Ölriese Shell scheffelt während Ukrainekrieg eine Milliarde Dollar zusätzlichen Gewinn
Dass die steigenden Spritpreise sehr viel zusätzliches Geld in die Kassen der Ölriesen spülen, ist kein Geheimnis. Wie stark die Gewinnzuwächse sind, verblüfft dann aber doch. So kann man in den Finanzzahlen des Ölriesen Shell nachlesen, wie stark die Sprünge nach oben sind. Der britische Konzern ist nach Saudi Aramco und den beiden US-Riesen Exxon und Chevron der viertgrößte Ölkonzern der Welt und seit Jahrzehnten immer wieder im Visier der Umweltschützer:innen
Im zweiten Quartal 2022 ist die Marge von Shell bei Raffinerieprodukten jedenfalls auf 28,04 Dollar pro Barrel gestiegen, verglichen mit 10,23 Dollar/Barrel im ersten Quartal 2022. Das ist ein satter Zuwachs um 174 Prozent. Für Shell bedeutet das, dass der zusätzliche Gewinn im zweiten Quartal zwischen 800 Millionen und 1,2 Milliarden Dollar liegen wird.
Der entscheidende Satz im Quartalsbericht:
„The indicative refining margin is $28.04/bbl, compared to $10.23/bbl in the first quarter 2022; the increased margin is expected to have a positive impact of between $800 and $1,200 million on the second quarter results of Products compared to the first quarter 2022.“
Das bedeutet auch, dass die Verluste von Shell durch den Ausstieg aus dem Russlandgeschäft relativ schnell kompensiert werden können. Das Unternehmen hatte Assets im Wert von etwa drei Milliarden Dollar in Russland. Der Ölriese hat 27,5 Prozent am Öl- und Gas/LNG-Projekt Sakhalin-2, ein Joint Venture mit Russlands Gazprom. „Die Ausbuchung der Sachalin-Ergebnisse wird sich voraussichtlich mit 300 bis 350 Mio. USD negativ auswirken“, heißt es seitens Shell über das zweite Quartal.
Ölriesen Shell, ExxonMobil und ENI stoppen ihr Russland-Geschäft
„Verdreifachung der Brutto-Raffinierungsmargen“
Dass die Preise für Öl nicht nur an den Rohstoffmärkten stark stiegen, sondern es auch überdurchschnittlich hohe Preise an den Tankstellen gibt, hat auch die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde auf den Plan gerufen. Sie hat die Preisdaten von OMV AG, ENI Austria, Shell Austria, BP Europa und JET Tankstellen Austria dahingehend analysiert, ob die Preisanstiege an den Tankstellen aus der Entwicklung der Rohölpreise heraus erklärbar sind, oder ob es noch andere Gründe dafür gibt. Die Behörde kommt aktuell zu folgendem Ergebnis:
„Aus der Untersuchung ergeben sich derzeit keine unmittelbaren Hinweise auf Kartellierung oder Marktmachtmissbrauch. Es wurden aber konkrete Anhaltspunkte für stark gestiegene Bruttomargen bei den Raffinerien festgestellt“, heißt es. „Der aus dem Anstieg der Rohölpreise nicht erklärbare stärkere Anstieg der Preise (Entkoppelung) an den Tankstellen von Diesel und Benzin führte über diesen Zeitraum zu einer Verdreifachung der Bruttoraffinierungsmargen. Die Bruttoraffinierungsmargen stiegen bei Diesel um rund 14 Cent pro Liter und bei Benzin um rund 20 Cent pro Liter.“ Unterm Strich meint die BWB, dass nicht der fehlende Wettbewerb zwischen Tankstellen Ursache für die gestiegenen Tankstellenpreise ist, sondern die Ursache insbesondere die gestiegenen internationalen Preisnotierungen sind.
Für den Einzelnen bedeutet das Tanken folgendes, rechnet die BWB vor:
„Umgerechnet auf eine 50 Liter Tankfüllung zahlen die Konsumenten durchschnittlich in der ersten Juni Hälfte gegenüber der Zeit vor Beginn des Krieges alleine aufgrund des Anstiegs der Rohölpreise um 11 Euro netto mehr, sowohl bei Diesel als auch bei Benzin. Zusätzlich zahlen die Konsumenten aufgrund der Steigerung der Bruttomargen 9,5 Euro bei einer Tankfüllung Diesel und 10,5 Euro bei einer Tankfüllung Benzin netto mehr. Die Mehrwertsteuer kommt jeweils noch hinzu.“
Die Wettbewerbsbehörde kann nun zwar keine wettbewerbsfördernde Auflagen anordnen oder beim Kartellgericht beantragen, aber immerhin die Daten aus der Analyse der Regierung und Öffentlichkeit vorlegen. Denn die Diskussion rund um Übergewinnsteuern für Unternehmen, die stark von den Kriegsfolgen profitieren, ist nicht vom Tisch, im Gegenteil greift sie in Europa immer mehr um sich.
Kriegsgewinner zur Kasse! Idee der Übergewinnsteuer greift um sich