Erfolgsstory

N26: Wie zwei Wiener es mit ihrem Start-up von einer Teenager-Kreditkarte zur echten Bank schafften

© Number26
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Als ich Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal 2013 am Wiener Pioneers Festival traf, waren die beiden noch ganz weit weg von dem, was ihr Start-up heute ist. Die beiden N26-Gründer (der ehemalige Name Number26 wurde verkürzt) rührten vor drei Jahren die Werbetrommel für ihre Teenager-Kreditkarte Papayer, die Eltern via Smartphone die Kontrolle über das Taschengeld ihrer Kinder geben sollte. Eher nieschig, eher unspannend, glänzte Papayer allerdings mit einem Feature: Die Smartphone-App brachte in ordentlichem Design einen Überblick über Einnahmen und Ausgaben. „Warum bietet ihr das nur für Kinder an, so eine App hätte ich für mein Konto auch gerne“, oder so ähnlich sagte ich damals zu den beiden. Das war übrigens zweieinhalb Jahre, bevor die Erste Bank in Österreich ihr neues Online-Banking George startete, das heute als „modernstes Banking Österreichs“ vermarktet wird.

Seither ist viel passiert. Stalf und Tayenthal können heute behaupten, eine echte Bank zu sein, für alle, die ein (nicht immer) kostenloses Konto bei ihnen haben wollen. Vergangene Woche verkündete N26 stolz, eine Vollbanklizenz sowohl von der Europäischen Zentralbank (EZB) als auch von der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erhalten zu haben. Bedeutet: Das Start-up ist nicht mehr auf den Partner Wirecard angewiesen, der bisher die Einlagen der Number26-Nutzer auf einem deutschen Konto mit deutscher Einlagensicherung legte. Vielmehr darf man jetzt selbst Bankgeschäfte in ganz Europa betreiben, Einlagen annehmen, Wertpapiergeschäfte und Sparprodukte anbieten oder Kredite vergeben.

Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf anno 2013. © N26

Die klassische Bank als Gegner

„Kein Mensch braucht die klassische Bankfiliale“, sagte Stalf 2015 in einem Interview zu mir. Wozu teure Standorte und ein Netz an Bankomaten aufbauen, wenn man heute doch sowieso alles virtuell am Smartphone erledigen kann? Den „teuren Overhead“, den sich traditionelle Banken über die Jahrzehnte aufgebaut haben, den will man bei N26 erst gar nicht aufbauen. So soll das Girokonto nichts bzw. weniger als bei der klassischen Konkurrenz kosten. 140 Mitarbeiter reichen derzeit dafür, die derzeit 200.000 Kunden in acht europäischen Ländern zu betreuen.

Dass N26 die anfangs verfolgte Gratis-Strategie nicht aufrecht erhalten kann, zeigen allerdings die jüngsten Entwicklungen. Ein Shitstorm in Social Media brach über das junge Start-up herein, als man rund deutschen 500 Nutzern kündigte, weil diese überdurchschnittlich oft Bargeld behoben – in Deutschland ist das für die Firma teuer. Seither müssen deutsche Nutzer, die öfter als vier bzw. fünf Mal (mehr Details dazu hier) Geld am Bankomaten abheben, je zwei Euro für zusätzliche Behebungen zahlen. Außerdem wird neuerdings die Kreditwürdigkeit von neuen Nutzern geprüft. Wer die Bonitätsanforderungen nicht erfüllt, zahlt sechs Euro Kontoführungsgebühr pro Monat plus jeweils zwei Euro für Bargeldbehebungen. Gratis ist N26 damit nicht mehr, die traditionellen Banken will man aber immerhin im Preis unterbieten.

Die Plattform-Idee

Mit diesen Kontogebühren alleine wird N26 aber kein Geschäft, das für Investoren spannend ist. “Mit dem Girokonto allein verdient man nicht viel Geld, aber mit den Produkten rundherum  ist das möglich. Unsere Idee ist, dass man transparent und ohne versteckte Kosten die modernsten Finanzprodukte anbietet”, sagt Stalf. Deswegen will man N26 zu einer Plattform ausbauen, ähnlich wie Facebook oder Apple Plattformen sind, auf der andere Dienste mit Apps oder Chatbots aufbauen. Ein erstes Beispiel gibt es bereits: Wer günstige Auslandsüberweisungen machen will, kann direkt aus der N26-App heraus das britische Start-up TransferWise nutzen (TrendingTopics.at berichtete). Ähnliche Zusatzdienste sollen bald folgen, etwa Lending Club (Peer-to-Peer-Kredite) oder SavingsGlobal (Sparen). „Unsere Umsätze kommen schon heute insbesondere durch unsere Plattform, dort können unsere Kunden aus den besten Finanzprodukten Europas wählen“, sagt Stalf heute. „In Zukunft wird man dort auch Investieren, Sparen, Finanzieren und Versichern können – alles mit einem Klick.“

N26 selbst will zur Spinne im Zentrum eines Netzes aus Online-Finanzdiensten werden und Big Data machen. Für die Entwicklung einer Künstlichen Intelligenz zur Betrugsprävention hat das Start-up 700.000 Euro Fördergeld von der Investitionsbank Berlin erhalten. Das Ziel: Durch die Analyse von Ausgabeverhalten, Bewegung und Händlerdaten will man betrügerische Transaktionen verhindern können. Außerdem kann N26 die Big-Data-Analysen dazu nutzen, seinen Kunden neue Finanzprodukte zu empfehlen: Wer viel Geld am Konto hat, bekommt in der App ein Sparprodukt nahegelegt, wer einen Flug gebucht hat, eine Reiseversicherung angeboten, und so weiter. Als Vermittler für dieses Finanzprodukte würde N26 dann eine Provision erhalten.

Die Geldgeber im Hintergrund

Dass N26 jetzt eine echte Bank ist, merkt man auch am gewachsenen Team. Mit Markus Gunter, dem ehemaligen Vorstandsprecher der DAB Bank, hat man einen langjährigen Finanzprofi ans Steuer der Bankgeschäfte gesetzt, Mathias Oetken wurde als Experte in Sachen Risiko-Management an Bord geholt, damit sich Stalf und Tayenthal weiter um die technischen Aspekte des Dienstes kümmern können. Viel spannender aber sind die Hintermänner, ohne die der Erfolgskurs von N26 nicht möglich gewesen wäre. Von Anfang an wurden die Gründer von Speedinvest-Partner Stefan Klestil beraten, der sich auf FinTech spezialisiert hat.

Die Riege der Geldgeber, die bis dato 57 Millionen US-Dollar in das Start-up pumpten, ist ebenfalls bemerkenswert. Valar Ventures des kontroversen Start-up-Investors Peter Thiel (er unterstützt Donald Trump im US-Wahlkampf) ist ebenso an Bord wie Axel Springer, Earlybird, Zalando-Manager und der reichste Mann Asiens: Multimilliardär Li Ka-shing (u.a. auch an Facebook oder Spotify beteiligt) hat über seinen privaten Investitionsfonds  Horizon Ventures viel Geld bei N26 angelegt. Wer diese Geldgeber näher kennt, der weiß: Sie wollen einmal einen Exit sehen. Bedeutet für Stalf und Tayenthal: Sie müssen N26 entweder an die Börse bringen oder einen Käufer finden – möglicherweise eine der traditionellen Banken.

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Stalf, Tayenthal, Matthias Oetken, Christian Rebernik und Markus Gunter. © N26

 

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