Nordsee wird zum riesigen Endlager für Europas CO2
CO2 aus der Luft mit riesigen Maschinen, die an Gebläse erinnern, filtern – das kennt man ja bereits. Aber wohin dann mit dem Treibhausgas, das neben Methan Hauptgrund für die Erderwärmung und die Klimakatastrophe ist? Am besten wieder dorthin pumpen, wo es herkommt. Das ist zumindest der Ansatz von Ländern und Unternehmen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten auf die Förderung von Erdgas und Erdöl spezialisierten. Nach Norwegen (Projekt „Northern Lights“ von Equinor), Großbritannien und den Niederlanden („Aramis“) betritt jetzt Dänemark den Plan und will ebenfalls Millionen von Tonnen CO2 unter der Nordsee „endlagern“.
Dazu hat das Dänemark nun erstmals Lizenzen an Unternehmen vergeben, damit diese Kohlendioxid tief unter dem Meeresgrund speichern dürfen. Das Projekt hört auf den Namen „Greensand“ und erlaubt es zwei Projekten, Millionen TOnnen an verflüssigtem CO2 in den Meeresgrund zu pumpen. Lizenzen gibt es für zwei Projekte: Eine für den britischen Chemiekonzern Ineos und das deutsche Gasunternehmen Wintershall Dea (Projekt „Greensand“) sowie eine für den staatlichen Energiekonzern Nordsøfonden und den französischen Ölriesen TotalEnergies (Projekt „Bifrost“).
Kritiker:innen befürchten Schäden für Meeresbewohner
Genutzt werden die Gasfelder des Harald-Beckens, in dem TotalEnergies schon lange Gas fördert. Das Gebiet befindet sich rund 250 Kilometer vor der dänischen Westküste, erlaubt ist, die Einlagerung von jährlich bis zu fünf Millionen Tonnen CO2. „Mit dem im Bau befindlichen Projekt Northern Lights in Norwegen und den in der Entwicklung befindlichen Projekten in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich wird der Nordseeraum den größten Beitrag zu unserem Ziel der CO2-Speicherung von 10 Mio. Tonnen pro Jahr bis 2030 und zur Dekarbonisierung der europäischen Wirtschaft leisten“, heißt es in einem Statement seitens Arnaud Le Foll, Senior Vice President New Business – Carbon Neutrality bei TotalEnergies.
Die Nutzung leerer Erdgasfelder in der Nordsee als CO2-Speicher ist ein Konzept, das in den letzten Jahren immer populärer wurde – mittlerweile setzen bis auf Deutschland alle wichtigen Anrainerstaaten der Nordsee darauf. Kritiker:innen befürchten allerdings, dass das eingefangene CO2 wieder entweichen könnte. Dann könnte Probleme bei der so genannten CO2-Verpressung im Meeresboden für Schäden bei Organismen im Meer sorgen. Zumindest haben 2019 Forscher:innen in einem Experiment gezeigt, dass CO2-Leckagen unter Wasser kein Problem wären – also etwa, wenn das Kohlenstoffdioxid wieder durch alte Bohrlöcher entweicht. Die Forschung zeigt, dass CO2-Gasblasen sich innerhalb von zwei Metern über dem Meeresboden im Wasser wieder auflösen. Umweltschützer:innen befürchten aber deswegen, dass dann „Todeszonen“ in den Meeren entstehen.
In Deutschland ist das so genannte CCS-Verfahren (Carbon Capture & Storage) noch umstritten – das Umweltministerium Schleswig-Holstein hat sich bisher dagegen quergelegt. Doch CCS gilt als wichtig, damit Deutschland seine Klimaziele erreichen kann. Auf Bundesebene hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) sich bereits für die Technologie ausgesprochen, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will 2023 ein Gesetz auf den Weg bringen, dass CCS in Deutschland ermöglicht. Er war früher ein Gegner davon.