Waschtag-Kolumne

Nestlé: Der heilige Gral des Greenwashing

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Ich habe es gefunden: Den heiligen Gral des Greenwashing. Und es wird nur für wenige eine große Überraschung sein: Er ist in Besitz von Nestlé. 

Nur um es kurz mal in Erinnerung zu rufen: Nestlé, das sind die, die in massivem Ausmaß Umweltzerstörung für ihre verarbeiteten Produkte betreiben. Die ganzen Gemeinden einfach weggenommenes Wasser in Plastikflaschen abfüllen und teuer verkaufen, denen immer wieder Kinderarbeit nachgewiesen werden kann, die mit ihren Plastikverpackungen ganze Weltmeere verschmutzen, die im Verdacht illegaler Preisabsprachen stehen, die für Tee (!) Tierversuche durchgeführt haben, und die mit ihrem Palmöleinsatz ganze Regenwälder für die Produktion von Schokoriegeln zerstören. 

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Palmöl oder eben ein anders Öl

Palmöl, das ist ja so ein Thema, gell? Ich habs als Campaignerin gehasst, weil die Antwort für Konsument*innen ist nicht ein befriedigendes „wir brauchen die gleichen Produkte, aber ohne Palmöl“. Es ist das höchst unbefriedigende „Wir brauchen nicht so viele verarbeitete Produkte wie Fertigpizza oder Schokoriegel“. Hören durchschnittliche an Convenience gewöhnte Kund:innen halt nicht so gern. Und deshalb hatten in den letzten Jahren auch sehr viele große Produzenten großen Erfolg mit dem Label „palmölfrei“. Dass in den meisten Fällen halt ein anderes Öl drin ist, dem die gleiche Problematik wie Palmöl zugrunde liegt, weil für den Massenanbau Regenwaldfläche draufgeht, war dann wieder wurscht. Hmpf. Das an sich kratzt schon bissl sehr an Greenwashing. 

Doch wie man es so richtig falsch macht, und zwar gewaltig, zeigt Nestlé in seinem neuen Werbevideo. Es ist als „Umfrage“ verkleidet . Man sieht ein kleines Video über Palmöl, in dem erklärt wird, dass man 70 Prozent des Öls bereits aus nachhaltigen Quellen bezieht, ohne Abholzung von Regenwäldern. Die direkten Lieferanten seien super, aber – wörtliches Zitat – „schwieriger“ seien die Kleinbauern. Weil reninent und stur und dumm und so – kein wörtliches Zitat, ich spürs aber regelrecht mitschwingen. „Wir sind super, die sind schuld“ – ist der Subtext. 

Hier geht es zum Werbevideo 

Und dann werden wir Zuschauer:innen, nachdem wir zwei Minuten lang mit Bildern von sauberem Abbau von Palmöl eingelullt worden, vor eine Entscheidung gestellt: “Sollen wir aufhören, Palmöl von Kleinbauern zu kaufen, die Wald roden?“ Wir können auf Ja oder Nein klicken. Tut man das, wird man nochmal wie ein kleines Kind gefragt: „Bist du SICHER?“ 

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Robin Hood der Schokoladenriegelhersteller?

Die „richtige“ Antwort ist natürlich „nein“. Und wird von Nestlé kommentiert mit einem „Wenn wir Kleinbauern ausschließen, können wir ihnen und der Umwelt nicht mehr helfen.“ Spätestens da lag mir die Kinnlade auf den Fußzehen auf. Nestlé, ein Unternehmen im Kampf gegen das Unrecht, der Robin Hood der Schokoladenriegelhersteller – oder wie darf ich das verstehen? 

Wie kann man eigentlich so dreist sein? Wie kann man sich WISSEND, dass man Palmöl für sinnloses und ungesundes Essen in Massen verarbeitet, als der Retter der Kleinbauern darstellen? 

Doch es geht noch weiter, Nestlé spielt dasselbe Spiel mit uns in Sachen Zwangsarbeit und fragt, ob sie Plantagen gleich ganz kaufen sollen und so Zwangsarbeit verhindern (aha? Ist das so fix?), oder ob sie nicht doch lieber nur mit Subkontraktoren arbeiten sollen, und denen auf die Finger schauen, dass Menschenrechte eingehalten werden? 

Schon allein die Frage ist beeindruckend dreist, denn sie beinhaltet: Da wo WIR ENGEL von Nestlé sind, da gibt’s keine Zwangsarbeit. Weil WIR uns ja NGOs kaufen, die vor Ort die Lage checken. Und da WIR ja keine eigenen Plantagen besitzen, können wir ja locker sagen, dort würds das nicht geben. Es ist so verlogen, dass sich meine Zehennägel, auf denen mein Kinn immer noch aufliegt, nach oben rollen. Besonders ihr Argument, dass diese Subkontraktoren dann ja mit anderen Firmen zusammenarbeiten würden, die vielleicht weniger auf Menschenrechte achten, macht sprachlos. 

Kolumne: Greenwashing – wo kommt der Begriff eigentlich her?

Wir lebensrettende Engel von Nestlé

Es ist dieses Wegschieben von Verantwortung, dieses „He, wir haben unsere Kund:innen gefragt und die sagen wir sollen keine eigenen Plantagen kaufen“ und auch dieses Belehren. Die Kleinbauern sind schuld, weil sie schwierig sind, die Kund:innen sind schuld, weil sie ja unbedingt Schokoriegel haben wollen, und wir haben sie doch eh gefragt, nur wiiiir sind an nix schuld, wir lebensrettende Engel von Nestlé. Und die glauben sich das wahrscheinlich selbst auch noch. 

ALLES an diesem Video ist pures Greenwashing. Weder ist der von Nestlé mitgegründete Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl mehr als nur Augenauswischerei, noch sorgt Nestlé auch nur in irgendeiner Form für den Schutz von Regenwäldern. Sie sorgen maximal dafür, die Zerstörung, die sie als globaler Konzern mit sich bringen, um ein paar Prozenterl zu reduzieren. 

Aber das kann man natürlich lang diskutieren, ab wo kann ein Konzern wie Nestlé nachhaltig sein und woran soll und kann man das messen. Nur: Eine Selbstdarstellung als der große Engel, der Kleinbauern als schwierig betrachtet und sich selbst als den großen Held gegen Zwangsarbeit positioniert, obwohl nicht in eigene Produktion investiert wird – und das Ganze auch noch mit unfassbaren Suggestivfragen an uns Verbraucher*innen gerichtet – ist definitiv alles andere als verantwortungsvoll kommuniziert. Sondern herablassend sich die Fakten so hingebogen, wie es halt passt.  

Kolumne: Greenwashing – wo kommt der Begriff eigentlich her?

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