Interview

Obscura-CEO: „Corona darf kein Vorwand sein, leichtfertig Leute abzubauen“

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Obscura ist eine Wiener Werbeagentur mit einer eigenen Filmroduktion inhouse, die der Unternehmer Christian Gstöttner 2014 gestartet hat. Neues Büro, viele neue Mitarbeiter noch mehr frische Aufträge – im letzten Jahr lief es richtig gut für das Unternehmen. Doch dann die Schreckensmeldung: Obscura war eine der ganz ersten österreichischen Firmen, die direkt vom Coronavirus getroffen wurde. Während das öffentliche Leben in Österreich noch ganz normal lief, musste Gstöttner die gesamte Firma bereits in Quarantäne schicken – ein Mitarbeiter hatte nach einem Aufenthalt in Mailand den Virus mitgebracht.

Gstöttner und seine Mitarbeiter sitzen also bereits seit mehr als drei Wochen im Home Office und haben so gewissermaßen einen Vorsprung vor anderen Firmen. Im Interview erzählt der Obscura-CEO, wie er mit der schweren Phase umgeht.

Trending Topics: Du und deine Firma, ihr seid bereits seit 3 Wochen in Quarantäne. Was ist da bei euch passiert?

Christian Gstöttner: Eine Mitarbeiterin ist aus Mailand zurück gekommen und hat Symptome gehabt. Sie hat sich testen lassen, und als sie das positive Testergebnis zurück bekommen hat, hieß es dann, alle von einem Moment auf den anderen ins Home Office zu verlegen. Wir wurden dann auch alle getestet, und wir hatten dann insgesamt 5 positive Fälle in der Agentur.

Wie läuft das ab? Kommen da die Behörden und sperren den Laden zu?

Unsere Erfahrung ist, dass das Ganze sehr neu ist, auch für die Behörden, und dass niemand mit der Situation umgehen konnte. Nein, es war überhaupt nicht so. Wir wurden nur telefonisch aufgefordert, dass sich alle ehest möglich in Heimquarantäne begeben. Wir hatten noch Zeit, den Server zu adaptieren und haben innerhalb eines Tages auf Home Office umgestellt.

Ihr seid also seit drei Wochen daheim. Für die meisten Menschen in Österreich ist es die erste oder zweite Woche zu Hause. Könnt ihr weiter arbeiten oder ist man am Ende dann doch gehemmt, trotz aller Digitalisierung?

Wir haben definitiv einen Startvorteil mit Home Office. Die Umstellung auf Home Office kombiniert mit diesem Wahnsinn, der da losging – wir hatten viele Kampagnen zu adaptieren, mussten viele Dinge überdenken -, das war natürlich eine neue Herausforderung. Aber es ist wie immer: Gutes Projekt-Management hilft analog und digital, und schlechtes Projekt-Management bringt dich immer um den Verstand.

Wie ist die Situation für dich als Unternehmer? Die Krise war für dich wahrscheinlich weit entfernt, in China, in Italien, und plötzlich trifft es deine Firma ganz direkt. Wie ist es dir als Chef dabei ergangen?

Zuallererst muss man natürlich sagen: Man hat Verantwortung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das fängt zuallererst bei der Gesundheit an. Wir haben schnell Vorkehrungen getroffen, damit sich niemand zusätzlich ansteckt und alle schnell getestet werden – zumindest die, die Symptome verspüren, anders ist es ja nicht möglich.

Meine Aufgabe ist, das Schiff durch die stürmische See zu lenken und alles zu tun, das unsere kleine Welt um uns nicht zusammenbricht. Bis jetzt gelingt das ganz gut. Bei uns muss man zwischen dem Agenturbereich und dem Produktionsbereich unterscheiden. Der Agenturbereich läuft noch relativ normal. Der Produktionsbereich ist natürlich mau, weil wir einfach nicht drehen dürfen und weil so auch kein Material für die Post-Produktion reinkommt. Da retten wir uns zur Zeit noch mit Animationen und so weiter drüber. Aber klar: Das ist kein Dauerzustand.

Die Regierung hat eine Reihe von Maßnahmen präsentiert, etwa die Corona-Kurzarbeit oder den Härtefall-Fonds. Was hältst du von diesen Maßnahmen? Sind das sinnvolle Maßnahmen, auf die man gerne und schnell zugreift?

Es ist jetzt wichtig, dass nicht die großen Konzerne den größten Teil des Kuchens bekommen, sondern die kleinen Agenturen, Musiker, Künstler, Freelancer, der Laden ums Eck. Dort muss die Hilfe ankommen, die brauchen das zur Zeit am dringendsten, dort ist es zur Zeit existenziell. Ich glaube, dass Konzerne in den letzten Jahren zum Großteil mehr als genug Gewinn gemacht. Die haben ja Rücklagen, vielleicht kann man das jetzt aufbrauchen. Grundsätzlich sind die ersten Maßnahmen aus meiner Sicht nicht negativ.

Ihr habt nun drei Wochen Home Office – welche Tipps kannst du anderen geben?

Wir haben grundsätzlich ein sehr offenes Verhältnis in der Agentur, das gesamte Arbeitsverhältnis ist auf Vertrauen aufgebaut und nicht auf Kontrolle. Jeder hat genug Selbstverantwortung, um die Arbeit, die zu tun ist, zu erledigen. Wir arbeiten mit Asana oder Slack, eh wie viele andere, Calls machen wir über Zoom oder Microsoft Teams.

Das funktioniert alles ganz gut, aber wie schon gesagt: Wenn das Projektmanagement gut ist, dann ist es überall gut, wenn es schlecht ist, dann ist es überall schlecht.

Eine letzte Frage: was gibts du anderen Unternehmern mit auf den Weg durch die nächsten Wochen?

Es ist wichtig, dass man zu seiner Verantwortung steht, die man eingeht, wenn man Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufnimmt. Corona darf kein Vorwand sein, leichtfertig Leute abzubauen. Andererseits darf man nicht in Aktionismus verfallen, keine populistischen Entscheidungen treffen. Man muss gut, rationale überlegen, Ruhe bewahren. Es weiß keiner, wie das Ganze ausgehen wird, wie lange es dauern wird. Deswegen würde ich allen raten, nicht die Nerven zu verlieren. Ich glaube, dass alles gut wird am Ende!

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