Österreich versenkt pro Jahr mehr als eine Milliarde Euro im Glücksspiel. Warum nicht in Startups?
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Es gibt immer wieder diese Zahl der 200 Milliarden Euro, die auf den Sparbüchern der Österreicher:innen liegen. Würde nur ein Prozent davon in Startups investiert werden, dann würden sich die Investitionen in hoffnungsreiche heimische Jungfirmen mit Wachstumspotenzial vervielfachen. In den letzten Jahren hat man gesehen, dass pro Jahr etwa 600 bis 700 Mio. Euro (v.a. aus dem Ausland) in Startups und Scale-ups investiert wurden. 2 Milliarden Euro sind da ordentlich viel.
Nun kann man natürlich sagen: Die Spareinlagen der Österreicher:innen sind für etwas anderes da als um sie in risikoreiche Unternehmen zu stecken. Also nehmen wir eine andere Zahl her. Nämlich die, die die Österreichicher:innen jährlich für Lotto, Spielautomaten und Co ausgeben. Mehr als eine Milliarde Euro werden pro Jahr verzockt.
1,25 Mrd. Euro Bruttospielerertrag
Der Bruttospielerertrag der Lotterien und Casinos betrug im Jahr 2023 in Österreich insgesamt 1.251,32 Mio. Euro (Lotterien: 946,81 Mio. Euro, Casinos: 304,51 Mio. Euro). Der Bruttospielertrag ist die Differenz zwischen Einnahmen und Auszahlung der Gewinne und eine in der Glücksspiel-Branche verbreitete Kennzahl. Sie zeigt also, wie viel Geld die Österreicher:innen pro Jahr für Glücksspiel ausgeben, das sie nicht wieder zurück gewinnen.
Der Großteil des Bruttospielertrages fließt als spielabhängige Abgaben bzw. sonstige Abgaben und SV-Beiträge in den Staatshaushalt. 2023 waren dies insgesamt 724,05 Mio. Euro: 612,04 Mio. Euro als spielabhängige Abgaben, sowie 112,01 Mio. Euro als Steuern, Abgaben und SV-Beiträge. Der Rest des Geldes, also etwa 500 Mio. Euro, wird für den Betrieb der Casinos etc. ausgegeben.
Hier die Gewinnwahrscheinlichkeiten und Ausschüttungsquoten unterschiedlicher Lotteriespiele in Österreich:
- Lotto
- 1 : 8.145.060 (6 Richtige + Zusatzzahl)
- 1 : 1.357.510,0 (5 Richtige + Zusatzzahl)
- 1 : 35.723,9 (5 Richtige)
- 1 : 14.289,6 (4 Richtige + Zusatzzahl)
- 1 : 772,4 (4 Richtige)
- EuroMillionen
- 1 : 139.838.160 (5 Richtige + 2 richtige Sterne)
- 1 : 6.991.908 (5 Richtige + 1 richtiger Stern)
- 1 : 3.107.514,7 (5 Richtige)
- 1 : 621.502,9 (4 Richtige + 2 richtige Sterne)
- 1 : 31.075,1 (4 Richtige + 1 richtiger Stern)
- Toto
- 1 : 1.594.323 (13er)
- 1 : 61.320 (12er)
- 1 : 5.110 (11er)
- 1 : 697 (10er)
- Joker
- 1 : 1.000.000,00 (27% der Gewinnsumme)
- 1 : 111.111,11 (10.000 Euro Gewinn)
- 1 : 11.111,11 (1.000 Euro Gewinn)
- Rubbellos
- 1 : 980.000 (20.000 Euro Gewinn)
- 1 : 392.000 (1.000 Euro Gewinn)
- 1 : 3.920 (100 Euro Gewinn)
- Brieflos
- 1 : 3.500.000 (100.000 Euro Gewinn)
- 1 : 1.400.000 (10.000 Euro Gewinn)
- 1 : 140.000 (1.000 Euro Gewinn)
Nun die ganz große Frage: Was wäre, wenn die Österreicher:innen diese 1,3 Milliarden Euro nicht ins Glücksspiel stecken würden, sondern in Startups? Schlagartig würde sich die jährliche Summe, mit der heimische Jungfirmen finanziert werden, verdreifachen, von 600 bis 700 Mio. Euro in Richtung zwei Milliarden.
Die „Gewinnwahrscheinlichkeit“ bei Startups? Klar gehen viele Startups pleite oder nicht durch die Decke. Grob kann man sagen, dass 90 bis 95 Prozent der Gründer:innen das große Ziel, die Investments zu vervielfachen oder gar Unicorn-Status oder IPO zu erreichen, nicht erreichen. Die Wahrscheinlichkeit, dass aus einem Startup wirklich etwas Großes wird, liegt also etwa bei 1:100.
Startup-Investieren muss so einfach werden wie ein Rubbellos kaufen
1:100 ist aber eine viel viel bessere Gewinnwahrscheinlichkeit als bei allen Glücksspielen, für die die Österreicher:innen jedes Jahr fast 1,3 Milliarden Euro ausgeben. Nun kann man argumentieren: Die Lotterien sind eine Stütze Österreichs, weil sie ja etwa 725 Mio. Euro an Steuern, Abgaben und SV-Beiträgen bezahlen.
Stimmt, aber das wäre bei Startups auch so. 80 bis 90 Prozent der Ausgaben von jungen Tech-Firmen fließen in Arbeitsplätze, also zu vorwiegend österreichischen Steuerzahler:innen, dem Finanzamt und der Sozialversicherung (der österreichische Startup-Sektor umfasst aktuell rund 30.000 Beschäftigte). Und: Wenn Startups den Exit machen, und Shareholder Geld daran verdienen, dann müssen sie Kapitalertragssteuer zahlen. Wieder freut sich das Finanzamt.
Warum also geben die Österreicher:innen immer noch so viel mehr Geld fürs Glücksspiel aus als für Startups? Erstens: Weil sie nicht davon wissen. Zweitens: Weil es nicht einfach ist, in Startups zu investieren. Wäre es so einfach, wie sich eine Apple-Aktie oder ein Rubbellos kaufen zu können, dann könnte sich das sehr schnell ändern.