Computer Vision

MoonVision: Die Wiener Software, die Würstel, Palatschinken und Krügerl erkennt

Objekterkennung von MoonVision. © MoonVision
Objekterkennung von MoonVision. © MoonVision
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Zweimal Palatschinken, ein Risotto, ein Beilagensalat, einmal grüne Bohnen und einmal Würstel: Es ist nicht etwa der Kassier, der die Speisen auf dem Tablett erkennt, sondern eine Kamera, die über dem Tresen montiert ist und die Teller von oben beäugt. Eine Software namens „DishTracker“ erfasst in Sekundenschnelle die Speisen, die der Gast an die Selbstbedienungskasse gebracht hat und boniert in das Kassensystem. Der versprochene Benefit für den Gast und den Gastgeber: Das System ist schneller, reduziert Wartezeiten und ist außerdem sehr exakt. Dass eine Speise nicht bezahlt oder falsch verrechnet wird, sollte nicht mehr passieren.

Hinter der Software steckt die Wiener Jungfirma MoonVision rund um die beiden Gründer Florian Bauer, Alexander Hirner und den operativen Geschäftsführer Kamil Kula. 2017 gegründet, hat sie sich auf „Realtime Object Recognition“ spezialisiert und mit Hilfe von Machine Learning, Scene Segmentation, Object Mining und Deep Learning eine Lösung gebaut, die Speisen per Kamera erkennen kann. In Kooperation mit A1 Digital hat man diesen Winter die Sonnalm im Skigebiet Kitzbühel/Paß Thurn mit der Technologie ausgerüstet, auch beim Münchner Oktoberfest kam sie zum Einsatz.

Objekt- statt Gesichtserkennung

„Es ist schon verrückt, dass Computer Vision und AI so Mainstream im Wortgebrauch verwendet werden und trotzdem großteils nur theoretische Probleme gelöst werden“, sagt Geschäftsführer Kula. Seine Firma gehe lieber einen anderen Weg und konzentriere sich auf Geschäftsfelder, in denen die Technologie wirklichen Mehrwert in der Praxis bringt. „Dazu fokussieren wir uns auf Nischen, die weniger populär als Gesichts- oder Schrifterkennung, sondern dem Kunden einen praktischen Nutzen bringen“, sagt Kula. In Wien arbeiten derzeit zehn Mitarbeiter für die Firma.

Das MoonVision-Team. © MoonVision
Das MoonVision-Team. © MoonVision

Die Software für die Objekterkennung (MoonVision kauft die nötige Hardware zu) wird mit Hilfe von Menschen trainiert. „Unser System hat mit menschlicher Hilfe ein paar Germknödel und Krügerl Bier ‚gesehen‘ und hat mit diesen wenigen Bildern wie ein großes System gelernt“, sagt Kula. „Wenn nun ein Krügerl Bier betrachtet wird, ist es der Software bekannt, und auf Basis der eigenen Erfahrung mit Bier kann sie es sofort benennen. Das ist sehr ähnlich wie die Wiedererkennung beim Menschen funktioniert.“ Am Oktoberfest sollen Speisen mit einer Genauigkeit von 98,2 Prozent erkannt worden sein, heißt es seitens der Firma.

Bei Germknödel, Würstel und Bier soll es aber nicht bleiben. „Die Objekterkennung wurde ursprünglich von uns für einen Einsatzbereich in der Gastronomie entwickelt, wird aber zunehmend für andere Industrien weiterentwickelt und aktiv eingesetzt“, so der MoonVision-Geschäftsführer. Dazu seien „überraschend“ wenige Anpassungen notwendig. Für einen Marktführer im Bereich Maschinenbau sollen die Fähigkeiten der Objekterkennung jetzt ausgebaut werden.

Datenschutz und Konkurrenten als Challenges

MoonVision ist nicht die einzige Firma, die sich dem Bereich Computer Vision verschrieben hat. Um sich von der Konkurrenz abzuheben, will man jedenfalls günstiger sein. „Im B2B-Bereich gibt es einige Firmen, die Dienstleister von Produktionsprozessen sind und jeder Firma eine maßgeschneiderte und überteuerte Lösung anbieten“, sagt Kula. „Zusätzlich benötigen viele dieser Firmen Laborbedingungen, um die notwendige Genauigkeit zu erreichen. Wir machen mit unserer Plattform diesen Prozess effizienter und damit leistbarer für den Kunden.“ Die Kunden bezahlen für die Nutzung der SaaS-Plattform eine monatliche Pauschale, deren Höhe von Aufwand der Installation und Zahl der Kameras abhängt.

In ein Geschäftsfeld will man sich bei MoonVision nicht vorwagen: die Gesichtserkennung, die aus Sicht des Datenschutzes oft problematisch ist – vor allem dann, wenn Normalverbraucher von einem System erfasst werden. Als die Linzer Schutzengel-Apotheke Ende 2017 einen Gesichtsscanner der Firma Bayer installierte, um auf einem Display personalisierte Werbung (Alter und Geschlecht) anzuzeigen, ging unter Datenschützern eine Woge der Empörung hoch. Die Betreiber stellten den Testlauf nach herber Kritik schnell wieder ein.

„Wir möchten uns ganz bewusst aus Datenschutz betreffenden Themen heraushalten und uns auf die Objekterkennung konzentrieren“, sagt Kula. „Falls eine Personenerkennung mit Zustimmung der Person deren Arbeit einfacher macht (z.B. automatische Bonierung in die Kassa) werden wir diese jedoch nicht ausschließen.“

Finanzierungsrunde in Planung

Noch ist MoonVision eigenfinanziert, doch die Firma will in naher Zukunft eine Finanzierungsrunde durchführen. „Das Interesse ist groß und wir möchten Expertise fürs Wachstum an Board holen“, sagt Kula. Als Startup will er die nicht einmal ein Jahr alte Firma übrigens nicht verstanden wissen. Man sei eher ein schnell wachsendes KMU mit zahlenden Kunden und einer funktionierenden Technologie.

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