Klimaschädlicher Kunststoff

NASA: Meeresplastik wird durch Satelliten verfolgt

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Sie sind riesig und bedecken große Flächen der Ozeane – von den Gezeiten getriebene Strudel bestehend aus tonnenweise Plastikmüll. Einer der bekanntesten Plastikstrudel ist der Great Pacific Garbage Patch (GPGP). Dieser befindet sich im Nordpazifischen Strömungskreis und ist laut der niederländischen Non Profit Organization The Ocean Clean Up ungefähr 1,6 Millionen Quadratkilometern groß. Auch wenn sich viele Menschen unter dem Müllstrudel eine große Plastikinsel vorstellen, die im Ozean treibt, ist dieser in der Realität laut National Geographic kaum auf Satellitenbildern erkennbar.

Denn einen Großteil der Kunststoffabfälle hat die Strömung schon so zersetzt, dass nur noch Mikroplastik übrig bleibt, das mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen ist. In großen Mengen lässt das Mikroplastik das Meerwasser aber wie eine trübe Suppe aussehen, die mit größeren Gegenständen wie Fischernetzen vermischt ist. US-Forscher:innen der Raumfahrtbehörde Nasa haben es nun jedoch  geschafft, die Plastikkonzentrationen im Meer mit Satelliten genauer zu verfolgen.

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Mit Signalen Plastik erkennen

Eine Animation von Nasa zeigt die Plastikkonzentration über einen Zeitraum von 18 Monaten, von April 2017 bis September 2018. Wie die Nasa selbst schreibt, handelt es sich dabei um die erste Kartierung ihrer Art. Forschende der Universität von Michigan nutzten dabei Daten von acht Mikrosatelliten, die Teil der CYGNSS-Mission (Cyclone Global Navigation Satellite System) sind. Die Funksignale der GPS-Satelliten werden von der Meeresoberfläche reflektiert, und die CYGNSS-Satelliten erfassen diese Reflexionen. Die Forschenden analysieren dann die Signale, um die Rauheit der Meeresoberfläche zu messen. Diese Messungen ermöglichen es, die Windgeschwindigkeiten auf dem Meer zu bestimmen, was für die Untersuchung von Phänomenen wie Hurrikans nützlich ist.

Die Forschenden entdeckten jedoch, dass sich mit den Signalen auch Plastik erkennen lässt. Wenn sich Plastik oder andere Abfälle in der Nähe der Meeresoberfläche befinden, werden die Wellen gedämpft, und die Meeresoberfläche ist weniger rau als sie es sonst wäre. „In sauberen Gewässern gibt es ein hohes Maß an Übereinstimmung zwischen der Meeresrauhigkeit und der Windgeschwindigkeit“, sagte Chris Ruf, leitender Forscher der CYGNSS-Mission und einer der Autoren der Forschungsarbeit, in einer Aussendung. „Aber je weiter man in den Great Pacific Garbage Patch vordringt, desto größer ist die Diskrepanz zwischen den Windgeschwindigkeitsmessungen und der Rauheit der Oberfläche.“

 

Die erhobenen Daten der Forschenden zeigen einige saisonale Schwankungen in der Mikroplastikkonzentration auf. Im Great Pacific Garbage Patch beispielsweise scheint die Mikroplastikkonzentration im Sommer höher und im Winter niedriger zu sein, was möglicherweise auf eine stärkere vertikale Durchmischung des Ozeans bei kühleren Temperaturen zurückzuführen ist. Ruf und sein Team erstellten auch Zeitrafferaufnahmen von allen großen Flüssen der Welt und stellten fest, dass besonders große Mengen an Mikroplastik aus dem Jangtse, Chinas längstem Fluss, und dem Ganges in Indien stammen.

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Plastik verursacht großen Teil an Emissionen 

Mit den Satellitendaten schafft die Nasa einen genaueren Einblick, wie sich Kunststoffe im Meer ausbreiten. Teilweise auch, aus welchen Flüssen diese dorthin gelangen. Doch ein Problem bleibt, dass überhaupt Plastik produziert wird und überhaupt erst in die Umwelt gelangt. Denn nicht nur für Ozeane ist Plastik ein großes Problem, auch für das Klima ist die Herstellung von Kunststoffen enorm schädlich.

Laut einer aktuellen Studie der ETH Zürich, die kürzlich in der Zeitschrift Nature Sustainability erschienen ist, trägt die Kunststoffindustrie mit fünf Prozent der globalen Treibhausgasemissionen zu einem großen Teil zur Erderhitzung bei. Der Großteil dieser Emissionen, laut Angaben der Forschenden rund 96 Prozent, entsteht bei der Produktion der Kunststoffe, die meist aus Erdöl und Erdgas, manchmal auch aus Kohle hergestellt werden. Das Verbrennen von Kunststoffen macht dagegen nur einen geringen Anteil an den Emissionen aus.

Die Studie zeigt, dass der CO2-Fußabdruck anwächst, weil die Kunststoffproduktion in Schwellenländern wie China, Indien, Indonesien und Südafrika boomt. „Der kunststoffbedingte Kohlenstoff-​Fussabdruck des chinesischen Verkehrssektors, der indonesischen Elektronikindustrie und des indischen Bausektors ist seit 1995 um mehr als das 50-​fache gestiegen“, erläutert Livia Cabernard, Studienautorin und Doktorandin an der ETH Zürich, in einer Presseaussendung zur Studie. Zum großen Teil beziehen diese Länder ihre Energie aus Kohle. Entsprechend stammt der Strom für die Plastikherstellung maßgeblich aus dieser Energiequelle, was die Emissionen deutlich ansteigen lässt. Teilweise wird Kohle zudem als Rohstoff für Plastikprodukte verwendet.

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Produktion wächst weiter

Die Ökobilanz der Kunststoffe hat sich laut den Forschenden auch deshalb verschlechtert, weil Staaten die Kunststoffproduktion in emissionsintensive Länder ausgelagert haben. Von den Treibhausgasen, die bei der Herstellung von in der EU genutztem Plastik entstehen, werden laut der Studie zwei Drittel in anderen Teilen der Welt ausgestoßen, etwa in China und dem Nahen Osten. So gehen die Emissionen nicht in die europäischen Statistiken ein.

Die Forschenden empfehlen aus diesem Grund, dass Erneuerbare Energien in den Ländern mit hoher Plastikproduktion, wie in China der Fall, ausgebaut werden. Zudem könnte ein CO2-Preis helfen, die kohlenstoffintensiven Produkte zu verteuern, was wiederum Anreize für Hersteller:innen schaffen könnte, in saubere Produktionsanlagen zu investieren. Noch zeichnet sich jedoch keine Ende der Plastikflut ab. Die Forschenden gehen in ihrer Studie davon aus, dass die globale Plastikproduktion bis 2030 um 40 Prozent im Vergleich zum Jahr 2015 wachsen wird.

Zumindest in den kommenden zehn Jahren wird es für die Nasa-Satelliten also weiterhin genug Datenmaterial geben, um die Plastikkonzentration in den Ozeanen zu kartieren. Und auch darüber hinaus wird das der Fall sein, wenn die globale Plastikproduktion nicht stark reduziert oder auf nachhaltige Alternativen umgestellt wird.

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