öKlo: Wie das Startup aus menschlichen Fäkalien Kompost machen will
„Wir sind kein grüner Hobby-Verein mehr.“ Niko Bogianzidis, Mitgründer und Chef des niederösterreichischen Startups öKlo, ist an diesem Montag vormittag zwar doch einigermaßen nervös, die zitierbaren Sprüche bringt er aber trotzdem über die Lippen. Immerhin geht es ihm und seiner Truppe in Wolkersdorf – dort draußen, wo heute die Windräder in der Sommerhitze stillstehen – beim Pressetermin darum, zu zeigen, was die nachhaltigen, mobilen Komposttoiletten der Firma können und wo ihre Zukunft liegt.
Mit dabei ist auch Baulöwe und Investor Hans Peter Haselsteiner, der Anfang des Jahres mehr als eine halbe Million Euro in die 2017 gegründete Firma steckte und nun etwa 35 Prozent an öKlo hält. Ist öKlo bisher vor allem auf Events mit seinen Öko-Häusln aufgefallen, erweisen sich im Event-armen Corona-Jahr 2020 Gemeinden als wichtige Kunden.
„Unser Ziel ist es, Stoffkreisläufe zu schließen und unnötige Umweltbelastungen zu vermeiden, wie sie z.B. bei chemischen Toiletten unumgänglich sind“, sagt Bogianzidis. Statt giftigem Klärschlamm würde in den Toiletten wertvoller Kompost ohne Chemieeinsatz entstehen, und man sei zuversichtlich, dass nach der Heimatgemeinde Wolkersdorf noch viele weitere Gemeinden auf das nachhaltige Abfallsystem setzen werden.
„Es wird ein Geschäft werden“
Die Aufstell-Toiletten können derzeit gemietet (ca. 220 Euro pro Monat) oder gekauft werden (je Toilette etwa 4.500 Euro). Das ist aber eigentlich gar nicht das Geschäftsmodell, auf das öKlo mit Investor Haselsteiner hinarbeiten. Hauptprodukt der Firma soll einmal Kompost sein, der aus menschlichen Fäkalien entsteht.
„Es wird vielleicht kein Riesengeschäft, aber es wird ein Geschäft werden“, sagt Haselsteiner zu Trending Topics. „Es ist nicht oder nur in geringem Umfang schützbar oder patentierbar, daher wird es sofort Nachahmer finden. Aber es ist ein Produkt und Verfahren, das vieles verbessern kann. Trockentoiletten haben eine breite Einsetzbarkeit und werden noch viel akzeptierter werden.“ Nicht nur auf Baustellen oder in Gemeinden, auch im eigenen Garten sei der Einsatz denkbar.
Je mehr öKlos in der Gegend stehen, umso mehr werden sie genutzt und sammeln die Fäkalien. Für diese hat das niederösterreichische Startup ein Verfahren, das die den mit Sägespänen vermengten Kot innerhalb von zwei Wochen zu Kompost verarbeitet werden kann. Doch eine, vielleicht zwei große Hürde(n) gibt es noch für öKlo. Denn nach Kompostverordnung aus dem Jahr 2002 dürfen Fäkalien wegen damals ungeklärter Hygienefragen nicht kompostiert werden – und ergo etwa nicht als Blumendünger verkauft werden.
Eine Verordnung steht im Weg
Das könnte sich aber ändern. Denn derzeit ist eine Novellierung dieser Verordnung in Arbeit, und öKlo will Fäkalien als Wertstoff in diese Verordnung bringen. Schützenhilfe bekommt die Firma dabei von der BOKU Wien. Die hat in einem Test den mit menschlichen Fäkalien hergestellten öKlo-Kompost mit herkömmlichen Kompost verglichen und konnte keine Unterschiede feststellen.
„Durch umfassende Laborversuche, in denen am ABF-BOKU die technische Kompostierung simuliert wird, wurde die seuchenhygienische Unbedenklichkeit des unter Zumischung von Fäkalien der öKlo GmbH hergestellten Kompostes nachgewiesen“, sagt Erwin Binner vom Institut für Abfallwirtschaft der BOKU Wien. Endokrine Substanzen – also Medikamentenreste, Hormone und ähnliches – seien während des Rotteprozesses weitgehend abgebaut worden. „Bis zu einem maximalen Anteil von ca. 36 Prozent FM-Fäkalien am Rotteausgangssubstrat traten keine maßgeblichen Vor- oder Nachteile bei der Kompostierung oder in der Kompostqualität auf.“
Das Hauptziel im Hintergrund
Diese Laborergebnisse, gepaart mit einer neue TÜV-Zertifizierung für den Umgang mit menschlichen Fäkalienabfällen und deren Rückführung in den Naturkreislauf, sollen dem Gesetzgeber viele gute Gründe geben, dass öKlo einmal auch Kompost produzieren und verkaufen kann. Denn am Ende ist es nicht die Vermietung der Bio-Häusln, mit denen Bogianzidis‘ Team und Investor Hastelsteiner Geld verdienen wollen, sondern eben durch die nachhaltige Wiederverwertung von menschlichen Fäkalien im Sinne der Kreislaufwirtschaft, die im Zuge der Klimakrise ein wichtiges politisches Ziel geworden ist. Haselsteiner: „Das ist das, was im Hintergrund immer das Hauptziel war.“
Neben der Novellierung der Kompostverordnung ist für öKlo damit noch eine zweite Sache entscheidend. die Akzeptanz am Markt. Denn letztlich muss auch der Konsument davon überzeugt werden, ob er in seine Blumentöpfe Kompost aus menschlichen Fäkalien füllt, anstatt anderen Dünger zu verwenden.