Neue Arbeitswelt: Job-Sharing als Herausforderung – auch in Rechtsberufen
Anfang November veranstaltete lawyers & more gemeinsam mit den Paragraphinnen und der Vereinigung Österreichischer Unternehmensjurist:innen im Presseclub Concordia eine Diskussionsrunde über innovative Arbeit-(zeit-)modelle. lawyers & more-Geschäftsführer Bernhard Breunlich betonte in seiner Einleitung: „Aktuell sehen wir am juristischen Arbeitsmarkt große Nachfrage seitens der Unternehmen bei gleichzeitig geringem Angebot.“ Verstärkt werde dies durch den Generationenwechsel in den Anwaltskanzleien und Rechtsabteilungen.
Jobs neu beschreiben und teilzeitfähig machen
Das Fachpodium, bestehend aus Dora Bertrandt, Katharina Körber-Risak, Christoph Mandl und Wolfgang Mazal, wurde von Michael Köttritsch, Ressortleiter Management & Karriere der Tageszeitung „Die Presse“, moderiert. Der Arbeitsrecht-Experte Wolfgang Mazal, der auch das Österreichische Institut für Familienforschung an der Universität Wien leitet, erklärte: „Es geht darum, den Job für den Menschen zu machen. Wir haben die Arbeitsorganisation selbst in der Hand, Organisationen müssen auf die Höhe der Zeit unserer Gesellschaft kommen und den Lebensentwürfen junger Menschen entgegenkommen. Daher sollten wir im Sinn lebensphasenabhängiger Veränderungen die Jobs neu beschreiben, damit sie teilzeitfähig sind und nicht die in den derzeitigen Organisationen bestehenden Jobs einfach teilen.“
Zum Thema Work-Life-Balance hat Wolfgang Mazal ebenfalls eine klare Meinung: „Work ist nicht der ‚Gegenort‘ des Lebens, sondern Teil davon. Am Anfang der Karriere sollte der Job im Vordergrund stehen.“ Dora Bertrandt, Gründerin des Vereins für Frauenförderung in der Juristerei „Die Paragraphinnen“, sagte: „Ich denke, dass im Job-Sharing sehr viel Potenzial für verschiedene, individuelle Lösungen steckt. Man muss aber ehrlich sein mit sich selbst und die Rahmenbedingungen klar definieren und setzen. Da sehe ich auch die größte Herausforderung: Die Offenheit, darüber zu sprechen, die verschiedenen Modelle neu zu denken und sie dann auch umzusetzen.“ Und weiter: „Zu Beginn der Karriere liegt der Fokus klar auf der Ausbildung. Wenn später Familie als Thema dazukommt, gibt es wahrscheinlich mehr Potenzial für kreative Arbeitsmodelle. Der Arbeitsmarkt wird akzeptieren müssen, dass sich Werte verändern. Vielen jungen Jurist:innen fehlt das Thema Wertschätzung – bereits im Studium. Die Lösung liegt in der klaren Kommunikation von Erwartungen, und das von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite.“
Potenzial für Risikostreuung
Der Personalchef der Wirtschaftskammer Österreich, Christoph Mandl, erklärte zum Thema: „Job-Sharing und Teilzeit generell hat den Vorteil der Risikostreuung, denn Teilzeitkräfte hätten das Potenzial zum Aufstocken z.B. bei Ressourcen-Engpässen. Die Menschen, die den Job teilen, müssen sich gut verstehen und gut abgestimmt sein. Solche Modelle sind fast ausschließlich in Transformationszeiten wie Elternteilzeit oder bei bevorstehenden Pensionierungen möglich, und das nur, wenn es individuell für die Beteiligten und den Arbeitgeber eine praktikable Lösung gibt. Eine besondere gesetzliche Regelung braucht es dafür nicht.“ Allerdings sehe er, dass viele junge Menschen auch weiterhin Spitzenleistungen bringen und entsprechend viel und lange arbeiten wollen.
„Der Markt hat einige Herausforderungen vor sich“
Rechtsanwältin Katharina Körber-Risak erklärte ihren Zugang: „Der juristische Arbeitsmarkt hat einige Herausforderungen vor sich, gerade der klassische Kanzlei-Markt. Der hat sehr lange Anforderungen an junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestellt, die vielleicht nicht mehr so akzeptiert werden – und damit kämpft dieser Markt auch. Generationen von Anwälten – fast nur Männer – haben geschafft, diesen Arbeitsmarkt nicht sehr attraktiv erscheinen zu lassen. In der Beratungsrolle sind wir von externen Faktoren abhängig, modernes kollaboratives Arbeiten ist heute für uns immanent. Ich sehe bei unseren Klienten, dass sie angesichts des Fachkräftemangels geneigt sind, Wünschen von Bewerberinnen und Bewerbern nachzugeben. Manchmal funktioniert es, dass man sich eine Position teilt. Bei Job-Sharing ist geteilte Führungsverantwortung eine besondere Herausforderung. Wo es zum Beispiel darum geht, Nachfolge aufzubauen, macht eine Aufgabenteilung Sinn.“ Sie wies auf die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung von „verantwortlichen Beauftragten“ hin, die nicht teilbar sei. Jedenfalls seien Job-Sharing-Modelle ein Organisations- und Kommunikationsthema.
lawyers & more wurde 2005 gegründet und ist die führende Personalberatung Österreichs für juristische Berufe und Berufsbilder. Einen weiteren Beratungsschwerpunkt legt das Unternehmen auf Tax & Finance. Damit umfasst das Portfolio Unternehmensjurist:innen, Anwält:innen (Anwärter:innen, Substitute, Partner), Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen, Spezialist:innen in den Bereichen Rechnungswesen, Controlling, Human Resources, fachspezifische PR und Marketing sowie Führungskräfte. Als weitere Schwerpunkte berät das Unternehmen zu Employer Branding und Transformationsprozessen. Der Sitz des Unternehmens ist Wien.