Northvolt & Climeworks: Europa muss um ClimateTech kämpfen
Der „Inflation Reduction Act“ (IRA) der USA als historisch größtes Klimaschutzpaket mit 370 Milliarden Dollar ist ordentlich eingeschlagen. Und zwar nicht nur in Übersee, sondern auch in Europa. Sah man sich am Alten Kontinent bei der Förderung von ClimateTech und Co. dank Green Deal führend, fürchtet man nun, dass die Amerikaner:innen das große Geschäft machen werden. Kürzlich konterte Brüssel gar mit einem eigenen „Net-Zero Industry Act„, um Unternehmen von der Abwanderung in die USA abzuhalten.
So ist mittlerweile gar von einem drohenden Handelskrieg zwischen den USA und Europa die Rede. Eu-Kommissarin Ursula von der Leyen forderte sogar bereits, dass EU-Unternehmen und in der EU hergestellte Elektrofahrzeuge auch vom „Inflation Reduction Act“ profitieren können. Bisher sieht der IRA vor, dass es Fördergelder nur gibt, wenn Autos in Nordamerika, also den USA, Kanada oder Mexiko, produziert wurden. Aber wie sehen die Effekte von Bidens Klimapaket konkret aus?
Net-Zero Industry Act: EU kontert USA und China bei CleanTech
Hier einige Beispiele:
- Northvolt: Das schwedische Batterie-Unicorn wollte eigentlich eine Akku-Fabrik im deutschen Schleswig-Holstein aufbauen. Nach der Ankündigung des IRA der USA, wo etwa auch die Batterieproduktion massiv vom Staat gefördert wird, schwenkte Northvolt um verlegte sich darauf, die USA zu priorisieren; in Europa wäre es wegen der hohen Energiekosten schwierig geworden. Aktuell kämpft der deutsche Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) persönlich darum, Northvolt vom deutschen Standort zu überzeugen.
- Climeworks: Das Schweizer Carbon-Capture-Unicorn mit seinen CO2-Staubsaugern, das bisher Standorte in der Schweiz sowie in Island betreibt, schaut wegen IRA ebenfalls stark Richtung USA und überlegt, dort eine Fabrik aufzubauen. Via IRA wurde der Preis pro entfernter Tonne CO2 von 50 auf 180 Dollar angehoben, also fast eine Vervierfachung. Außerdem gibt es Fördermittel von 3,5 Milliarden Dollar für den Aufbau von Direct-Air-Capture-Anlagen in den USA – genau das Betätigungsfeld von Climeworks.
- Enphase: Das kalifornische Unternehmen, das sich auf Mikro-Wechselrichter für Solarmodule spezialisiert hat, wird seine Produktion in den USA hochfahren, natürlich angelockt vom IRA. Bisher wurde vor allem in Mexiko, Indien und China produziert
- Panasonic: Der japanische Konzern, einer der wichtigsten Partner von Tesla bei Akkus für E-Autos, will eine neue Fabrik in den USA für Batterien aufbauen und investiert dafür 4 Milliarden Dollar für den Standort in DeSoto, Kansas.
- General Motors: GM investiert 650 Millionen Dollar in die Erschließung der Mine Thacker Pass in Nevada, der größten bekannten Lithium-Quelle in den USA und der drittgrößten der Welt. Lithium ist ein enorm wichtiger Rohstoff für Auto-Akkus
Für Europa, das sich als Kontinent bei Klimaschutz und grünen Technologien immer als Vorreiter gesehen hat, wird der IRA somit zu einer ziemlich großen Herausforderung; das Wort Deindustrialisierung geistert nunmehr nicht mehr nur in Zusammenhang mit Energiekrise, sondern auch mit dem IRA durch die Landschaft.
„Inflation Reduction Act hat die Spielregeln geändert“
EU-Kommissarin von der Leyen weiß um die Stärke der USA, was das ClimateTech-Feld angeht. Deswegen hat sie auch betont, dass man gemeinsam mit den USA „transatlantische Skaleneffekte“ erreichen könne. Kritischer ist sie gegenüber China, da wolle man gegen Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche Subventionen hart vorgehen. Derweil zeigt sich, dass Europa in Sachen Akkus von China unabhängig werden könnte – aber nur, wenn die Hersteller, darunter eben Northvolt, nicht in die USA abwandern.
„Die Unternehmen könnten aber immer noch für Europa geplante Projekte in die USA verlagern, da sie von den Steuervergünstigungen und anderen Subventionen des Inflation Reduction Act für die Lokalisierung von Batterie-Lieferketten in Amerika angelockt werden“, heißt es in einer Studie der europäischen Umweltdachorganisation Transport & Environment (T&E). „Schon heute wird die Hälfte der in der EU verwendeten Lithium-Ionen-Batteriezellen dort hergestellt. Aber der Inflation Reduction Act hat die Spielregeln geändert, und Europa muss mehr Geld auf den Tisch legen oder riskieren, geplante Batteriefabriken und Arbeitsplätze an Amerika zu verlieren.“