Schweden

Northvolt hängt nach 15 Milliarden Euro Finanzierung am seidenen Faden

Deutsche Regierungsspitze mit Nortvolt-Managern. © Northvolt
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Nach dem Flugtaxi-Hersteller Lilium zerlegt es derzeit ein weiteres europäisches (vermutlich ehemaliges) Tech-Unicorn, auf dem ganz große Hoffnungen ruhten: Northvolt, ein Batterie-Hersteller aus Schweden für europäische Autokonzerne, strebt derzeit offenbar wegen massiven Finanzierungsproblemen den Gläubigerschutz nach Chapter 11 an oder zieht sogar den Konkurs in Betracht.

Dabei war Northvolt noch Anfang 2024 eines der führenden ClimateTech-Unternehmen Europas, wenn nicht sogar weltweit. Im Jänner holte sich das Unternehmen des ehemaligen Tesla-Managers Peter Carlsson eine Projektfinanzierung in satter Höhe von 5 Milliarden US-Dollar. 23 Geschäftsbanken, die Europäische Investitionsbank und die Nordische Investitionsbank stellten den Kredit damals bereit, und zwar auf Basis der Refinanzierung eines bisherigen Darlehens in Höhe von 1,6 Milliarden US-Dollar sowie von langfristigen Abnahmeverträge von Kunden wie BMW und Volkswagen.

Northvolt wurde sogar zum Politikum in Deutschland, weil man um die Eröffnung eines Standorts rang. Im März schließlich jubelten Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz, Noch-Vizekanzler Robert Habeck und der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther, darüber, dass Northvolt den Baustart einer Gigafactory in Heide bekannt gab, und drückten PR-tauglich einen Startknopf auf der Baustelle. Gelockt wurde Northvolt mit Subventionen in Höhe von 900 Millionen Euro. Diese Batterie-Fabrik, die 3.000 Arbeitsplätze Norddeutschland schaffen sollte, steht auf der Kippe.

Insgesamt hat Northvolt seit dem Start 2016 mehr als 15 Milliarden Dollar an Finanzierung von Investoren wie Volkswagen, Goldman Sachs, Siemens und JPMorgan sowie Subventionen aus Kanada und Deutschland erhalten. Erklärtes Ziel: die grünste Batterie der Welt, auch mit Hilfe von Recycling, für die E-Mobilitätswende bereit zu stellen.

2024 wird zum Wendejahr

Dann aber dürfte sich das Blatt gewendet haben bzw. intern rumort haben. Jim Hagemann Snabe trat im Juli als Chairman und Mitglied des Board of Directors zurück. Snabe ist ein sehr erfahrener hochrangiger Manager, unter anderem auch bei Deutsche Bank und Siemens im Board. Im selben Monat wurde dann Alexander Hartman, der bisher als CFO für die 15 Milliarden an Finanzierung zuständig war, in die Rolle des Chief Transformation Officer bugsiert und durch Pia Aaltonen-Forsell ersetzt – bereits ein deutlicher Hinweis darauf, dass es in Sachen Finanzierung nicht mehr rund lief.

Im Sommer verdichteten sich dann die Probleme, wie berichtet wurde spätestens im September klar, dass Northvolt frisches Geld braucht. Bald wurden 20 Prozent der Stellen gekürzt, Standorte stillgelegt. Parallel dazu brachen wichtige Partnerschaften und Kunden weg:

  • Northvolt hat Zahlungen am Joint Venture mit Volvo Cars eingestellt – die Northvolt-Anteile an dem gemeinsamen Batterie-Joint-Venture Novo Energy gingen an Volvo
  • Der LKW-Hersteller Scania, Teil der VW-Nutzfahrzeugtochter Traton, sucht alternative Batterielieferanten zu Northvolt
  • BMW hat einen Auftrag für Batteriezellen im Wert von zwei Milliarden Euro bei Northvolt storniert und an Samsung weiter gegeben
  • Der größte Kunde und wichtigste Investor, Volkswagen, steckt derzeit selbst in einer massiven Krise und vor drastischen Sparmaßnahmen (mehr dazu hier).
  • Die VW-Tochter PowerCo errichtet im norddeutschen Salzgitter die erste Gigafabrik des Volkswagen Konzerns. Das Werk sollte ursprünglich zusammen mit Northvolt betrieben werden, davon ist keine Rede mehr
Northvolt-Baustelle in Schweden steht still. © Northvolt
Northvolt-Baustelle in Schweden steht still. © Northvolt

Northvolt kämpfte beim Erreichen des Ziel, die grünste Batterie der Welt herzustellen, gleich mit vier Baustellen: Man musste gleichzeitig neue Anlagen errichten, dafür neue Fachkräfte finden, neue Prozesse einführen und eben ein neues Produkt entwickeln. Letztendlich gab es viele Probleme und sogar Todesfälle:

  • Die Zusammenarbeit mit Wuxi Lead Intelligence, dem weltgrößten Hersteller von Anlagen für die Batterieproduktion aus China, erwies sich als schwierig, nicht zuletzt wegen Sprachproblemen
  • Es gab seit 2021 bis Oktober 2024 47 Arbeitsunfälle mit Chemikalien
  • Bei einer Explosion an einer Produktionslinie kam ein Arbeiter zu Tode
  • 2023 soll es laut FT mindestens drei weitere Todesfälle von Northvolt-Mitarbeitern gegeben haben

Schwedische Regierung will nicht einspringen

Vor etwa einer Woche hat das schwedische Unternehmen dann seine Tochterfirma Northvolt Ett Expansion AB, die Europas erste Gigafactory in Schweden bauen sollte, in den Konkurs geschickt. Veröffentlichte Bilder zeigen, dass die Arbeiten an der Gigafactory „Ett“ im schwedischen Skellefteå gestoppt wurden.

Wie die Financial Times nun am Sonntag berichtet, könnte Northvolt das gleiche Schicksal wie Lilium, der bereits Pleite gegangene Flugtaxi-Hersteller aus Deutschland ergehen. Dieser musste in den Konkurs, weil der deutsche Staat nicht mit einem Kredit einspringen wollte.

Die Mitte-Rechts-Regierung Schwedens hat eine staatliche Rettung des Unternehmens konsequent abgelehnt, während einige der privaten Aktionäre Skepsis geäußert haben, mehr Geld in die defizitäre Gruppe zu investieren, berichtet die Financial Times. Deswegen sei nun der Konkurs eine drohende Möglichkeit.

Northvolt versucht noch die Rettung

Seitens Northvolt heißt es offiziell, weiterhin verschiedene Optionen zu prüfen. Einer der Hauptinvestoren von Northvolt teilte jedoch mit, dass er nächste Woche mit einer Insolvenz rechne und den Wert seiner Investition auf null abgeschrieben habe, berichtet die Financial Times.

Ehemalige und derzeitige Mitarbeiter berichteten der Zeitung von einer Reihe von Problemen bei Northvolt, darunter Misswirtschaft, schlechte Sicherheitsstandards, problematische chinesische Maschinen und der vergebene Versuch, zu viel zu schnell zu erreichen. Eine Entscheidung über die Zukunft des Unternehmens wird in den kommenden Tagen erwartet.

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