jahren, 2016, hat es die Wiener Software-Firma Dolphin Technologies mit der App goSmart versucht, die Autofahrer mit Punkten belohnt, wenn sie die Finger vom Smartphone lassen (Trending Topics berichtete). Jetzt bekommt diese Idee eine neue Verpackung: Mit Mobilio startet Dolphin Technologies rund um CEO Harald Trautsch ein Token-basiertes System, das Autofahrer für ordentliches Verhalten mit einer Kryptowährung belohnen soll. So will man Autofahrer belohnen und dabei helfen, Verkehrsunfälle zu vermeiden.
„Wir bauen einen Token für die Versicherungs-Branche“, sagt Trautsch im Gespräch mit Trending Topics. In der Praxis soll sich ein Nutzer der Mobilio-App seine Token folgendermaßen verdienen können. Wenn die App erkennt, dass sich das Smartphone des Nutzers mit mehr als 20 km/h bewegt, dann startet ein so genannter „Trip“ und die Punkte beginnen zu fließen.
Auch Telefonate via Freisprecheinrichtung tabu
Wenn das Handy dann während diesem Trip bewegt oder das Display berührt wird, dann wird er unterbrochen und der bekommt Punkteabzüge. Navi-Apps oder Musik-Apps darf man immerhin nutzen, nur muss man eben die Finger vom Smartphone lassen. Telefonate über die Freisprecheinrichtung (Bluetooth-Koppelung) werden übrigens ebenfalls als Ablenkung gewertet und führen zu Punkteabzügen.
Die Punkte, die man sich verdient, kann man anschließend in Mobilio-Token (MOB, sie basieren als ERC20-Token auf Ethereum) umwechseln. Und dazu gibt es eine Exchange-Rate, die sich permanent verändert. „Je mehr Menschen die Mobilio-App nutzen und je mehr sie ablenkungsfrei fahren, desto mehr Punkte werden geschaffen. Die Erzeugung von mehr Punkten verteuert den MOB-Token, d.h. es werden mehr Punkte benötigt, um einen MOB-Token zu kaufen“, heißt es seitens Mobilio. Generell produziert die Firma pro Sekunde exakt 14,26 MOB, die dann an die Nutzer verteilt werden können. In Zukunft soll man MOB-Token auch auf Krypto-Börsen handeln können.
Versicherungen sollen Token akzeptieren
Was aber nun, wenn man sich seine MOB-Token verdient hat? Derzeit kann man sie lediglich sammeln und (warum auch immer) an andere Nutzer schicken. Wenn der Plan der Firma aber aufgeht, dann soll man sie ab Anfang 2020 in Online-Shops oder Geschäften zum Bezahlen verwenden können oder sich auf einem Marktplatz dafür Versicherungsprodukte kaufen können.“Wir arbeiten mit Versicherungen und anderen Partnern daran, dass sie den Token akzeptieren“, so Trautsch. Der Marketing-Aspekt der Sache ist nicht zu vergessen – immerhin hat Dolphin Technologies 2016 die Digitalagentur Blue Monkeys gekauft, um Location Marketing auszubauen (Trending Topics berichtete).
Wie genau die Smartphone-App die ablenkungsfreien Autominuten der Nutzer überhaupt tracken kann, ist fraglich. Mobilio rät dazu, das Handy in einer Halterung anzubringen, damit die Trips auch korrekt erkannt werden. Denn schon ein Rütteln im Auto könnte die App glauben lassen, das der Fahrer zum Smartphone gegriffen hat. Tricksen kann man natürlich auch, etwa wenn man mit dem Öffentlichen fährt oder einfach am Beifahrersitz Platz nimmt. Dolphin Technologies weist die User dann darauf hin, dass sie den Trip selbst abbrechen müssen.
App will ziemlich viele Daten
Damit man mit der App Punkte sammeln kann, muss man ihr umfangreiche Berechtigungen geben – vom Standort, Bewegungsdaten (via Gyroskop, Beschleunigungssensor, etc.) über Geräte-ID, Anrufinformationen, verbundene Bluetooth-Geräte, Kamera, Zugriff, Speicherzugriff, WiFi-Verbindungen bis hin sogar zu den Fitness-Daten, die das iPhone sammelt. „Die Fitnessdaten (iPhone) bzw. die Motion-Daten (Android) brauchen wir, um „Gehen“ zu erkennen. Das nutzen wir, um das Fahrtende zu bestimmen“, so Trautsch. Wird 4 Minuten eine Geschwindigkeit mit weniger als 10 km/h verzeichnet, dann wird das als „Gehen“ erkannt. Der Zugriff auf die Kamera sei notwendig, damit Nutzer die QR-Codes scannen können.
Die Daten, die Dolphin Technologies durch die Nutzung der App bekommt, sollen dem Unternehmen zufolge nicht an andere Firmen verkauft werden. Aber: „Dolphin kann Daten mit vertrauenswürdigen Partnern austauschen, um statistische Analysen durchzuführen, Ihnen E-Mails oder Postsendungen zuzusenden, Kundensupport zu leisten oder Lieferungen zu organisieren“, heißt es in den Nutzungsbedingungen.
Insgesamt bleibt also abzuwarten, welche Gegenleistung der Nutzer für seine Daten bekommt und was er sich tatsächlich um die verdienten MOB-Token kaufen kann.