Northvolt: Europas größtes Akku-Unicorn hat jetzt ein VW-Problem
15 Milliarden Dollar (ca. 13,4 Mrd. Euro) hat das schwedische Batterie-Unicorn Northvolt seit der Gründung 2016 eingesammelt. Mit dem Ziel, der größte Hersteller grüner Akkus für E-Autos zu werden, gab es Investments bzw. Aufträge von BMW, Fluence, Scania, Volkswagen, Volvo Cars und Polestar – und große Vorhaben, Batteriefabriken auch in Deutschland und den USA zu bauen.
Doch aktuell fragt man sich in Schweden eher, wie die Zukunft von Northvolt aussehen wird. Denn wie diese Woche bekannt gegeben wurde, wird es bald Stellenkürzungen geben. Und: im schwdischen Skellefteå wird der Betrieb der Produktionsanlage für aktives Kathodenmaterial Northvolt Ett Upstream 1 bis auf Weiteres pausiert, ein zweiter Standort in Schweden in Borlänge wird stillgelegt. Im polnischen Gdańsk braucht es für einen Weiterbetrieb offenbar Investoren, und in Kalifornien soll die dortige Tochter Cuberg mehr in Northvolt Labs integriert werden – auch hier will man sich verschlanken.
„Die Kosteneinsparungen, die notwendig sind, damit Northvolt sein Hauptziel erreichen kann, sich auf die Herstellung von Großzellen zu konzentrieren, werden bedauerlicherweise einige schwierige Entscheidungen über die Größe unserer Belegschaft beinhalten, um den Anforderungen einer reduzierten Betriebsgröße gerecht zu werden“, heißt es seitens des Unternehmens. Es seien noch keine endgültigen Entscheidungen über die genaue Anzahl und Art der Stellenkürzungen getroffen, man stehe in Gesprächen mit den Gewerkschaften.
Schwedischen Medienberichten zufolge versucht Northvolt aktuell, frisches Geld aufzunehmen. Das Unternehmen hatte ursprünglich 1,2 Mrd. Dollar im Visier, versucht nun aber laut schwedischen Medienberichten die Hälfte dieses Betrags aufzubringen. Der schwedische Premierminister Ulf Kristersson schloss am Montag eine Rettung des Unternehmens aus. Ohne Zustimmung der EU ist es für die Mitgliedsländer nicht einfach, direkt in Unternehmen zu investieren.
Pläne für neue Batteriefabriken könnten wackeln
„So schwierig dies auch sein wird, die Konzentration auf unser Kerngeschäft ebnet uns den Weg für den Aufbau einer starken langfristigen Wachstumsbasis, die zu den westlichen Ambitionen beiträgt, eine einheimische Batterieindustrie aufzubauen“, so CEO Peter Carlsson abschließend. Man halte an den Plänen fest, die Batteriefabriken „NOVO“ (Schweden), „Northvolt Drei“ (Deutschland) und „Northvolt Six“ (Kanada) aufbauen zu wollen.
Klar: Denn für diese wurden massive öffentliche Förderungen freigegeben. In Deutschland etwa fördern Bund und Land das Batteriewerk mit 700 Mio. Euro, von der EU gibt es weitere 900 Mio. Euro. Insgesamt soll der Standort im Landkreis Dithmarschen in der Region Heide (Schleswig-Holstein) 4,5 Mrd. Euro kosten. Aufgrund der Sparmaßnahmen von Northvolt fragt man sich nun, woher das restliche Geld nebst der Förderungen kommen soll.
Zu den Anteilseignern bei Northvolt gehören Volkswagen, BMW und Goldman Sachs. Vor allem Volkswagen hat bei Northvolt große Bestellungen in Auftrag gegeben, um künftig seine E-Autos mit europäisch gefertigten Batterien ausstatten zu können. Die VW-Aufträge belaufen sich auf 14 Milliarden Dollar, bis 2030 wollte man Northvolt zum Hauptlieferanten für die Premium-Batteriezellen für Volkswagen machen. Insgesamt will Northvolt Auträge im Umfang von 27 Mrd. Dollar erhalten haben.
BMW stornierte Auftrag, Volkswagen steckt in der Krise
Zuletzt aber stornierte BMW einen Auftrag im Rahmen von 2 Milliarden Euro bei Northvolt. Währenddessen sind auch bei VW derzeit massive Stellenkürzungen von 30.000 Mitarbeiter:innen in der Rede, Europas größter Autokonzern hat massive Probleme auch beim Absatz von E-Autos. Das kann sich in weiterer Folge bis zu Northvolt durchwirken. Die VW-Gruppe ist größter Teilhaber des schwedischen Batterie-Unicorns mit mehr als 21 Prozent, und sein größter Auftraggeber.
Bei VW währenddessen ist eine große Krise ausgebrochen. Die Software-Pläne sind nicht aufgegangen, bei E-Autos kann man nicht mit der internationalen Konkurrenz mithalten, und gleichzeitig will man an Verbrennern festhalten, die in Zukunft mit E-Fuels fahren. VW investierte in China in XPeng und den USA in Rivian, um so besser in die E-Mobilität hineinzukommen.
Gleichzeitig ist die Partnerschaft mit Northvolt belastet. Eigentlich wollten die Deutschen und die Schweden gemeinsam in einem Joint Venture eine Batteriezellfertigung mit 16 Gigawattstunden im niedersächsischen Salzgitter aufbauen, der Produktionsstart war für Anfang 2023 angekündigt. Dies wird nun aber von Volkswagen allein vorangetrieben.