Niederösterreich vereinfacht den Bau großer Photovoltaik-Anlagen
Derzeit gibt es in Niederösterreich 58.092 Photovoltaik-Anlagen, die gemeinsam Strom für fast 190.000 Haushalte produzieren. Das Potenzial der Technologie ist laut LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf (SPÖ) aber noch viel größer. Bis zum Jahr 2030 sollen laut den NÖ Klimazielen mehr als 570.000 Haushalt rechnerisch vollständig mit Strom aus Photovoltaik versorgt werden können. Dafür soll nun eine kleine, aber gewichtige Gesetzesänderung sorgen.
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Gesetzesnovelle nur für große Dachflächen interessant
Bisher brauchte man in Niederösterreich für PV-Anlagen ab 200 kWp nämlich eine Genehmigung, was mit Bürokratie verbunden war. Die Novelle des NÖ Elektrizitätswesengesetzes erhöht die Grenze auf 1.000 kWp, also einer Höchstleistung von 1 Megawatt. „Der Beschluss ist ein wichtiger Schritt in Richtung Deregulierung und Beschleunigung der Verfahren“, so der zuständige LH-Stellvertreter in einer Aussendung. Bereits im Juni 2022 soll die Novelle in Kraft treten.
Auf die normalen Häuslebauer und Häuslebauerinnen dürfte die Novelle aber kaum Auswirkungen haben. Denn in der Theorie kann bereits eine Anlage mit 4.500 kWh – oder rund 5 kWp – den Stromverbrauch eines Vier-Personen-Haushalts abdecken. Wie der österreichische Energieanbieter Kelag 2020 berechnete, benötigt man dafür eine rund 24 Quadratmeter große Anlage.
Kann das Windrad im Garten die Photovoltaik-Anlage am Dach ersetzen?
Das Potential großer Dächer – etwa von Hallen der Industrie oder Landwirtschaft – kann mit der Novelle allerdings besser ausgeschöpft werden. Für Herbert Paierl, Vorstandsvorsitzender von Photovoltaic Austria (PV Austria), ist das ein erster Schritt. „Endlich reagiert ein Bundesland auf den Ernst der Lage, um der Energieabhängigkeit zu entfliehen und setzt einen spürbaren Schritt in Richtung Entbürokratisierung der Energiewende. Niederösterreich legt damit das geforderte Tempo im PV-Ausbau vor, dem die anderen acht Bundesländer umgehend folgen müssen – zumal es keinen Grund für dieses Alleinstellungsmerkmal gibt“, gibt Paierl in einer Aussendung bekannt.
Photovoltaik boomt
Zwei Hürden gibt es allerdings noch, bevor man in Niederösterreich von einem wirklichen Photovoltaik-Turbo sprechen kann. Erstens fehlt es an der Auswahl der Freiflächen, auch Zonierung genannt, welche sich für das Errichten von Photovoltaik-Anlagen eigenen. Diese steht bisher noch aus. Paierl fordert diesbezüglich, dass das nun gestartete Tempo mit der angekündigten Novelle auch beibehalten werde.
Zweitens sind Photovoltaik-Anlagen im Moment stark nachgefragt: Die Auftragsbücher der Firmen sind voll und über mehrere Monate hinweg ausgebucht, Fachkräfte fehlen (Tech & Nature berichtete).
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Die Energie- und Umweltagentur des Landes NÖ (eNu) hat aber auch Angebote für jene, die keine eigene PV-Anlage umsetzen können oder möchten. Allein im Jahr 2021 hat die eNu, gemeinsam mit 22 Gemeinden, 86 Sonnenstrom-Anlagen über Bürgerbeteiligung finanziert. „Wir haben so viele Anfragen wie noch nie. Das ist gut, denn jede zusätzliche Anlage macht uns unabhängiger und ist ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz“, sagt eNu-Geschäftsführer Herbert Greisberger dazu.
Noch einen Schritt weiter gehen Erneuerbare Energiegemeinschaften. Die ersten Erneuerbaren Energiegemeinschaften sind auch schon in Betrieb, viele weitere derzeit in konkreter Planung. Im flächenmäßig größten Bundesland geht es also voran mit der Photovoltaik – der Platz dafür wäre vorhanden.