„Never waste a good crisis“: Von Peace-Tech, Geo-Engineering und neugedachter Konfliktlösung 🕊️
Zwischen 3. und 6. Juli wurde die burgenländische Friedensburg Schlaining ihrem Namen gerecht und verwandelte sich zum Schauplatz des ersten Austrian Forum for Peace, organisiert vom Österreichischen Friedenszentrum (ACP). Gibt es einen besseren Ort, um gemeinsam Friedensprozesse in einer fragmentierten Welt sowie Innovationen für Konfliktlösung, Klima und Frieden zu diskutieren? Schließlich kann man vom Burgturm tatsächlich auf den ehemaligen Verlauf des Eisernen Vorhangs blicken, was die pittoreske Burg zur damaligen Brückenbildung zwischen Ost und West und somit zum symbolischen Ort der Begegnung, des Gesprächs und Dialogs macht.
Zum ersten Mal sollten laut ACP-Direktor Moritz Ehrmann Klimawandel, Technologiewandel und Geopolitik aus einer Friedens-Perspektive und nicht nur aus einer Sicherheits-Perspektive beleuchtet werden.
„Zukunftsorientierung – allen Widrigkeiten zum Trotz – ist die Devise dieser Konferenz“
Mit welchen Methoden der Konfliktlösung und Technologie können wir Frieden bewahren? Wie schaffen wir es, den Rivalitäten zwischen Großmächten und den negativen Auswirkungen von Krieg und Klimakrise einen Strich durch die Rechnung zu machen?
Diesen Fragen widmeten sich bis zu 400 internationale Vertreter:innen aus Politik, Diplomatie, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft im Rahmen von interaktiven Panel-Talks und Expert:innen-Workshops. Neben ACP-Schirmherrn und Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos, schmückte sich die Besucherliste u.a. mit Gästen wie Hans Peter Doskozil (Landeshauptmann Burgenland), Robert Mardini (Internationales Komitee vom Roten Kreuz), Hossam Zaki (Arabische Liga) oder Igor Djundev (OSCE). Für den gebührenden Auftakt sorgte eine Grußbotschaft von UN-Generalsekretär Antonio Guterres, welche von Eva Huber (stellvertretende Direktorin des ACP) verlesen wurde.
Geoengineering – Spiel mit dem Feuer oder Licht am Horizont?
Anziehungspunkt der 4-tägigen Konferenz war eine spannende Debatte zwischen Bestsellerautor Marc Elsberg, Burgenland Energie-Vorstand Stephan Sharma, Moderatorin Damita Pressl und der Klimaaktivistin von Fridays for Future, Teresa Tausch. Inspiriert von Elsbergs neuesten Wissenschafts-Thriller „Celsius”, in dem China mittels Geo-Engineering die Herrschaft übers Weltklima an sich reißt, wurde gemeinsam ein Blick auf die Folgen des durch Erderwärmung und Technologie geschaffenen Wandels geworfen.
Es ist kein Geheimnis, dass unser im Pariser Abkommen festgelegtes 1.5 Grad-Ziel mittlerweile als Mission Impossible angesehen wird. Geoengineering-Maßnahmen wie der Entzug von CO2 aus der Atmosphäre oder die Abdunklung der Sonne durch sogenanntes “Solar Radiation Management” gewinnen daher immer mehr an Attraktivität und globaler Aufmerksamkeit. Von vielen noch als reine Theorie eingestuft, wurden erst vorige Woche sowohl von der EU als auch den USA offizielle Rahmenentwürfe und Beschlüsse zur weiteren Untersuchung von technologischen Eingriffen dieser Art vorgelegt.
Die Frage, ob wir unser Klima durch Technologie aktiv verändern sollen, bleibt eine vielseitig diskutierte und auch Elsberg vertritt die Überzeugung, dass Vorsicht geboten sei. Schließlich könne der Eingriff des Menschen in die Atmosphärer eng mit ökologischen, ökonomischen, sozialen und politischen Risiken verbunden sein, welche durch Mängel an international gültigen Abkommen enormes Konfliktpotenzial hervorrufen können. Technischer Fortschritt sei die Lösung – aber nur in Verbindung mit Forschung.
Teresa Tausch sieht Geo-Engineering eher als Strategie von Politiker:innen für die eigene Machtpositionierung und setzt auf die Nutzung von vorhandenen Technologien und erneuerbaren Energien zur aktiven Unterbindung von Emissionen statt CO2-Abduktion aus der Erde. Der Hebel liege hier zwar eindeutig bei der Politik, aber auch die Zivilbevölkerung von sowohl Industrie-Staaten als auch Schwellenländern könne gemeinsam genügend Druck ausüben, um politische Veränderungen anzukurbeln.
„Das Klima hat keine Krise, sondern unser Wohlstand”
Laut Stephan Sharma würden 5 % der globalen Sonneneinstrahlung reichen, um den globalen Energiebedarf abzudecken. Dafür müsste nur 1 % der weltweiten Landfläche mit Photovoltaikanlagen versehen werden. Als Bundesland mit den meisten Sonnenstunden geht Burgenland hier mit gutem Beispiel voran und sorgt mit Energie Burgenland für die landesweite Platzierung von 100 PV-Anlagen pro Woche. Die Technologie- und Speichersysteme seien jedoch noch zu 80 % von China abhängig, weshalb es ein akutes Umdenken sowie erhöhte Investitionen in das europäische Energiesystem brauche.
Im Podium ist man sich einig – ein Reframing der Message ist gefragt: Wenn schon nicht zugunsten der Umwelt, müssen Politik und Wirtschaft zumindest aus purem Eigeninteresse auf die Entwicklung klimafreundlicher Technologien setzen. Denn nur wer im Spiel der erneuerbaren Energien mitmischt, würde in Zukunft in den Genuss der Wohlstandsexplosion kommen. Jetzt liegt es nur noch an unserer Politik, dem alten ideologischen Sprichwort „never waste a good crisis” zu folgen und diese Chance zu ergreifen.
#PeaceTech – ein neuer Terminus breitet seine Flügel aus
Den krönenden Abschluss des Austrian Forum for Peace 2023 bildete ein innovativer PeaceTech-Marktplatz, wo Gründer:innen aus aller Welt die eigenen Technologien zur Beendigung von Konflikten und zur Friedensbildung ausstellen konnten.
Organisiert wurde der Marketplace von Peace-Tech-Lead und TEDx-Speaker Nathan Coyle, welcher sich zum Ziel gesetzt hat, den Begriff über Community-Building aus dem akademischen Feld zu den Menschen zu tragen. Auch Kambis Kohansal-Vajargah (Head of Startup Services WKO) war vor Ort und hat sich dieser Mission verschrieben, indem er Peace-Tech immer mehr in Österreichs Wirtschaft und Startup-Ökosystem verankern möchte.
Diese Startups und Initiativen haben im Rahmen des Peace-Tech-Marketplaces 2023 ihre Ideen präsentiert 💡:
- Diplomacy (Serbien)
- Data 4 Change (England)
- University of Edinburgh (Schottland)
- DIALECTIQ (England)
- Global Peace Tech Hub (Italien, Schweiz)
- PAX for Peace (Niederlande)
- PeaceEye (England)
- Austrian Institute of Technology (Österreich)
- CMI – Martti Ahtisaari Peace Foundation Helsinki (Finnland)
>> Das Austrian Forum for Peace 2024 mit dem Titel “A Climate for Peace” ist wieder von 1. bis 4. Juli 2024 in der Burg Schlaining geplant. Mehr Infos gibt es hier. <<