Nachhaltigkeits-Berichte: Zu selten und zu wenig ambitioniert
„Tue Gutes und rede darüber“, lautet ein geflügeltes Management-Wort und es könnte wohl kaum besser passen als bei Nachhaltigkeits-Maßnahmen in Unternehmen. In Österreich passiert in diesem Bereich allerdings viel zu wenig – auch im internationalen Vergleich. Deutlich wird das bei den Nachhaltigkeits-Berichten. Nur wenige Firmen berichten und zwar vor allem dann, wenn sie müssen. Dann allerdings leidet oft die Qualität dieser Berichte.
Das ist bitter, denn die Berichterstattung darüber sei oft ein Treiber, Nachhaltigkeit stärker ins Geschäftsmodell zu integrieren, erklärt Georg Rogl, Leiter Climate Change and Sustainablity Services, bei dem Beratungsunternehmen EY im Gespräch mit Tech & Nature: „Wenn ich weiß, ich gehe dann damit an die Öffentlichkeit, mache ich es von vorne herein besser“.
Aber zunächst zum Befund: EY hat in einer Studie wiederholt drei unterschiedliche Unternehmenssegmente untersucht: Die österreichischen Top-100-Unternehmen nach Umsatz, börsennotierte Unternehmen im Prime Market und Unternehmen in mehrheitlich öffentlichen Eigentum, die auch eine gewisse Umsatzschwelle überschreiten.
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Wenige Freiwillige
Am einfachsten ist die Analyse im Prime Market, denn alle börsennotierten Unternehmen müssen einen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen. Genau genommen gibt es Ausnahmen, die sich nach dem Umsatz richten und bei diesen Ausnahmen dürfte es wenige Freiwillige geben. Deshalb liegt die Quote im Prime Market bei 95 Prozent und nicht bei 100 Prozent.
Seit 2017 ist das Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (
Keine Pflicht bei Unternehmen mit Staatsbeteiligung
Erstaunlich ist, dass der Anteil auch bei (teil)-öffentlichen Unternehmen sehr gering ist. „In skandinavischen Ländern ist eine nichtfinanzielle Berichterstattung in diesem Fall längst verpflichtend“, so der EY-Analyst. Es sei verwunderlich, dass das in Österreich nicht der Fall ist.
Internationale Standards zu selten angewandt
Ein weiteres Problemfeld ist die Qualität der Berichte. Da es keinen verbindlichen, umfassenden Standard gibt und das NaDiVeG relativ wenige Vorgaben macht, gebe es einen „gewissen Wildwuchs“ bei den Berichten. Analysten messen die Qualität solcher Berichte daran, ob und nach welchem internationalen Standard berichtet wurde. Das Maß aller Dinge ist dabei der GRI (Global Reporting Initiative). Börsennotierte Unternehmen, die unter Beobachtung ihrer Investoren stehen, berichten häufig nach diesem Standard, bei anderen Unternehmen sei das seltener der Fall. „Dort, wo man im Fokus anderer Beobachter steht, in dem Fall die Investoren, zeigt sich, dass der Markt einen gewissen Druck ausübt, höhere Standards anzuwenden“, so Rogl.
Klimaberichte am schwächsten
Am schwächsten ist in den Berichten die Klimaberichterstattung, selbst dann, wenn ein Standard wie der GRI zur Anwendung kommt. Viele hätten zwar einige Klima-Indikatoren berücksichtigt, würden sich aber keine messbaren Ziele stecken. Rogl vermutet, dass davor viele Firmen zurückschrecken, weil die Folgen der Klimakrise so schwer abschätzbar seien und „Ziele immer auch Verpflichtungen sind“. Es sind aber nicht nur die fehlenden konkreten Ziele: „Klimathemen sind nicht stark genug in das Geschäftsmodell integriert, obwohl der GRI Indikatoren hätte, die das möglich machen. Dazu gehören langfristige Ziele, das Commitment der Geschäftsführung, eine Integration in die Vergütungspolitik. Was würde die Erreichung von Klimazielen für mein Geschäftsmodell bedeuten?“
Ruf nach breiterer Verpflichtung
Rogl würde sich eine Ausweitung der grundsätzlichen Berichtspflicht wünschen. Was das bewirkt, habe bereits das NaDiVeG gezeigt. Das solle auf eine breitere Basis gestellt werden und „in gewissem Rahmen“ auch für KMU und öffentliche Unternehmen gelten. Um die Qualität zu verbessern würde Rogl einen verbindlichen Standard empfehlen und eine Prüfpflicht durch externe Berater. Bei der Klimaberichterstattung mangle es zudem oft an guten Daten – viele Unternehmen wissen schlicht nicht, welche direkten und indirekten Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette entstehen.