NGOs: Trend zur Wegwerf-Kleidung auch 2021 weiter ungebrochen
Geht es um Umwelt und Nachhaltigkeit, ist die Modebranche gewiss kein Musterschüler. Laut einer Studie aus 2020 in der Zeitschrift Nature gehört sie nach der Luftfahrt zu den zweitgrößten Umweltverschmutzern. Und auch wenn es um Kreislaufwirtschaft und Recycling geht, schneidet die Branche meist schlecht ab: Viel zu viel neue Kleidung wird hergestellt, viel zu viel davon endet im Abfall. Auch in Österreich hält der Trend zu Wegwerfmode bei den Textilriesen weiter an, wie ein aktueller Bericht der Umweltorganisation Greenpeace in Österreich aufzeigt.
Breddy’s: Ein Wiener Startup hat eine nachhaltige Alternative zur Jeans gefunden
200 Milliarden Kleidungsstücke hergestellt
Von den 29 Konzernen, die für den Bericht untersucht wurden, würden demnach rund zwei Drittel weiterhin auf Wegwerfmode setzen. Zu den Konzernen zählen etwa Primark, Mango und C&A. Lediglich die Marken Benetton und Esprit setzen laut Greenpeace erste Schritte und produzieren bewusst weniger Kollektionen, dafür in höherer Qualität.
Auf Seiten der Konsument:innen steigt indes die Nachfrage nach Kleidung an. Durchschnittlich würden Konsument:innen heute um 60 Prozent mehr Kleidung kaufen als vor 15 Jahren. Getragen wird die Kleidung jedoch nur halb so lang, wie es noch vor 15 Jahren der Fall war. Auch die Herstellung von Kleidung hat in den vergangenen Jahren zugenommen. So wurden im Jahr 2020 laut Bericht rund 200 Milliarden Stück Kleidung hergestellt. Das sei doppelt so viel wie noch sechs Jahre zuvor. Durch die Covid-Pandemie blieb der Handel jedoch auf einer großen Menge der Billigkleidung sitzen, verkauft wurden laut Bericht 160 Milliarden Kleidungsstücke.
Das was übrig bleibt, endet oft als Abfall. „Jede Sekunde wird eine ganze Lkw-Ladung Kleidung verbrannt oder auf die Deponie geworfen, um Platz für neue Ware zu schaffen. Trotzdem setzen die Konzerne weiter auf Wegwerfmode. Angebote zum Reparieren, Upcyceln oder Weiterverkaufen muss man bei den untersuchten Unternehmen mit der Lupe suchen“, so Lisa Panhuber, Konsumexpertin bei Greenpeace in Österreich, in einer Aussendung zu den Ergebnissen. „Die Fast-Fashion-Industrie produziert Mode für den Müll. Besonders kurz vor dem Black Friday locken die Konzerne mit absurden Rabatten und massiven Werbekampagnen zu Impulskäufen. Getragen wird die Kleidung danach oft nur selten oder sogar gar nicht“, so Panhuber weiter.
Kolumne: Greenwashing – wo kommt der Begriff eigentlich her?
Vernichtungsverbot gefordert
Eine Abkehr von diesem Trend ist laut der NGO derzeit nicht absehbar. Das würde ein Blick auf die Zahlen zeigen. Wurde noch im Jahr 2015 Kleidung mit einem insgesamten Warenwert von 1.800 Milliarden US-Dollar verkauft, so gehe man davon aus, dass die Summe 2025 bereits bei 2.100 Milliarden US-Dollar liegen wird.
In der EU ist der Konsum von Kleidung und Schuhen laut Greenpeace jener Bereich, der die vierthöchste Umweltbelastung verursacht – gleich nach Nahrungsmitteln, Wohnen (inkl. Wärme und Strom) und Transport. Da die untersuchten Konzerne das umweltschädliche Geschäftsmodell ungebremst fortsetzen würden, fordert Greenpeace von der österreichischen Bundesregierung ein Vernichtungsverbot für unverkaufte, neuwertige Waren.
Laut dem Europäischen Parlament kaufen Europäer:innen jedes Jahr im Schnitt fast 26 Kilogramm an Textilien, gleichzeitig entsorgen sie elf Kilogramm jährlich. Zwar könne gebrauchte Kleidung aus der EU ausgeführt werden, der Großteil (rund 87 Prozent) werde jedoch verbrannt oder lande auf Deponien.Weltweit wird weniger als ein Prozent der Kleidung recycelt und zur Herstellung neuer Kleidungsstücke verwendet, so die Angaben des Parlaments.
Klimakrisen-Kolumne: Die vielen Probleme mit dem Shopping-Kick
Recherche zu Modekonzern Zara veröffentlicht
Greenpeace veröffentlicht seinen Bericht kurz vor dem Black Friday am kommenden Freitag, an dem der Handel Konsument:innen für gewöhnlich mit Rabatten zur Kasse lockt. Gerade dadurch erreicht der Wegwerf-Trend jedes Jahr einen Höhepunkt. NGOs legen daher in diesem Zeitraum verstärkt die Auswirkungen der Modeindustrie offen. So veröffentlichte etwa auch die Bürgerinitiative zum Lieferkettengesetz am Dienstag eine Recherche zum spanischen Modekonzern Zara und zeigt darin Missstände in der Branche auf. In der Recherche wird etwa über Zwangsarbeit und Arbeitsausbeutung von Minderjährigen bei Zuliefer-Betrieben, über Umweltzerstörung und Steuerflucht berichtet. Die Bürgerinitiative setzt ich für ein nationales Lieferkettengesetz ein, mit dem Konzerne aufgrund von sozialen und ökologischen Missständen zur Haftung gezwungen werden können.